Social Media aus Überzeugung
Mülheimerin positioniert sich als "Doc Caro" im Internet
Als "Doc Caro" ist die als Oberärztin in Essen tätige Mülheimerin Dr. Carola Holzner mittlerweile auf allen sozialen Kanälen aktiv und regelmäßiger Gast im Fernsehen. Ihre Postings entstehen aus Überzeugung.
Wir erreichen Carola Holzner in ihrem Urlaub. Sie verbringt ihn in Mülheim. Aus Überzeugung. „Denn Corona hat keine Sommerpause“, betont die leitende Oberärztin des Universitätsklinikums Essen. Ihre Meinung zu medizinischen wie politischen Themen verbreitet die Mülheimerin mittlerweile über verschiedene Social-Media-Kanäle. Dort ist sie „Doc Caro“.
Dabei hatte die 38-Jährige bis vor einem Jahr mit den verschiedenen sozialen Netzwerken gar nicht viel am Hut. „Ich hatte nur ein privates Facebook-Konto, bei Instagram, Twitter oder Youtube war ich gar nicht“, erzählt sie. Doch nach diversen Dokumentationen und Medienbeiträgen gab es immer mehr Hinweise von verschiedenen Seiten. „Mach‘ doch mal ..“
Zuspruch vom ärztlichen Direktor
Auch der ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Essen ist aktiv in den sozialen Netzwerken und hat sie ermutigt. Die Mülheimerin war am Anfang noch skeptisch. Wurde ihr allererster Instagram-Post im Oktober nur etwas mehr als 400-mal „geliket“, bewegen sich die Zahlen mittlerweile im fünfstelligen Bereich. „Trotzdem kenne ich bis heute nicht alle Funktionen und bekomme immer noch Tipps“, so „Doc Caro“.
Spätestens mit einer Gesangseinlage über Notfallsanitär ging das Profil der Mülheimerin „viral“, wie man heute so schön sagt. Das Versprechen ihres ärztlichen Direktors aus dem vergangenen Jahr ist mittlerweile mehr als erfüllt. Mit dem aktuellen Post erreichte die leitende Oberärztin drei Millionen Menschen.
"Es kommt situativ aus dem Herzen"
„Ich mache das nicht, um Follower zu generieren“, betont Carola Holzner. Auch gebe es keinen Post-Plan, um die besten Uhrzeiten zu erwischen. „Gezwungener Content ist nicht mein Ding, das kommt bei mir situativ aus dem Herzen“, sagt sie.
Ihr Hauptanliegen ist es, den Menschen den Bereich Medizin näher zu bringen und ihnen das heutige Arztbild zu erklären. Die Generation Halbgott in weiß sei schließlich vorbei. „Jetzt sind wir in der Generation Mutter von zwei Kindern, tätowiert und unter 40. Da können sich viele mit identifizieren“, hat Holzner festgestellt.
Vom Applaus bleibt am Ende wenig übrig
Oft lässt die Ärztin ihre Follower an Situationen in der Notaufnahme oder im Rettungsdienst teilhaben. „Aber es gibt auch politische Themen, die mich interessieren“, betont Holzner. Davon gab es in der Corona-Krise einige.
„Mich nervt es total, dass erst geklatscht und das Wort systemrelevant erfunden wird und was bleibt, ist gar nichts“, ärgert sich die Mülheimerin. Die Pflegekräfte in Krankenhäusern, die Mitarbeiter in den Arztpraxen, der Rettungsdienst, die Feuerwehr, die Polizei und ganz viele mehr würden beim angekündigten Corona-Bonus vergessen. Auch die Ärzte.
Wunsch: Mehr Wertschätzung auch ohne Akutsituation
„Dabei sind Ärzte immer nah an den Menschen, haben damit auch ein hohes Infektionsrisiko und sind mindestens genauso wichtig wie alle anderen“, weiß Holzner aus Erfahrung. „Viele Kollegen haben sich freiwillig gemeldet, als es um die Versorgung infektiöser Patienten ging“. Sämtlichen Gesundheitsberufen dürfe nicht nur in einer Akutsituation wie der jetzigen Wertschätzung entgegengebracht werden, sondern dauerhaft.
Dafür wünscht sich die gebürtige Mülheimerin die ein oder andere wichtige Veränderung im System: Mehr Personal, weniger Überstunden. „Man darf es nicht nach Wirtschaftlichkeit ausrichten, sondern nach Menschlichkeit und Sozialgedanken.“
"Es waren immer interessante Gespräche"
Durch ihre Social-Media-Aktivitäten saß Carola Holzner mittlerweile in etlichen TV-Sendungen. Marcus Lanz, Stern TV, Lokalzeit.„Es waren immer interessante Gespräche“, betont die 38-Jährige – ob mit dem Blogger Sascha Lobo oder dem Virologen Alexander Kekulé, mit dem sie nicht immer einer Meinung war. Hans Sigl, der Bergdoktor, sei mittlerweile zu einem gutem Bekannten geworden. „Ich wünsche mir, mal einen Politiker zu treffen, der auch mal was ausrichten kann“, sagt Holzner.
Steigende Follower- und Klickzahlen bedeuten aber auch steigende Verantwortung. „Das unterschätzt man gerne“, sagt die Mülheimerin. „Das Internet ist gut, um gute Nachrichten zu vervielfältigen, aber es können auch Falschinformationen schnell verbreitet werden“, weiß sie.
Schmunzeln muss sie bis heute, wenn der ein oder andere sie als „Influencerin“ bezeichnet. „Ich mache das aus Überzeugung aber nicht hauptberuflich. Ich bin immer noch Ärztin“, betont Holzner.
Ursprünglicher Traum: Flying Doctor in Australien
Sie habe den Anspruch, die Social-Media-Aktivitäten in ihren Alltag zu integrieren. „Es lässt sich nach wie vor vereinbaren, wenn nicht dauernd die Presse vor der Tür steht“, sagt sie lachend.Die Kollegen haben sich mittlerweile daran gewöhnt, dass hin und wieder ein Kamerateam dabei ist. „Ich erwarte gar nicht, dass es allen gefällt. Aber die meisten verstehen, dass es am Ende für einen guten Zweck ist“, bekräftigt die leitende Oberärztin.
Während ihres praktischen Jahres in Australien und Neuseeland wollte sie „Flying Doctor“ werden. Dann zog es sie doch wieder in die Heimat nach Mülheim, wo sie am evangelischen Krankenhaus auch ihre erste Stelle antrat. „Jetzt mache ich das ganze eben bodengebunden“, sagt die Mutter von zwei Kindern. Zu Hause ist eben immer noch am schönsten. „Und die Bodenhaftung sollte man sowieso nie verlieren“.
Autor:Marcel Dronia aus Mülheim an der Ruhr | |
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