Katalysatordiebstahl
Katalysatordiebstähle nehmen zu
Ein recht neuer Trend der Kriminellen
In gewissen Kreisen junger Autofahrer erfreut sich ein extremes Auspuffgeräusch großer Beliebtheit. Was jedoch bei Auto-Posern für Begeisterung sorgt, muss nicht unbedingt jedem Kraftfahrer gefallen. Danach wird allerdings mancher motorisierte „Otto Normalverbraucher“ derzeit nicht mehr gefragt. Der Grund: Die Diebstähle von Fahrzeugkatalysatoren nehmen kräftig zu. So geschehen auch neulich bei einer Frau, die in der Nähe des Evangelischen Krankenhauses am Rande der Mülheimer Innenstadt wohnt. Als sie ihren Wagen in der Schulstraße morgens starten wollte, drang ihr anders als noch am Vortag ein satter Tuner-Sound ans Ohr. Ihr Sohn, als Kfz-Mechaniker selbst aus der Fahrzeugbranche, brauchte für die Diagnose des Problems nicht allzu lange. Ein Blick unter den Wagen reichte. Der Katalysator war an beiden Enden sauber aus der Auspuffanlage geschnitten und entwendet worden.
Die Fallzahlen
Die Größenordnungen von Katalysatordiebstählen sind leider nicht bekannt. Eine Anfrage zweier Landtagsabgeordneter beim NRW-Innenministerium im Mai brachte keine Klarheit, da diese Art von Diebstählen in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht gesondert erfasst wird und statistisch in der Masse der Diebstähle „in, aus und an Kraftfahrzeugen“ untergeht. Immerhin äußerte ein Mitarbeiter des Landeskriminalamtes gegenüber einer rheinischen Tageszeitung kürzlich aber die Einschätzung, dass die Katalysatordiebstähle in NRW 2022 mittlerweile eine mittlere vierstellige Fallzahl erreicht haben dürften. Aber: Nichts Genaues weiß man nicht! Der ADAC hat für ganz Deutschland 2022 aus Pannennotrufen eine Zahl von 1.038 Fällen und damit eine Erhöhung zum Vorjahr festgestellt. Da der ADAC allerdings sicherlich in den wenigsten Fällen solcher Diebstähle angefordert wird, dürften die Zahlen weit unter dem liegen, was auf unseren Straßen tatsächlich passiert.
Warum sind Kats bei Kriminellen so begehrt?
Warum interessieren sich Kriminelle nun ausgerechnet für Katalysatoren? Der Grund ist einfach: Die Bauteile enthalten mit Platin, Palladium und Rhodium wertvolle Edelmetalle, die sich bei Hehlern zu guten Preisen umsetzen lassen. In Katalysatoren sind bis zu fünf Gramm dieser Metalle enthalten. Ein Gramm Palladium wird derzeit mit 40 Euro, Platin mit 30 und Rhodium immerhin mit 185 Euro gehandelt. Zum Vergleich: Gold bringt aktuell pro Gramm „nur“ 58 Euro. Der Verkauf gestohlener Katalysatoren ist also lukrativ, da man pro Stück bei windigen Altmetallhändlern dreistellige Beträge dafür erzielen kann. Pro Nacht zweimal unter einen fremden Fahrzeugboden gelegt und den Katalysator mit Brachialgewalt herausgeschnitten und die Haushaltskasse stimmt für den Rest der Woche.
Wenige Minuten und der Katalysator ist weg
Die Vorgehensweise der Täter ist mittlerweile gut bekannt. Die Fahrzeuge – besonders beliebt sind ältere Modelle und dann ganz besonders der Typen VW Polo, Opel Astra und Toyota Prisma – werden nachts am Straßenrand aufgebockt. An stark befahrenen Straßen, an denen der Geräuschpegel hoch ist, kommen Trennschleifer oder Elektrosägen zum Einsatz. In ruhigeren Gegenden, in denen diese Geräusche zu schnell Aufsehen erregen würden, benutzen die Täter Auspuff- oder Kettenrohrabschneider. Was eine Autowerkstatt mit einer Stunde Arbeitszeit berechnen würde, schaffen die Kriminellen in wenigen Minuten. Aufnahmen von Überwachungsvideos haben gezeigt, dass die Täter im Schnitt nach zwei bis drei Minuten fertig sind.
Die Katalysatoren landen übrigens nicht nur bei Schrotthändlern, sondern zum Teil mittlerweile auch bei Ebay & Co., da sich die Nachfrage nach gebrauchten Katalysatoren – wenig überraschend – zwangsläufig erhöht. Von solchen Angeboten sollte man allerdings besser die Finger lassen, da man nach dem Kauf selbst wegen Hehlerei angezeigt werden könnte und der Kat danach ein zweites Mal ausgebaut würde. Dieses mal von der Polizei, da an gestohlenem Gut laut Bürgerlichem Gesetzbuch kein Eigentum erworben werden kann. Besitzer älterer Fahrzeuge sehen sich nach den dreisten Diebstählen übrigens teilweise vor einem wirtschaftlichen Totalschaden ihres Fahrzeugs, da der Einbau eines neuen Katalysators durchaus auch etwas Vierstelliges kosten kann.
Immer Anzeige erstatten
Auf alle Fälle sollte sofort bei der Polizei Anzeige erstattet werden, damit sie von dem Fall erfährt. Nur bei einer Häufung bekannter Fälle wird die Polizei hin die Lage versetzt, die so genannten Deliktbrennpunkte stärker zu bestreifen und an Serientäter zu kommen, die sich gerade einen bestimmten Stadtbezirk als Arbeitsgebiet ausgesucht haben. Selbst zur Polizeiwache fahren sollte man mit fehlendem Katalysator übrigens nicht, da man aufgrund der Lautstärke des Fahrzeugs und der hohen Immissionen, die ohne Kat ausgestoßen werden, Ordnungswidrigkeiten begehen würde. Die Polizei wird im Fall der Fälle dann einen Streifenwagen zur Anzeigenaufnahme zum Tatort schicken.
Wie kann man sich schützen?
Die Möglichkeiten sind hier, klammert man das nächtliche Sitzen am Küchenfenster mit Blick auf den Boliden oder das Übernachten im Auto aus, leider sehr begrenzt. Einen ziemlichen sicheren Schutz bietet die Unterbringung des Fahrzeugs in einer Garage. Da sich das allerdings nicht jeder leisten kann und gerade in größeren Städten das Angebot an Garagen erheblich geringer ist als die Zahl der Kraftfahrzeuge, bleibt alternativ noch der Einbau einer Alarmanlage mit Neigungsmelder, die sich lautstark bemerkbar macht, wenn der Wagen in Schräglage gebracht wird. Ansonsten bleibt nur zu hoffen, dass ein tierischer Marder, der sich in der Regel nur für die Kabel im Motorraum interessiert, auf einen menschlichen (Katalysator-)Marder stößt. Zumindest einer von beiden wird beim Kennenlernen eilig seine Arbeit aufgeben. Im besten Fall sogar beide.
Autor:Dr. Frank Kawelovski aus Mülheim an der Ruhr | |
Webseite von Dr. Frank Kawelovski |
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