Falsch interpretierter Tierschutz und die Folgen
Wann hört das Retten endlich auf und der Tierschutz beginnt?

Das Telefon klingelt bei uns im Tierheim und wie inzwischen mehrmals wöchentlich sucht ein verzweifelter Hundehalter nach einem Abgabeplatz für seinen Hund, der zu einem Problem geworden ist. Wie so oft wurde dieser Hund aus dem Ausland von der Straße oder aus einer Tötung gerettet. Ein emotionsschwangerer Vermittlungspost hat die arme Seele in die liebenden Arme einer Familie befördert.

Was so rosarot begonnen hat, endet oft rot - denn die gerettete Seele ist gar nicht nur dankbar sondern entpuppt sich als Hund mit 42 starken Argumenten. Die neuen Besitzer sind überfordert mit den Anforderungen, die der Hund an sie stellt. Statt des besten Freundes des Menschen ist nun Angst der neue Begleiter im eigenen Zuhause und nicht selten ist es auch schon zu Beißvorfällen gekommen.

Die rettenden Vereine helfen bei den Fällen, die uns erreichen, nicht. Die rettenden Vereine haben gerade leider keine Pflegestelle frei und können auch überhaupt nicht verstehen, warum der bis dato unauffällige Hund sich nun so verhalten sollte.

Bei unserer Vermittlung steht an erster Stelle, das Kennenlernen des Hundes, damit wir uns ein Bild machen können, welche Anforderungen der Hund an sein künftiges Zuhause stellt. Haben wir dieses Bild, stellen wir den Hund sehr ehrlich vor. Mit Interessenten reden wir sehr offen, ehrlich und lange über mögliche Probleme und Baustellen. In mehreren Besuchen lernen die Interessenten den Hund kennen, der Hund sie und wir machen uns ein Bild vom Miteinander. Sollte es trotz dieses Prozesses einmal doch nicht funktionieren, nehmen wir unsere Hunde zurück. Wir haben oder schaffen den Platz dafür ... umgehend.

Nur so funktioniert für uns eine seriöse Vermittlung!

Ein Vermittler, der in Deutschland sitzt und einen Hund vorstellt, den er nicht einmal persönlich kennt und diesen dann wiederum mit Menschen zusammenbringt, die er auch nur telefonisch "kennt" und auch nicht im Umgang mit dem Hund gesehen hat ... das ist keine Vermittlung ... das ist ein Glücksspiel.

Es scheint viel zu leicht zu sein, einen "Tierschutz"verein zu gründen. Es ist für uns unbegreiflich, warum Ämter Einfuhrquoten genehmigen, die bereits die Rücknahme einer nur 5%igen Rücklaufquote unmöglich machen.

Am Ende sollen die Tierheime ausbaden, was unter dem Deckmantel des Tierschutzes vor die Wand gesetzt wurde. Das funktioniert nicht mehr. Die Tierheime sind voll. Wer heute einen Platz für einen Abgabehund sucht, muss sich durch einen Umkreis von mehreren 100 Kilometern telefonieren und ein Erfolg ist nicht garantiert.

Eine Situation, die sich schon lange angekündigt hat und die durch Corona beschleunigt wurde, ist nun erreicht. Es zeigt sich, was viele schon lange gesagt haben: ein vollkommen falscher Tierschutzgedanke, der sich durch eine Strichliste auf der "Gerettet-Seite" definiert, hat wenig mit Tierschutz zu tun sondern verlagert Probleme.

Wir wissen, dass wir mit diesem Thema in ein Wespennest stechen. Wir wissen auch, dass es (wenige) Menschen gibt, die Auslandstierschutz seriös betreiben. Wir wissen aber auch, dass wir jede Woche mehrere Anrufe verzweifelter Hundehalter bekommen, die nun selber "Rettung" suchen. Wir sind ein vergleichsweise kleines Tierheim. Übertragen wir die Hilfegesuche, die an uns herangetragen werden, auf die vielen anderen Tierheime in Deutschland, reden wir hier von einem ernstzunehmenden Problem.

Und auch das Argument "in Deutschland gibt es keine Tötungen ... das ist allemal besser für die Hunde" funktioniert nicht mehr. Der verzweifelte Halter, der keine Hilfe vom "vermittelnden" Verein bekommt, keinen Platz in einem Tierheim findet, kein Geld oder keine Bereitschaft für eine Unterbringung in einem Resozialisierungszentrum hat ... der findet eine "medizinische Lösung" für seine Not. Es wäre naiv, davor die Augen zu verschließen.

Selbstredend sprechen wir uns ganz klar gegen diesen "Lösungsansatz" aus!

Dennoch muss man sehen, dass sich die Situation mit auffälligen Hunden massiv zugespitzt hat. Selbst ein sofortiges Umdenken und dem folgend eine spürbare Veränderung kann den Ist-Stand nicht mehr mildern und die Frage, die offen im Raum stehen bleibt, ist, wie kann man das nun wieder entzerren?

Autor:

Tierschutzverein Moers u. U. e. V. aus Moers

Am Peschkenhof 34, 47441 Moers
+49 2841 21202
info@tierheim-moers.de
Webseite von Tierschutzverein Moers u. U. e. V.
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