„Rollstuhlfahrer sind Rollatorenfahrern ein Dorn im Auge": Behinderte (69) muss um Platz im Bus kämpfen

Renate Jänecke nutzt als Rollstuhfahrerin häufig den Bus. Der für Rollstühle und Kinderwagen vorgesehene Bereich ist aber oft durch Rollatoren versperrt, hat sie beobachtet. Fotos (2): Marjana Križnik
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Renate Jänecke (69) muss als Rollstuhlfahrerin im Bus oftmals um einen Stellplatz "kämpfen". Oft hat sie gegenüber Rollatoren-Fahrern das Nachsehen. Sie empfindet deren Verhalten häufig als rücksichtslos.

Am Niederrhein. Die Neukirchen-Vluynerin, die seit ihrer Geburt behindert und seit vielen Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen ist, fährt regelmäßig und ausgiebig mit dem Bus.
Im Prinzip ist das auch problemlos möglich – wäre da nicht die wachsende Zahl von Fahrgästen mit Rollatoren. „Rollstuhlfahrer sind Rollatorenfahrern ein Dorn im Auge", findet Jänecke und fährt traurig fort: "Und wie die sich oft benehmen! Häufig stehen Rollatoren auf den für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen vorgesehenen Flächen und die Betreffenden zeigen sich stur und uneinsichtig“, hat die Seniorin beobachtet. „Ich muss immer um den Stellplatz für meinen Rolli kämpfen“, sagt sie fassungslos. Es sei gar schon vorgekommen, dass Jänecke gar nicht in den Bus gelangen konnte, weil Rollatoren die für Rollis und Kinderwagen vorgesehen Flächen bevölkerten und der Bus weiter fuhr.

Positiv: Ältere, gehbehinderte Menschen bewahren ihre Mobilität 

Nun ist es ja grundsätzlich positiv, dass ältere, gehbehinderte Menschen ihre Mobilität bewahren. „Aber es gibt eine wachsende Zahl von Leuten, die sich einen Rollator kaufen – die werden ja immer günstiger - um diesen als Einkaufshilfe oder Sitzgelegenheit zu benutzen“, findet die Rentnerin. „Es gibt ältere Frauen mit Rollator, die die meinen, sie hätten das Recht gepachtet“, macht Renate Jänecke ihrem Unmut Luft. Sie habe von Fahrgästen mit Rollator auch schon Unverschämtheiten, wie „Wenn Sie behindert sind, dann bleiben Sie doch zuhause“, zu hören bekommen. Oder: "Einmal hat eine Frau beim Einsteigen in den Bus ihren Rollator wie ein Schutzschild auf der Rampe vor sich hergetragen", erinnert sich Renate Jänecke.

Die Redaktion hat bei der Niag nachgefragt: Sind Rollstuhlfahrer, Kinderwagen und Rollatoren in Bussen gleichberechtigt oder hat einen Personengruppe Vorrang bei der Belegung der für Rollis und Kinderwagen vorgesehenen Flächen? Stephan Kreth, Betriebsleiter bei der Niag erläutert: „Rollstuhlfahrer und Personen, die einen Kinderwagen mitführen mitzunehmen, ist in Bussen oberste Priorität.“ Seit drei Jahren verfügen die Niag-Busse hierfür auch über zwei sogenannte Mehrzweck-Stellflächen. Das heißt, dass pro Bus zwei Rollstühle befördert werden können. Kreth: „Vor der zunehmenden Flut von Gefährten sind Fahrer aber oftmals allein gelassen. Wen verweist man aus dem Bus, wenn der Bus rappelvoll ist?“ Fahrer sind nicht in der Lage, das zu regeln, wenn der Bus voll ist.“ Die Menschen würden immer mobiler und das sei auch gut so, aber nicht alle Fahrgäste, die einen Rollator mitführen, besitzen einen Schwerbehindertenausweis. In diesem Fall, und wenn der Besitzer des Rollators dazu in der Lage ist, ist der Rollator, der im Bus als Gegenstand gilt, im Bus zusammen zu falten, so Kreth. Wohingegen bei einem Rollator, der von einem anerkannten Schwerbehinderten mitgeführt und als Tragehilfe verwendet wird ein Zusammenfalten des Rollators gar nicht möglich ist.

Laut den VRR-Beförderungsbedingungen haben „Rollstuhlfahrer und Kinderwagen Vorrang vor Fahrrädern und Gegenständen, zwischen Rollstuhlfahrern und Kinderwagen wird nicht weiter priorisiert.“ Weiter heißt es dort: „Das Personal muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, damit Kinderwagen und Rollstuhlfahrer mitgenommen werden können.“ Und: „Ein Anspruch auf die Beförderung von Gegenständen besteht nicht.“ Stephan Kreth bringt es auf den Punkt: „Rechtlich kriegt man das nicht hin. Insofern kann man lediglich an Nutzer der Mehrzweckstellflächen in Bussen appellieren, sich zu einigen.“ Sprich: Rücksicht zu nehmen und nicht per Ellbogenmanier seine eigenen Interessen „durchboxen“.

Renate Jänecke nutzt als Rollstuhfahrerin häufig den Bus. Der für Rollstühle und Kinderwagen vorgesehene Bereich ist aber oft durch Rollatoren versperrt, hat sie beobachtet. Fotos (2): Marjana Križnik
Autor:

Marjana Križnik aus Düsseldorf

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