Millionärswahl - „Der Sieger der Herzen“
Niederrhein. Seit letztem Donnerstag gegen 21.30 Uhr ist er der ungekrönte „Beste Patenonkel Deutschlands“. Unter dem Motto „Alles für Neele“ bewies Ralf Zanders (36) aus Kerken vor tausenden Fernsehzuschauern bei der Millionärswahl (ProSieben), dass er auch über seine körperlichen Grenzen Einsatz für seine behinderte Nichte Neele zeigt. Die Herzen der Zuschauer hatte Ralf Zanders hinter sich, doch durch einen stark kritisierten Wahlverlauf zog er nicht ins Finale ein. Bei seinem Besuch mit seiner Frau Stephanie am Tag nach der Show in der Redaktion des Wochen-Magazin Moers sprach Ralf Zanders mit Susanne Schmengler und BürgerReporter Christian Voigt über die Zukunft des Projektes „Alles für Neele“, die Vereinsgründung und die Zuschauerreaktionen.
Zweifelhaftes Votum nach klarem Vorsprung
Bei seinem Bewerbungsvideo für die ProSieben-Show „Millionärswahl“ teilte der gelernte Vermessungstechniker Ralf Zanders mit: „Ich habe kein besonderes Talent.“ Aber spätestens seit der ersten Show-Folge weiß es ganz Deutschland besser. Der Kerkener geht für sein Ziel seinem Patenkind Neele und (soweit noch machbar) anderen Kindern mit Beeinträchtigungen bestmögliche Versorgungen und Therapien zu ermöglichen über seine eigenen physischen und psychischen Grenzen. Als Moderatorin Jeannine Michaelsen dem niederrheinischen Kandidaten Zanders seine Aufgabe, in Show-Sprache Challenge genannt, erklärte, haftete eine Träne an seiner rechten Wimper. Obwohl der 36-Jährige extreme Höhenangst hat, stellte er sich der Herausforderung eine 26 Meter hohe senkrechte Wand an einem Sicherungsseil hängend kopfüber hinunterzulaufen. Schweiß- und Angstperlen im Gesicht, Tränen in den Augen, hyperventilierend und stark zitternd meisterte Zanders das für ihn Unmögliche, während aufkommende Windböen seine Aufgabe zusätzlich erschwerten. Große Anerkennung und Jubelstürme gab es vom Moderatoren-Duett Michaelsen und Elton mit „Du bist der krasseste Typ überhaupt“ und „er macht tatsächlich ‘Alles für Neele‘“. So sahen es auch die Zuschauer, nach ihrem Votum lag der sympathische Ralf Zanders mit der maximalen Punktzahl vorne. Auf der Zielgeraden, der Teilnahme an der Final-Show, wurde Zanders durch ein zweifelhaftes Votum der Mitbewerber abgefangen. Da der Privatsender für das Show-Format mit „demokratisch reich werden“ warb, wurde nach Zuschauerprotesten der Wahlmodus sofort geändert.
Fairer Verlierer besucht Redaktion
Aber Ralf Zanders ist ein fairer Verlierer, nicht nur beim Show-Schluss weist er anerkennend auf den Gewinner. Auch beim Redaktionsbesuch zeigt er keinen Groll, versucht wie schon in der Nacht in sozialen Netzwerken die Wogen und Emotionen zu glätten: „Moderatoren und Team haben uns herzlich behandelt, ich habe mich sehr wohl gefühlt. Und Benedikt und seinem Jugendprojekt gönne ich das Weiterkommen.“ Nicht ahnend, dass ihrem Mann in der nächsten Show der nachträgliche Finaleinzug angeboten werden sollte, teilte Stephanie Zanders schon in Moers mit: „Wir haben es diskutiert und wollen keine Verzerrung. So ist es jetzt das Beste.“ Bis dahin hatten sie schon viel Zuspruch erhalten, die ersten Spenden und Hilfsangebote für einen behindertengerechten Wohnungsumbau bei Neele’s Eltern waren schon eingegangen. ProSieben hat im Nachgang die Übernahme der Restkosten für den dringlichen Badumbau zugesagt. Der zum Jahreswechsel gegründete Verein „Neele“ steht vor der Gemeinnützigkeit.
Bei Challenge an Neele gedacht
„Ich hatte Panik als ich nach der Feuerleiter noch über eine Anlageleiter auf das Dach wechseln musste“, erklärt Neele‘s engagierter Patenonkel beim Schauen der Videoaufnahmen seiner Challenge einen Tag danach in der Redaktion. Seine Arme auf den Redaktionsschreibtisch abgestützt zittern so stark, dass der Tisch und Monitor wackeln. Ralf Zanders geht immer noch emotional mit als er von seiner Überwindung spricht: „Wie komme ich da jetzt runter, das geht nicht. Beim Loslassen habe ich an Neele gedacht, aber dennoch waren es gefühlte Ewigkeiten.“ Seine Erzählungen und Gefühle kommen authentisch rüber, man hat das Gefühl als wäre man live dabei. Seine Frau Stephanie drückt ihn sofort, gemeinsam halten sie Neele’s Puppe „Lieselotte“ fest in der Hand: „Ich bin da.“ „Und das hat auch gestern geholfen“, ergänzt Ralf Zanders. Das Paar, welches selbst noch kein Kind hat, wollen zunächst alle Eindrücke verarbeiten. Ihr Fokus bleibt auf die Unterstützung von Neele und ihren Eltern gerichtet.
24 Stunden-Job: Pflege von Neele
Kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes erhielten Ralf Zanders Schwägerin Stefanie Schönbeck und ihr Mann Christian eine Schock-Nachricht. Nach einer Gen-Untersuchung stand fest, Ihre Tochter hat einen seltenen Chromosomen-Defekt, das sogenannte „Wolf-Hirschhorn-Syndrom“. Eine angeratene Abtreibung lehnte das Ehepaar Schönbeck ab. Viele Kinder mit diesem Syndrom überleben die Geburt schon nicht, kaum ein Kind erreicht das erste Lebensjahr. Neele hat selbst entschieden, dass sie leben will. Zum Jahreswechsel feierte sie ihren ersten Geburtstag. Körperliche und geistige Wachstumsverzögerungen und Fehlbildungen erfordern strenge Medikationspläne, dauerhafte Pflege und Förderung. Die Wohnung der Schönbeck’s ist nicht barrierefrei, Umbauten sind nötig. Für Neele’s Eltern ist die Versorgung ein 24 Stunden-Job. Teilweise werden sie durch eine Nachtschwester unterstützt. Nicht alle Kosten werden vollständig von der Krankenkasse getragen. Neben der körperlichen und psychischen Belastung hat die junge Familie daher auch die Sorge stets die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu haben. Durch seine Millionärswahl-Teilnahme richtete Ralf Zanders nicht nur den Blick auf sein behindertes Patenkind, aus dem beispiellosen „Alles für Neele“ wurde über Nacht eine gesellschaftliche Empathie für alle Menschen mit Beeinträchtigungen. Ralf Zanders hat zwar die Million nicht bekommen, aber durch sein Vorbild hat die Gesellschaft gewonnen.
Bei Kimberley Mitromaras lernte ich Ralf Zanders vor Silvester kennen:
http://www.lokalkompass.de/moers/leute/kimberley-22-will-teilhaben-selbstaendigkeit-ist-fuer-mich-lebensqualitaet-d384693.html
Autor:Christian Voigt aus Moers |
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