Einmal um 30 Jahre altern

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René Schneider, SPD-Landtagsabgeordneter, testet im Rahmen der „Woche des Respekts“ wie es sich anfühlt, innerhalb weniger Minuten um 30 Jahre zu altern.

Ältere Leute brauchen immer ewig lang für einen Weg von A nach B. Die Radfahrer sehen sie immer erst, wenn es schon zu spät ist und übers Hören reden wir jetzt mal gar nicht. Vorurteile gibt es viele. Viele entsprechen auch durchaus der Realität, was es aber bedeutet, wirklich älter zu sein, können sich die meisten jungen Menschen kaum vorstellen.

Genau dagegen wollte René Schneider, SPD-Landtagsabgeordneter, etwas tun. Er wollte am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt, wenn man in wenigen Minuten gefühlt um 30 Jahre altert. Wie das funktionieren soll? Mithilfe eines Alterssimulationsanzuges. Schneider bekommt mehrere Gewichte um die Wade, den Unterarm und die Brust geschnallt. Zudem wird die Bewegung der Gelenke durch weitere Schoner erschwert. Um das Ganze abzurunden, trägt Schneider noch eine Brille, die das Sichtfeld einschränkt und Kopfhörer, die das Hören erschweren.

So verkleidet geht es für Schneider als Erstes in den Ratssaal. Zu Fuß. Mit der Treppe. Und 35 Kilogramm mehr auf den Knochen. Oben angekommen bleibt der SPD-Landtagsabgeordnete erst einmal stehen: „Laufen heißt für mich jetzt schnaufen.“ Jeder Schritt will gut überlegt sein. Das Betreten des Ratssaales ist für den 40-Jährigen noch möglich, für viele andere jedoch nicht, wie Bernhard Krebs, Behindertenbeauftragter der Stadt Kamp-Lintfort, weiß: „Da der Saal nur durch Stufen zugänglich ist, können ihn viele nicht betreten.“ Das Problem kennt Christoph Landscheidt, Bürgermeister von Kamp-Lintfort, natürlich auch, verspricht aber „der Umbau ist im Haushalt fürs nächste Jahr mit einberechnet.“
Schneider müht sich währenddessen weiter mit seinem Anzug ab. Der 40-Jährige gesteht: „Ich merke schon, dass ich mich mittlerweile mal gerne hinsetzen würde.“

Aber kann es wirklich so schwierig sein, mit den paar Kilos mehr herumzulaufen? Es kann. Als ich mir ebenfalls den Anzug anziehe, denke ich im ersten Moment noch, dass es ein ganz nettes Workout ist. Als ich dann aber eine Treppe herunterlaufen möchte, bemerke ich bereits das erste Problem: Wie soll ich die Treppe ohne ein Geländer herunterkommen? Ein Ding der Unmöglichkeit. Zunehmend drückt das Gewicht der Weste zudem auf meine Brust und das Atmen fällt mir immer schwieriger. Schritt halten mit den anderen? Ebenfalls unmöglich. Ich, die sonst immer schnellen Schrittes unterwegs bin, hinke den anderen hinterher. Ein komisches Gefühl, das zum Nachdenken anregt. Auch über den Tag hinaus. Schneider merkt zum Schluss des Experiments nicht ohne Grund an: „Ich kann das Gewicht am Ende des Tages wieder ablegen, Senioren nicht.“

Fotos: Heike Cervellera

Autor:

Sarah Dickel aus Moers

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