Auch nach 65 Jahren kein altes „Eisen“

Vor 65 Jahren gaben sich Marianne und Werner Meike nach einem Jahr Brieffreundschaft das Jawort und sind bis heute glücklich.
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„Es waren die lieben Worte und natürlich das hübsche Foto von ihr. Als ich das sah, habe ich mich in Marianne verliebt“, erzählt Werner Meike (89) und sieht seine Frau dabei immer noch verliebt an.

Dies ist nun über 65 Jahre her. Damals war Werner Meike als junger Mann in den Kriegsjahren in französische Gefangenschaft geraten. „Eine Freundin schrieb damals mit einem Soldaten, der auch in Frankreich war und erzählte mir von seinem Kollegen, der auch eine Brieffreundin suchte, um die Einsamkeit zu lindern. Ich dachte mir ‚warum nicht‘ und von da an schrieben Werner und ich uns viele Briefe. Es hat uns beiden sehr gut getan“, erinnert sich Marianne Meike (geb. Brandt, 84).

Denn auch sie hatte eine schwere Zeit in Moers. Ihre Mutter wurde von Splittern einer Granate ins Bein getroffen und verstarb kurze Zeit später an einer Blutvergiftung. Zu diesem Zeitpunkt war Marianne Meike gerade 15 Jahre alt und musste sich fortan um den Haushalt und ihren kleinen Bruder kümmern, der erst fünf war. „Besonders schlimm war es, als mein älterer Bruder ein paar Jahre später von der Bundeswehr kam und nach Mama fragte, da er nicht wusste, dass sie gestorben war. Der Kleine sagte dann nur ‚Mama ist auf dem Friedhof‘, diesen Moment werde ich nie vergessen. Ich bin so froh dass ich meine Trauer mit Werner teilen konnte. Ihm zu schreiben half mir, nicht zu zerbrechen.“ Marianne Meike weint während sie dies erzählt.

„Mein Werner ist und war immer lieb und hat gut für uns gesorgt.“

Ein Jahr lang hielt das Paar Briefkontakt und schickte sich gegenseitig Fotos von- einander. Botschaften, die beiden als ein kleiner Lichtblick in einer dunklen Zeit dienten. Dann kam Werner Meike endlich nach Moers, um seine Marianne das erste Mal in die Arme schließen zu können. „Es war ein ganz besonderer Moment“, so Werner Meike. Ein Gefühl, das beide in ihrem Leben nicht mehr missen wollten. Schnell war klar, dass sie sich nicht mehr voneinander trennen wollten. Darum entschlossen sie bald zu heiraten. Marianne Meike war 19, Werner Meike 25 Jahre, darum brauchten sie die Zustimmung von Marianne Meikes Vater. Doch er war gegen die Heirat. „Meine Tante gab uns den Tip ihm einfach zu sagen, dass ich schwanger sei. Das tat ich dann auch und er willigte ein. Als ich ihm nach drei Monaten sagte dass ich gelogen habe, war er mir zum Glück nicht böse“, lacht Marianne Meike aus tiefstem Herzen und lässt ihren Mann dabei nicht aus den Augen. Und somit zog auch Werner Meike nach Moers und ließ seine Familie und seine Heimat Borna in Sachsen für die Liebe zurück.

Erst über zwei Jahre nach der Eheschließung bekam das junge Paar Nachwuchs. „Und da kam eine große Überraschung. Wir wussten ja nicht, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Gewünscht haben wir uns als erstes ein Mädchen. Bekommen haben wir direkt beides. Zwillinge“, schmunzelt Werner Meike. Die Kleinen, Jürgen und Gisela hielten sie dann ganz schön auf Trapp. Während der gelernte Huf- und Wagenschmied den Familienunterhalt im Bergbau verdiente, kümmerte sich seine Frau um den Nachwuchs. „Es war nicht leicht. Wir hatten keine Hilfe. Meine Mutter war tot und Werners Familie weit weg. Aber ich habe sie groß bekommen. Alle drei“, lacht Marianne Meike und sieht ihren Mann dabei schelmisch an. Neun Jahre später kam dann die dritte Tochter Bärbel zur Welt. „Mein Vater heiratete nochmal und hatte noch ein Kind um das ich mich auch häufig kümmerte. Nachdem ich dann meine Geschwister und meine Kinder groß hatte, kamen auch schon die Enkel“, lacht die Seniorin. Sechs Enkelkinder und bald fünf Urenkel hat das Paar mittlerweile. Und die Urgroßeltern übernehmen immer noch gerne das Babysitting. „Die Jüngste ist bald drei und oft bei uns. Und bald kommt auch schon das Nächste.“

„Wir haben uns immer gegenseitig gut gepflegt und unsere Ehe nie bereut.“

Marianne Meike ist sich sicher, wären die ganzen Kinder nicht ständig um sie herum, dann wären sie und ihr Mann längst nicht mehr so fit und lebensfroh. „Die Kinder halten uns jung und am Leben. Es ist so schön, wenn sie bei uns sind. Wir sind so stolz.“ Denn Werner Meike musste in seinem Leben mit vielen Krankheiten kämpfen. Bronchitis, Probleme mit der Lunge, Herzinfarkt, alles Leiden, die von seiner Arbeit im Bergbau herrühren. „Ich wollte eigentlich immer zur Marine. Aber damals konnte ich es mir leider nicht aussuchen. Denn ich war nicht in der Hitlerjugend und hatte daher nicht viele Möglichkeiten“, so Werner Meike. Auch Marianne Meikes Großvater leistete Widerstand gegen die Nationalsozialisten. Vielleicht ein wichtiger Aspekt, der die beiden im Herzen verbindet. Alle Krankheiten konnten ihnen nichts anhaben.

Beide sind heute fit, physisch und psychisch. „Neben den Kindern, hält mich das Singen aufrecht“, sagt Werner Meike. Seit 60 Jahren singt er bereits im Knappenchor Rheinland. Auch im Kirchenchor war er lange aktiv. „Es ist wichtig, dass jeder auch Hobbys hat. Man muss sich immer gegenseitig ergänzen und auch etwas zum Erzählen haben“, fährt er fort. Als ich Werner Meike frage, was er an seiner Frau besonders liebe, antwortet er: „Sie ist eine sehr gute Mutter, Oma und Uroma.“ Daraufhin schaut Marianne Meike ihren Ehemann empört an und erwidert: „Und eine gute Ehefrau etwa nicht?“ Werner Meike muss lachen. „Na das sowieso. Die Beste“, sagt er.
Und was liebt sie an ihm? „Werner ist und war immer lieb zu mir. Und er hat immer aufopferungsvoll für mich und unsere Familie gesorgt.“

Am heutigen Mittwoch, 6. August, feiert das Paar Eiserne Hochzeit im Evangelischen Gemeindehaus, Am Frankenfeld 16, mit Familie und Freunden. Für den besonderen Anlass hat sich die Braut natürlich etwas Hübsches zum Ankleiden gekauft. „Ich habe mir gewünscht, ein Kleid zu tragen. Außer mein Hochzeitskleid, besaß ich bisher nämlich gar kein Kleid“, freut sich Marianne Meike. Es ist grau mit lachsfarbenen Blumen, dazu wird sie einen passenden Blazer tragen. „Sie wird wunderschön aussehen, wie immer“, sagt der Bräutigam voller Vorfreude.

Nach 65 Jahren Ehe sind Marianne und Werner Meike noch immer sehr glücklich zusammen. Aus Brieffreunden, die sich in schweren Zeiten Halt gaben, ist ein Paar fürs Leben geworden. Einen Wunsch haben die Eheleute allerdings noch: „Die Kinder unserer Jüngsten sprechen seit der Trennung von ihrem Ex-Mann nicht mehr mit ihr. Wir würden uns so sehr wünschen, dass sie sich wieder verstehen und wir alle wieder eine richtige Familie sind. Es wäre das Schlimmste für uns, wenn der familiäre Zusammenhalt auseinanderbricht, wenn wir einmal nicht mehr da sind.“
Ein Wunsch, der den beiden hoffentlich bald erfüllt wird. Denn es gibt für jedes Problem eine Lösung, wenn man es mit Liebe angeht. Das beweisen Marianne und Werner Meike seit über 65 Jahren.

Vor 65 Jahren gaben sich Marianne und Werner Meike nach einem Jahr Brieffreundschaft das Jawort und sind bis heute glücklich.
Marianne und Werner Meike heute. Mit den Fotos in Händen, die sie sich vor über 65 Jahren mit ihren Briefen zuschickten. | Foto: Heike Cervellera
Autor:

Laura da Silva aus Gelsenkirchen

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