Licht an in Moers - Bürgerinnitiative im Interview
Licht aus, statt Licht an in Moers
CREDERE im Gespräch mit den Gegnern der Moerser Nachtabschaltung. Über Einsparung und subjektive Ängste.
„Viele Wege führen nach Rom“, sagt der Volksmund. Auch beim Thema Licht findet man viele Möglichkeiten die Kosten zu senken. CREDERE hat sich bereits intensiv mit diesem Thema beschäftigt.
Im Vordergrund steht in öffentlichen Haushalten, nachhaltige Einsparungen zu finden und umzusetzen. Moers geht den Weg bei der Beleuchtung zu sparen indem man einfach für einige Stunden in der Nacht ganz auf diesen subjektiven Sicherheitsaspekt verzichtet. Viele andere Kommunen zeigen einen anderen Weg. Natürlich sind Einsparungen immer mit vorangehenden Investitionen verknüpft. Wer denkt, dass dies bei einer Nachtabschaltung nicht der Fall ist, irrt.
Schaltungen müssen geändert, technische Voraussetzungen geschaffen werden. Auch der Straßenverkehrsordnung muss Genüge geleistet werden, indem die ausgeschalteten Laternen mit Richtzeichen Laternenschild (Zeichen 394) versehen werden. In Moers sind es laut Baudezernat 4.600 Stück. Die Gesamtkosten von genannten 184.000 € als Vorabinvestition, stehen angeblich 86.000 € bis 125.000 € Einsparung im Jahr gegenüber (genaue Zahlen sind unbekannt). Vernünftig? Wir sagen nein. Zumal ein Teil der betroffenen Laternen bereits auf LED-Technik umgerüstet wurde. Hinzu kommt, dass gem. einer EU-Verordnung, einige noch in Moers verwendete Leuchtmittel, aber 2016 bzw. 2017 nicht mehr zugelassen sind. Es wäre von den zuständigen und verantwortlichen Personen vorrausschauend gewesen, sich mit Möglichkeiten der Umrüstung aller Straßenlaternen im Vorfeld zu beschäftigen. Der Hinweis, der häufig in diesem Zusammenhang kommt, ist die Finanzierbarkeit. Gerade weil Moers in der Haushaltssicherung ist, kann man Finanzierungen über Leasing-, Ersparnisfinanzierungs- und Contractingverträge darstellen. CREDERE hat bereits fertige Konzepte dazu vorliegen und umgesetzt. Es wäre an der Zeit sich intensiv und fachgerecht mit diesem Thema zu beschäftigen.
Interview Credere
Credere: Im August letzten Jahres haben Sie die Bürgerinitiative “ ‘Licht AN!‘ – Wir lassen Moers nicht im Dunkeln!“ gegründet. Ihre Gründe, Herr Voigt?
Christian Voigt: Nach der Kommunalwahl in 2014 tobte im politischen Moers der Streit, wer, wann und wie sein Wahlkampfversprechen zur Rücknahme der Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung (NAS) gebrochen habe. Der Bürgerwille, Sorgen und Ängste bzgl. des Sicherheitsgefühls der Moerserinnen und Moerser, aber auch mögliche Alternativen zur Abschaltung traten in den Hintergrund. ‘Licht AN!‘ greift diese Aspekte zielorientiert auf und versteht sich als außerparlamentarische Initiative der Bürgerschaft.
Credere: Spiegeln sich die Sicherheitsbedenken und Ängste in der Kriminalstatistik wieder?
Christian Voigt: Seit Jahren steigt die Kriminalität in NRW. Man wird aber wahrscheinlich, wenn im 1. Halbjahr 2016 das Moerser Bündnis die NAS auf den Prüfstand stellen will, keine Zunahme zwischen der Abschaltzeit werktags von 1 bis 3.30 Uhr feststellen. Dies liegt daran, dass die Polizei nur den Zeitraum zwischen unbeschadetem Abstellen/Verlassen des Objektes und dem Entdecken der Straftat benennen kann. Daher ist es bei vielen Bürgern eine rein subjektive Wahrnehmung. Nach Wohnungseinbrüchen ist das Fehlen von Wertgegenständen für die Geschädigten schlimm, diese können aber zumindest materiell ersetzt werden. Der ideelle Verlust und das Gefühl, dass jemand Fremdes in der Privatsphäre gewühlt hat, ist für viele Opfer eine anhaltende untragbare seelische Belastung. Menschen, die nachts arbeiten müssen, wie Zeitungsverteiler, Taxifahrer, Beschäftigte in der Gastronomie und Apotheker im Notdienst berichten von ihren mulmigen Gefühlen. Interessant wären auch mal Erfahrungsberichte von Rettungskräften und Polizeibeamten während der NAS.
Credere: Ihre Kritik an der im September 2014 eingeführten NAS bezieht sich aber nicht nur auf die Missachtung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bürgerschaft?
Christian Voigt: Neben diesem Hauptkritikpunkt, der sich ja schon durch die fehlende Bürgerbeteiligung beim Ratsbeschluss im September 2012 widerspiegelt, bemängeln wir, dass in eine Verschlechterung der Lebensqualität 180.000 € investiert wurden, anstatt zukunftsorientierte Lösungen zu suchen. Des Weiteren erfolgt die Umsetzung der NAS dilettantisch, z.B. Fehlklebungen des 394-er Verkehrsschildes durch eine externe Firma, Unklarheiten welche Gefahrenpunkte beleuchtet bleiben sollten und viele Störungen bei der Schaltung. Auch wurde nicht berücksichtigt, dass durch EU-Richtlinien die umweltschädlichen und energiefressenden Quecksilberdampfleuchtmittel ersetzt werden müssen und sich der Einsparungseffekt verringern würde. Man hat das Gefühl, wie die Ampeldarstellung des Kämmerers bei der Präsentation der Sparmaßnahmen für den Regierungspräsidenten verdeutlicht, es geht nur darum, dass Maßnahmen durchgeführt werden und die Sparziele außer Acht gelassen werden.
Credere: Welche Alternativen zur Nachtabschaltung sehen Sie?
Christian Voigt: Als es noch Fördermittel gab, ist die flächendeckende Umrüstung der Straßenbeleuchtung mit energiesparenden LED-Leuchtmitteln in Moers versäumt worden. Bei der Erarbeitung des notwendigen Sparpaketes um dem Stärkungspakt beitreten zu können, fand die 70-prozentige Ersparnis mit LED kaum Beachtung. Nach unseren Schätzungen könnten mindestens jährlich 350.000 € mit durchgängiger LED-Beleuchtung anstatt der inzwischen nach unten korrigierten 116.000 € bei 2 ½ stündiger Abschaltung werktags gespart werden. Die Erfahrungen anderer Kommunen zeigen, dass sich die Umrüstungsinvestitionen nach 7 bis 10 Jahren amortisiert hätten. Dieses entspricht fast dem Konsolidierungszeitraum der Stadtfinanzen. Weitere Einsparungen könnten Schalttechniken wie Bewegungsmelder, Dimmen und Licht per SMS erbringen.
Credere: Sie sprachen von Schätzungen, Herr Voigt.
Christian Voigt: Die Stimmen der NAS-Gegner sind derzeitig leiser geworden, da wir aufgrund fehlender Informationen über den aktuellen Bestand und Zustand der städtischen Beleuchtung auf der Stelle treten. Seit Mitte September warten wir auf diese zugesagten Infos. Es ist nicht wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Mark Rosendahl in einem Interview im April 2014 vermutet hat, ein Gewöhnungseffekt bei den Bürgerinnen und Bürgern eingetreten.
Credere: Haben Sie Finanzierungsvorschläge?
Christian Voigt: Die Möglichkeiten des Contractings oder Sponsorings sollten berücksichtigt werden. Zumal die Betreibung der Straßenbeleuchtung auf die städtische AöR, ENNI, einem ökonomisch agierenden Unternehmen übertragen wurde. Aber die bisherigen zuständigen städtischen Mitarbeiter sind mit zur AöR gewechselt und weiterhin für die Beleuchtung verantwortlich. Die Anträge im Verwaltungsrat durch das Moerser Bündnis und vor allem der CDU gehen in die richtige Richtung. Auch ein Ideenwettbewerb oder Seminarreihe an der benachbarten Hochschule und Bürgerbeteiligung könnten neue Ansätze aufzeigen.
Wir haben dieses Gespräch in Vorbereitung auf unseren neuen Newsletter geführt. Da sich viele Moerserinnen und Moerser mit der Nachtabschaltung nicht anfreunden können.
Autor:Frank Volkmann aus Moers |
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