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„Der pausenlose Klang der Sirenen, Tag und Nacht, in der absoluten Stille einer Region über die eine Ausgangssperre verhängt war, wird mich ein Leben lang begleiten."

Ibrahim Yetim, MdL, im Gespräch mit Prof. Dr. Tiziana Frusca
  • Ibrahim Yetim, MdL, im Gespräch mit Prof. Dr. Tiziana Frusca
  • hochgeladen von Konrad Göke

Prof. Dr. Tiziana Frusca vom Uniklinikum Parma, Italy, zu Besuch in Moers und im Gespräch mit Ibrahim Yetim, MdL: "Ich wohne in Brescia und leite die Gynäkologie und Geburtshilfe am Uniklinikum in Parma. Ich hatte eine Sondererlaubnis und fuhr durch Straßensperren zum Krankenhaus durch menschenleere Straßen.“ so begann Prof. Dr. Tiziana Frusca ihr Gespräch zu dem Ibrahim Yetim, MdL, eingeladen hatte. Der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete fragte seinen Gast nach den Unterschieden im Umgang mit der Pandemie zwischen Deutschland und Italien. Prof. Dr. Frusca: „Wir haben aktuell, 1. Juli 2020, 10.18 Uhr, in Italien, bei 60 Millionen Einwohnern, 240.578 Infizierte, 34.767 Tote und 190.248 Genesen. Zum selben Zeitpunkt in Deutschland bei 83 Millionen Einwohnern, 195.758 Infizierte, 8.993 Tote,178.100 Genesene. Uns in Italien hat es zuerst und am heftigsten getroffen. Wir waren darauf nicht vorbereitet. Innerhalb von 14 Tagen, ab Mitte Februar, verbreitete sich der Virus in unsrer Region geradezu explosionsartig. Es fehlte überall an Beatmungsgeräten, Intensivbetten. Die größte Anstrengung, die uns Tag und Nacht nicht zur Ruhe kommen ließ, war, den Betrieb des Klinikums von Grund auf neu zu organisieren, um aus den Stand eine Struktur zu schaffen, damit sofort im Eingangsbereich mögliche Infizierte von Gesunden getrennt werden und gleichzeitig die medizinische Notversorgung aller anderen Patienten aufrechterhalten werden konnte. Über 70 Ärzte und ein Vielfaches an Krankenschwestern, Pflegern, medizinischem Personal ist in Italien der Pandemie zum Opfer gefallen. Deutschland hat schnell reagiert, sehr viel getestet, das muss unbedingt so bleiben und die Ausstattung mit Intensivbeten war in Deutschland bereits beim Beginn der Pandemie deutlich höher und wurde in kürzester Zeit auf ein Vielfaches hochgefahren.“ Ibrahim Yetim: „Wie erleben gerade in der Fleischindustrie wie unverantwortbare, nicht zu entschuldigende Arbeitsbedingungen innerhalb von Stunden zu rund 1780 Infizierten und zu einem Lock down in Gütersloh und Warendorf geführt haben. Hier in Moers 85 Infizierte in einem Fleischverarbeitungsbetrieb, der, das muss ich betonen, offensichtlich gut geführt wurde. Frau Prof. Frusca wie gehen sie aktuell mit Bildern großer Sorglosigkeit um, Menschenmassen auf den Plätzen, auch in ihrer Heimatstadt Brescia, hier bei uns am Rheinufer?“ Prof. Frusca: „Die Bilder aus Brescia, das war ein kurzer Moment, der Erleichterung, als ob alles vorbei sei. Der Bürgermeister hat sofort gehandelt und die Plätze räumen lassen. Bei uns in Italien nimmt keiner die Pandemie auf die leichte Schulter. Fast jeder hat in seiner Familie, in seiner unmittelbaren Umgebung, jemanden verloren. Wir müssen noch lange Zeit Maskenpflicht und Abstandsregelungen beibehalten, bis ein Impfstoff gefunden wurde. Parallel tauschen wir uns international über die Behandlungsmethoden aus, die sich in den letzten Wochen bewährt haben und die es weiter zu entwickeln gilt. In meinem Fachgebiet, Gynäkologie und Geburtshilfe, konnten wir feststellen, das Schwangere, warum auch immer, prozentual deutlich weniger infiziert wurden. Das Ansteckungsrisiko für die Neugeborenen setzt erst nach der Geburt ein. Natürlich ist der Altersdurchschnitt der Toten 65 Jahre, die meisten über 80, aber wir haben auch einen 18-jährigen Covic Patienten, der schwer erkrankte, intubiert werden musste und von dem ich immer wieder, als Warnung, gerade jungen Leuten erzähle, damit sie sich nicht einer trügerischen Sorglosigkeit anheimgeben.“ Ibrahim Yetim: „Wie schauen sie auf die nächsten Monate!“ Prof. Frusca: „Wir gehen von einer zweiten Welle aus, wohl nicht in der Härte wie die letzte, aber im Herbst, wenn es kälter wird, rechnen wir damit und haben in unserem Klinikum die Strukturen beibehalten, die sich währen der Pandemie bewährt haben, um sofort und angemessen reagieren zu können.“ Es war die erste Auslandreise der italienischen Ärztin nach Abflauen der Pandemie, die sie hierher nach Moers führte, um ihre Tochter zu besuchen, die mit ihrem zukünftigen Mann hier in Moers lebt: „Die jungen Leute waren Skilaufen in den Dolomiten, da wurde Brescia Sperrgebiet. Sie hatten keinerlei Symptome, kein Fieber, ich habe denen gesagt, ihr könnt nicht zurück in Eure Wohnung in Brescia, seht zu, dass ihr nach Deutschland, zur Familie meines künftigen Schwiegersohnes, kommt“.

Autor:

Konrad Göke aus Moers

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