Robin Lind ist Peer-Berater bei der EUTB
„Ein Geben und Nehmen“
„Als ich 2015 meine Diagnose Autismusspektrumstörung bekam, war das für mich wie ein kompletter Neustart“, erinnert sich Robin Lind. „Alles wurde in normalere Bahnen gelenkt. Ich befinde mich immer noch in einem stetigen Prozess. Die Diagnose hat mir sehr gut geholfen, vieles besser zu verstehen und zu verarbeiten.“ Der 41-Jährige war damals bereits Mitte 30, eigentlich ein fortgeschrittenes Alter, in dem eine Autismusspektrumsstörung (Asperger Syndrom) diagnostiziert wird.
Ein langer Weg, denn erst 2014 gab es erste Hinweise, dass bei dem Essener eine Autismusspektrumsstörung vorliegen könnte. „Ich informierte mich und stellte fest, das passt ja doch irgendwie. Defizite zeigen sich bei mir zum Beispiel in der Reizverarbeitung und im sozialen Umgang mit anderen Menschen. Meine Eltern durften mich in meiner Kindheit nicht umarmen, Reize zu filtern, zum Beispiel einem Gespräch in einem überfüllten Restaurant zu folgen, fällt mir unglaublich schwer und kostet mich sehr viel Kraft. Aussagen nehme ich oft zu wörtlich, Ironie verstehe ich nicht auf Anhieb“, erklärt Robin seine Besonderheiten .
Der Essener besuchte das neue Kompetenzzentrum für Menschen mit Autismus und anhand mehrerer Tests, wie unter anderem anhand eines IQ-Tests (ausgleichen kann Robin die Defizite durch seine überdurchschnittliche Intelligenz), erfolgte die Diagnose in der Spezialambulanz einer Klinik. Dann nahm alles seinen Lauf. „Derzeit befinde ich mich in einer „beruflichen Reha“, einer Art Neuorientierung. Zusammen mit meinem Ansprechpartner aus dem Kompetenzzentrum stieß ich auf die in Deutschland noch recht neue Möglichkeit der Peer-Beratung über die EUTB.“
Was Robin zunächst als Ratsuchender in Anspruch nahm, entwickelte sich schnell zu einer großen Hilfe für andere Betroffene.
Peer-Beratung: Gespräche auf Augenhöhe
Seit Ende 2019 unterstützt Robin nun das Team der ehrenamtlichen Peer-Berater bei der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung des Kreises Wesel. Beraten werden dort Menschen mit allen Behinderungsarten, Menschen, die davon bedroht sind, und auch deren Angehörige, Kollegen und Freunde. Ein wesentlicher Bestandteil bei der EUTB ist die Peer-Beratung - Gespräche, die auf Augenhöhe geführt werden. Betroffene helfen Betroffenen. „Mein Leben hat mich gelehrt, dass mit Autismus zwar vieles schwierig ist, aber im Grunde doch alles möglich sein kann. Das möchte ich anderen Betroffenen gerne vermitteln“, so Robin.
Die Beratungen dauern in der Regel etwa eine Stunde. Es gäbe keine Tabuthemen, wie Robin anmerkt. Alle Themen zu Familie, Beruf und Alltagsproblemen würden besprochen. Die Peer-Beratung sei für ihn ein Geben und Nehmen, etwas, wovon beide Seiten profitieren können. Robin: „Meine ehrenamtliche Tätigkeit würde ich in Zukunft neben einem neuen Hauptberuf gerne weitermachen, da sie mit sehr große Freude bereitet und ein großer Motivator ist.“
Ganz neu: der "Digitale Teilhabe-Stammtisch"
Ganz neu bei der EUTB ist der „Digitale Teilhabe-Stammtisch“, der zu unterschiedlichen Themen stattfindet und zu dem sich jeder Interessierte anmelden kann. „Wir sehen den Stammtisch als eine erste Möglichkeit sich auszutasuchen, wenn die Erkrankung oder Behinderung festgestellt oder ein Verdacht geäußert wurde“, erklärt Sandra Boehnke, Fachkraft der Teilhabeberatung. „Ein Sprungbrett, das Verbindung schaffen kann“, wie Robin ergänzt.
Angeboten werden bei der EUTB Peer-Beratungen zur Autismus-Spektrum-Störung, allen sonstigen Behinderungsarten, auch Muskelerkrankungen, Angststörungen und Depressionen.
Die Beratungsbüros befinden sich in Moers am Hanns-Albeck-Platz 2, Tel: 02841-90 00 31 oder 90 00 32 (Offene Sprechzeiten: montags von 15 bis 18 Uhr und dienstags von 9 bis 12 Uhr und nach Vereinbarung) und in Wesel an der Viktoriastraße 10, Tel: 0281-16 43 58 86 oder 16 43 58 87 (Offene Sprechzeiten sind mittwochs von 15 bis 18 Uhr sowie donnerstags von 9 bis 12 Uhr und nach Vereinbarung).
Wichtig: Persönliche Beratungen finden aufgrund der Corona-Pandemie aktuell nur nach Terminabsprachen statt.
Weitere Infos gibt es auch unter www.teilhabeberatung.de
Autor:Nadine Scholtheis aus Moers |
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