mœrs festival präsentiert sich analog und digital
mœrs festival 2022: In Zukunft nur noch hybrid!
Das musikalische Programm ist keine Improvisation mehr und das „Paket“ um die Musik herum steht ebenfalls. Die Moers-Kultur-Geschäftsführerin Jeanne-Marie Varain und der künstlerische Leiter Tim Isfort stellten in der herrlichen Morgensonne am Rodelberg die Eckdaten des Pfingstfestivals vor. Die einleitenden Worte sprachen Bürgermeister Christoph Fleischhauer, Aufsichtsratsvorsitzender Mark Rosendahl und Kulturdezernent Wolfgang Thoenes. Als „Gastredner“ präsentierten sich Guido Lohmann von der Volksbank, Michael Schroers von den „mœrsfriends“ sowie ein neuer Sponsor des Festivals, Boris Baraç, der Geschäftsführer des Unternehmens „MOVE“.
Christoph Fleischhauer betonte die Strahlkraft des Festivals. Nach dem Jubiläum 2021 kamen Botschaften aus allen Erdteilen in Moers an, wie wichtig es in der Pandemiezeit gewesen war, das Festival durchzuführen und digital zu übertragen. „... egal welche Umstände herrschen, hier in Moers ist immer das Festival und egal wie man es nennen mag, Moers Festival, Jazz-Festival, New Jazz Festival, Pfingstveranstaltung mit Musik oder wie auch immer, völlig egal, der Charakter bleibt immer improvisiert … Wir wollen hier Freude haben, wir wollen hier Musik hören, wir wollen hier ausgefallene Musik hören und wir möchten die Menschen einladen, uns zu besuchen und miteinander in den Austausch zu kommen, das ist uns ganz wichtig“.
Nach 48 analogen und zwei digitalen Ausgaben werden an Pfingsten 205 Musiker*innen aus 25 Ländern auftreten – und zwar vor Publikum! Es wird an den einzelnen Spielstätten keine Vollauslastung geben, hier werden noch Gespräche mit den Behörden geführt, dennoch können sich alle Interessierten darauf freuen, endlich wieder Konzerte live und in Farbe erleben zu können. Der ursprüngliche Standort des Festivaldorfes befindet sich immer noch im Umbau, daher kann es auch nicht in der gewohnten Weise aufgebaut werden. Das Festivaldorf mit den Bereichen Essen, Trinken und Einkaufen wird dreigeteilt auf die Hauptstandorte: direkt an der Festivalhalle, am Rodelberg und auf dem Gelände des Gymnasiums Filder Benden. Zudem werden, wie in der Vor-Corona-Zeit, etliche weitere Orte bespielt: die Stadtkirche, das Freibad Bettenkamper Meer, das Alte Landratsamt, das Büro des Bürgermeisters und die Röhre. Dass die zwei vorangegangenen digitalen Festivals Spuren hinterlassen werden, war frühzeitig zu erkennen und es wird auch kein Zurück mehr in reine analoge Veranstaltungen geben. Vielmehr werden hybride Konzepte auffallen, Live-Performences und Internet-Streams nebeneinander, Live-Auftritte mit Ergänzungen aus dem World Wide Web, eben Mischformen. Moers war der weltweite Vorreiter, andere Veranstalter schauten sich das Konzept an, kopierten es, ergänzten es um die nächsten Ideen, von denen wiederum Moers profitiert. Tim Isfort und sein Team probieren eine besondere Variante. Ein Teil der Musiker*innen spielen am Rodelberg, ein anderer Teil in der Festivalhalle, nach den Auftritten werden beide Auftritte digital zusammengefügt. Auf der Festival-Website wird das Ergebnis zu hören sein. Eine weitere Variante: Musiker*innen aus Myanmar laden ihren Beitrag ins Netz hoch und dieser wird zu den live in der Festivalhalle agierenden Künstler*innen eingespielt. Selbst zwei KI (künstliche Intelligenzen) = Roboter musizieren Free Jazz live auf der Bühne. Allein durch diese vorgestellten Varianten wird deutlich, wie rasant sich das Leben, die Arbeit und eben auch die Kultur verändert. Was vorgestern noch eine Utopie war, steht heute auf der Bühne.
Jeanne-Marie Varain und Tim Isfort verwiesen auf das umfangreiche Programm, siehe Website, und nannten stellvertretend für alle Künstler*innen einige Beispiele. Es ist immer noch ein Abenteuer, Visa für Musiker*innen aus Ostafrika zu bekommen und nun endlich, im dritten Anlauf, soll es gelingen, eine große Gruppe einzufliegen, die in unterschiedlichen Besetzungen mehrfach auftreten werden (Trio Buna, Gamo Singers, tba). Das Vienna Art Orchestra, dass in Moers große Erfolge feierte, hat eine Nachfolgerin! Das Vienna Improvisers Orchestra gastiert am Sonntag in der Festivalhalle. Tim Isfort empfiehlt für diejenigen, die meinen, schon alles gehört zu haben: Lightning Bolt. Die Improviser in Residence, Tomeka Reid, tritt auf und selbstverständlich freuen sich Varain und Isfort auf die „mœrs sessions“ (Kurator Jan Klare) und den Förderwettbewerb „mœrsterclass!“. Lukas Döhler, einst selbst Teilnehmer, wählte die Kompositionen des Nachwuchses aus und wird sie präsentieren.
Auf dieser Pressekonferenz war von jedem Protagonisten aus jedem Wort, aus jedem Satz heraus zu hören, dies wird wieder ein Festival für Moers, für die Bürger, für die begeisterten Musikfans, die seit Jahren und Jahrzehnten an Pfingsten in diese Stadt kommen. Alle aus dem Festival-Team, alle aus dem Rathaus, möchten, dass nach diesen dunklen Zeiten, die gewiss noch nicht gänzlich vorüber sind, Freude herrscht. Ein Lichtblick, aus dem alle wieder Energie tanken können, das können die vier Tage an Pfingsten sein.
Essen, Trinken, etwas Überraschendes und Unvergleichbares sehen und kaufen, einfach Spaß haben, sonore und schräge Musik hören, das ist Moers, das ist Moers an Pfingsten. Hierzu gehört auch der ökologische Gedanke, das Thema Nachhaltigkeit und der berühmte CO2-Fußabdruck. Das Unternehmen „MOVE“ wird in diesem Jahr den Shuttleservice der Musiker*innen übernehmen, zudem den Transport der Instrumente und des Equipments. „MOVE“ stellen Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge bereit und somit wird die klimabewusste Fortbewegung gefördert. Hierzu gehören selbstverständlich auch die mœrs-bikes, die den Besucher*innen zur Verfügung stehen, um rasch von Veranstaltung A nach B zu kommen.
In den Diskussionsreihen wird sich der jüdischen Diversität gewidmet und das Festivalplakat bietet Anlass zu langen Debatten, gar Schlagabtauschen. Is this not (noch) a Jazzfestival? ist keine Frage, das ist ein Statement.
Klaus Denzer
Autor:Klaus Denzer aus Moers |
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