125 Jahre Jungbornpark in Repelen
Emanuel Felke – Ein Pastor macht Repelen berühmt
zusammengestellt von Hansfried Münchberg
Wenn in diesen Tagen (10.September2023) vom Felke Verein im Moerser Ortsteil Repelen das Jubiläum 125 Jahre Jungbornpark gefeiert wird, so kommt sofort der berühmte Pastor Emanuel Felke in den Sinn, jener als „Lehmpastor“ bekannt gewordene evangelische Geistliche, dem das einstmals verschlafene ländliche Dorf Repelen zu verdanken hat, daß es zu nationaler, ja zeitweise sogar zu internationaler Bekanntheit gekommen ist.
Jener Emanuel Felke war am 10. Juli des Jahres 1894 „in der heute gethätigten Pfarrwahl einstimmig gewählt“ worden, wie damals der „Grafschafter“ berichtete. Er war vorher Pfarrer in Cronenberg gewesen. Am 10. August 1894 wurde dessen Wahl vom zuständigen Königlichen Konsistorium bestätigt. Repelen war damals ein Ort mit etwa 2400 Einwohnern, rein ländlich geprägt, seine einzige Sehenswürdigkeit war die Repelener Kirche, eine der ältesten Kirchen des Rheinlands.
"Ein zweiter Kneipp"
Felke, ein Anhänger des Naturheilverfahrens und der damals aufkommenden Reformbewegung wurde als „zweiter Pfarrer Kneipp“ (der damals in Wörishofen praktizierte) bekannt. Seine Heillehre stützte sich im wesentlichen auf gesunde Bäder, Bewegung an Licht und frischer Luft, Erdkraft (Lehmbäder) und gesunder Ernährung.
Er hielt regelmäßig „Sprechstunden“ ab und diagnostizierte durch einen tiefen Blick in die Augen und ins Gesicht. Augenscheinlich hatte er mit seiner Methode guten Erfolg, denn schon bald sprach es sich nicht nur in Repelen, im Kreise Moers sondern am ganzen Niederrhein und darüber hinaus herum, daß hier ein heilkundiger Pastor sehr gute Erfolge erzielte. Seine Sprechstunden fanden meist an der Repelener „Linde“ statt, der Gaststätte die unmittelbar neben der Dorfkirche lag.
Durchbohrender Blick
So schrieb der „Grafschafter 1898: „Nein, nein, welch ein durchbohrender Blick liegt doch in den Augen des Pastors von Repelen!“ Das ist immer wieder der Ausruf, den man von Felkes Patienten hört. Diese Augen, die jedem auf den Grund des Herzens schauen, vermögen mit Hilfe der Gesichtsausdruckskunde vom Gesicht und Hals des Patienten abzulesen. … Personen, die vor Monaten noch sorgfältig verpackt, schwach und todesmatt nach Repelen transportiert wurden, erscheinen jetzt, nach langer Fußtour frisch und munter.
Wenige Tage später schreibt wieder der Grafschafter: Was für ein beängstigender Verkehr herrscht doch in dem abgelegenen idyllischen Repelen, wenn Pastor Felke seine Patienten empfängt, deren Zahl an manchen Tagen wohl zweihundert beträgt. Vielfach sind sogenannte unheilbare Kranke, die bereits bei den verschiedensten Autoritäten zur Kur waren, und die nun Rettung durch Felke erhoffen. Lungenschwindsüchtige, Krebskranke, Herzleidende, Geisteskranke, Bleich-, Fettsüchtige und Hautkranke…. Und inmitten dieses Jammers die edle Gestalt Felke`s“
Felke handelte höchst uneigennützig, denn er verlangte für seine Behandlungen, Diagnosen und Ratschläge keinerlei Honorar.
Gewaltiger Zustrom
Im Oktober schreibt wieder der „Grafschafter: „Der Zustrom hat derartig gewaltige Dimensionen angenommen, daß der Pastor nicht mehr in der Lage ist, wenigstens ein Viertel der Heilsuchenden zu behandeln. Viele Patienten mussten unverrichteter Dinge wieder abgewiesen werden. Man beabsichtige, um den Zustrom bewältigen zu können, noch im Herbst eine große Heilanstalt zu bauen, in der nach Felkes Methode von weiteren Ärzten behandelt werden solle. Es habe sich in Repelen ein Konsortium gebildet, das im kommenden Jahr ein bei der Kuranstalt liegendes Kurhotel bauen wolle. Eine Arztwohnung solle ebenfalls gebaut werden.
Über die homöopahische Naturheilanstalt nach Felkes Ideen berichtet die „Rhein- und Ruhrzeitung 1899: „Die Anstalt umfasst einen Länderkomplex von weit über 50 Morgen Größe. Sie liegt etwa 5 Minuten von Repelen entfernt, am sogenannten Repeler Meer, das eine Erweiterung des frischen, klaren Moersbaches ist. Das Wasser des letzteren wird in der Anstalt die verschiedenartigste Verwendung finden. Die Anlage ist von verschiedenen Licht- Luftwegen durchkreuzt. Weite Rasenflächen wechseln sich ab mit sauber angelegten Tannenkulturen. Der an den Kuranlagen vorbeiführende Weg von Repelen nach Moers ist mit Chaussee-Bäumen gesäumt. Eine mehrere Meter hohe Blechwand wird bald die Anstalt von der Außenwelt abschirmen. …eine Menge kleiner Licht- und Lufthäuschen (jeweiliger Kostenaufwand pro Haus 1000 Mark) liegen verstreut auf dem Terrain. Besondere Kies- und Sandbäder sollen bei Sonnenbädern verwandt werden. Auch der Regen soll zu Heilzwecken genutzt werden, indem der Pastor den Patienten anempfiehlt, während desselben entweder unbekleidet oder aber nur mit einem dünnen Lichtluftmantel angetan an den von oben kommenden Segen sich zu setzen. Noch im Frühjahr soll die Anstalt offiziell dem Betrieb übergeben werden. Für das Kurhotel und die Arztwohnung wird ein Kostenaufwand von 100 000 Mark veranschlagt.
Fast vollendet
Am 3. März 1899 berichtet der Grafschafter: „ Die Anstalt ist nahezu vollendet. Erwähnenswert sei, daß diese ausschließlich von Repelener Handwerkern und Arbeitern errichtet worden sei. Gegenwärtig sei man damit beschäftigt den Damen- sowie Herrenbereich herzustellen. Beide seien kreisförmig angelegt und jeweils von einem hohen blickdichten Zaun umgeben. Im Mai solle der Anstaltsbetrieb aufgenommen werden. sei gerade die Einrichtung eines Speisehauses im Gange. Um die Patienten auch bezüglich einer Milch-Diät optimal behandeln zu können, will Pastor Felke nach Eröffnung des Betriebes Ziegen, Schafe, Kühe und Esel ankaufen lassen. Er hatte erprobt, daß Ziegenmilch unter allen Sorten die leichtverdaulichste sei. Der „Jungborn“ solle im Mai 1900 eröffnet werden, es lägen aber bereits eine große Zahl von Anmeldungen von Kurgästen vor.
Repelen hatte sich bereits wegen der Bautätigkeiten und des regen Zulaufs wirtschaftlich gut entwickelt. Die zahlreichen Kurgäste waren in Privatunterkünften einquartiert, sie mussten versorgt und verpflegt werden. Sie mussten mit Kutschen und Fuhrwerken nach Repelen transportiert und wieder zur nächstgelegenen Bahnstation gebracht werden. Ein Bahnhof sollte in Bornheim (heute der Bahnhof „Rheinkamp“) eingerichtet werden. Die Gastwirtschaften profitierten von den zahlreichen Gästen, da diese auf ihren verordneten Wanderungen und Spaziergängen sicher gerne auch einmal einkehrten um sich zu erholen, um, so ist zu vermuten, außer Hafergrütze, Rohkost und Wasser, vielleicht auch einmal ein Bierchen oder einen Schluck Wein oder auch einen Schweinebraten zu sich zu nehmen.. Damals wurde auch die Reformgaststätte in Utfort errichtet. Sie bot den Ermüdeten Labsal in Form von Rohkost, Buttermilch und Hafergrütze. Viele Moerser und Utforter können sich noch an diese, an der Rheinberger Straße gelegene Gaststätte erinnern. Bis zum Jahr 2000 war dies der von der Familie Eickschen geführte Ratskeller, schräg gegenüber des Utforter Rathaus, wo ein sehr frisch gezapftes Pils gepflegt wurde.
Natürlich riefen solche großen Erfolge des Pfarrers, der rege Zulauf und der damit verbundene wirtschaftliche Aufschwung des Dorfes auch Menschen auf den Plan, die daran teilhaben wollten.
So meldete die Kempener Zeitung am 2. Mai 1899, der Pastor Felke habe seine Sprechstunden eingestellt, da ihm zu Ohren gekommen sei, daß seine bisherige so selbstlose und uneigennützige Tätigkeit von fremden Spekulanten durch Ankauf von Grundstücken finanziell ausgebeutet werden solle.
Im Winter der Jahre 1899/1900 wurden sowohl im Herren- wie auch im Damenpark jeweils eine Wandelhalle errichtet um den Betrieb auch im Winter aufrechterhalten zu können.
Der Grafschafter schreibt im Januar 1900: „ der Zuzug nach Repelen dauert fort und manches neue Haus wird gebaut“.
Felke hatte inzwischen auch international einen solchen Ruf erlangt, daß er im Dezember 1900 nach Italien gerufen wurde, um dort in der Toscana ein Licht-Luft-Bad nach Jungborn-Prinzipien einzurichten.
Neid, Missgunst und Feindschaft
Natürlich riefen solche Erfolge auch Neider, Missgünstige und sonst nicht Wohlgesonnene auf den Plan. Felke wurde wieder und wieder mit Falschmeldungen, Anschuldigungen, Anfeindungen, Anzeigen und Prozessen überzogen. Dieses ist ein umfangreiches Geschehen. Darüber werde ich gesondert in der Fortsetzung berichten.
Fortsetzung folgt
Autor:Hansfried Münchberg aus Moers |
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