Tierschützer filmen schreckliche Szenen
Klatsch! Klatsch! Das Geräusch, wenn der Stock wieder und wieder die Kuh am Boden trifft, verursacht fast schon beim Zusehen Schmerzen. Das Videos, die Aktivisten der Soko Tierschutz in einer Sammelstelle für Vieh filmten, sind nichts für schwache Nerven. Der Skandal reicht auch nach Lünen.
Polizisten durchsuchen vor einer Woche Räume der Fleischerei Mecke. Die Kameras der Soko-Tierschützer filmen zuvor in der Tiersammelstelle des Unternehmens zwischen Lünen und Werne, nahe der kleinen Rochus-Kapelle, schreckliche Szenen. Ein Mann drischt mit einer Art Kunststoff-Rohr auf eine Kuh ein, die Knochen sind deutlich zu sehen auf dem Rücken des Tieres. Im Bild ist auch die offene Ladeluke eines Transporters zu erkennen, scheinbar soll das Tier dort hinein laufen, doch als es das nicht tut, wächst die Wut des Mannes. "Mistsau, du", ist seine Stimme verzerrt im Video zu hören, dann kracht der Stock weiter und dem Anschein nach immer fester auf den Körper der Kuh, auf ihre Beine und ihren Kopf. Das Tier sinkt entkräftet zu Boden. Nach Informationen der Soko Tierschutz entstanden die Bilder zwischen Mai und Juli und sie sind kein Einzelfall: Das Video, dass die Tierschützer an die Presse versenden, enthält mehr als ein Dutzend erschreckender Szenen mit Rindern, Schweinen und Pferden. Ein Kalb zieht ein Mann an den Ohren aus einem Vieh-Transporter, ein anderer sticht einer Kuh, der man die Augen verbunden hat, eine Mistforke in die Seite. Rinder sind zu sehen, die offensichtlich krank sind, eines hat so etwas wie einen Abszess am Bein. Mitarbeiter zapfen bei Tieren Blut in kleine Flaschen. Elektroschocker kommen offenbar an anderer Stelle zum Einsatz und dann sind da immer wieder Personen, die die Tiere mit Stöcken traktieren, darunter zeitweise sogar Kinder. Die Soko Tierschutz erstattete deshalb nicht nur Strafanzeige gegen den Betrieb und die dort handelnden Personen, sondern informierte auch das Jugendamt.
Mecke-Statement im Internet
Kunden können am Donnerstag weiter einkaufen in den Läden von Mecke, nicht erwünscht sind - so scheint es zumindest - Journalisten. Der Besuch unserer Redaktion am Stammsitz der Firma in Werne, bei dem die Fotos für diesen Artikel entstehen, bleibt nur kurze Zeit ohne Reaktion. Ein Auto eines Sicherheitsdienstes fährt dann vor, der Fahrer hält an, lehnt sich an sein Auto und behält uns im Blick. Anrufe im Mecke-Büro laufen ins Leere. Der Teilnehmeranschluss sei besetzt, verkündet jedes Mal nach kurzer Zeit in einer Warteschleife eine Stimme vom Band. Antworten bekommen wir hier nicht, bis Redaktionsschluss auch nicht auf eine E-Mail. Im Internet verröffentlicht die Firma Mecke aber ein Statement. "Die Bilder zeigen schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, begangen durch zwei Mitarbeiter des Unternehmens." Die Männer habe man sofort entlassen, zudem wolle Mecke die Behörden bei der vollständigen Aufklärung der Sachverhalte umfassend unterstützen, man sei schockiert über die Aufnahmen. Im Familienunternehmen habe es in den rund hundert Jahren des Bestehens keine Tierschutz-Verstöße gegeben und man dulde diese in keiner Weise.
"Bilder dokumentieren ekelhaftes Verhalten"
Im Visier der Kritiker steht nach Bekanntwerden der Vorfälle bei Mecke auch Wilhelm Scharbaum in Lünen: "Die Bilder, die in den Videos der Soko Tierschutz zu sehen sind, dokumentieren ein absolut ekelhaftes und unentschuldbares Verhalten. Wer Tieren so behandelt, hat keinen Funken Anstand vor dem Lebewesen und ich distanziere mich zusammen mit den Mitarbeiterinnen im Verkauf in Lünen auf das Schärfste von diesen Abläufen." Scharbaum startete als Inhaber der Fleischerei in der Innenstadt von Lünen vor vier Jahren eine Zusammenarbeit mit der Firma Mecke, führte dann zunächst das Unternehmen zusammen mit Marko Mecke. "Kurze Zeit danach wollte ich aber beruflich kürzer treten und überschrieb die Fleischerei Scharbaum deshalb vollkommen an Marko Mecke. Im Juli 2018 beendete Scharbaum laut der Veröffentlichung des Amtsgerichts Dortmund im Handelsregisterblatt offiziell seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Fleischerei Scharbaum Verwaltungsgesellschaft. Scharbaum erklärt, dass er seit dieser Zeit nur noch Mitarbeiter des Unternehmens und nur an wenigen Tagen in der Woche als Mitarbeiter im Büro im Betrieb in Lünen sei, als solcher habe er keinen Einblick in die Produktion, die Schlachterei oder die Viehsammelstelle. "Die Ursache dafür, dass ich bis Donnerstag noch an verschiedenen Stellen auf www.fleischereischarbaum.de als Geschäftsführer zu finden war, ist darin zu suchen, dass die Seiten seitens der Verantwortlichen bei der Firma Mecke in diesen Punkten nicht aktualisiert wurde", erläutert Scharbaum. Der Fleischermeister steht mittlerweile nicht mehr als Geschäftsführer auf der Internetseite. "Der Name Scharbaum stand in Lünen und darüber hinaus über viele Jahre und für Generationen von Kunden für ein vertrauensvolles Miteinander. Der Gedanke, dass dieser gute Name und im schlimmsten Falle auch noch die ehrenamtliche Arbeit für Menschen in Not von diesem Skandal beschmutzt werden, ist für mich unerträglich", so Wilhelm Scharbaum.
Kanne beendet Zusammenarbeit
Die Bäckerei Kanne, die bisher auch mit Fleisch- und Wurstwaren von Mecke beliefert wurde, stoppt bereits nach den ersten Medienberichten die Zusammenarbeit. "Die Vorfälle, von denen wir über die Medien erfahren haben, machen für uns eine weitere Zusammenarbeit undenkbar, deshalb distanzieren wir uns mit diesem Schritt in aller Deutlichkeit von der Firma Mecke", erklärt Wilhelm Kanne. Kanne stehe für einen wertschätzenden Umgang mit Menschen und Tieren. In Zukunft bezieht das Unternehmen seine Fleisch- und Wurstwaren nun von der Fleischerei Bernemann & Röhl in Lünen sowie der Fleischerei Angelkort in Südkirchen.
HINWEIS: Die Fotostrecke in diesem Artikel kann verstörend wirken, sie dokumentiert mit den brutalen Szenen der Soko Tierschutz den Missbrauch an Kälbern und Kühen.
Thema "Tierschutz" im Lokalkompass:
> Benny überlebte die Kettenhund-Hölle
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.