Leser-Thema der Woche
Ladendiebe sind für Händler ein Problem

Die Zahl der Taschendiebstähle sank, doch Ladendiebe haben noch immer Hochkonjunktur. | Foto: Magalski
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Tatort Handtasche - im Leser-Thema der Woche sollen Taschendiebe und ihre Tricks im Fokus stehen, doch im Gespräch mit Händlern kommt ein anderes Problem ans Licht: Ladendiebstahl im professionellen Stil mit hohen Schäden.

In Selm waren Taschendiebstähle in der letzten Kriminal-Statistik mit elf Fällen innerhalb eines Jahres kaum ein Thema und auch die Polizei Dortmund verzeichnet für den Bereich Lünen sinkende Zahlen - in vier Jahren um rund siebzig Prozent! Nina Kupferschmidt, Pressesprecherin der Polizei Dortmund, warnt trotz der positiven Entwicklung vor Leichtsinnigkeit: "Gelegenheit macht Diebe und die Masche der Täter sind oft Klassiker. Handy oder Portemonnaie werden im Restaurant aus der Jacke an der Garderobe gestohlen, beim Einsteigen in die U-Bahn bieten sich den Tätern Möglichkeiten und Taschen, die nicht verschlossen sind oder achtlos am Rollator hängen, sind eine Einladung für die Diebe." Wertsachen sollten deshalb, das rät die Polizei, immer dicht am Körper getragen werden und die Geheimzahl für die Bankkarte auf keinen Fall im Portemonnaie aufbewahrt werden - denn das schafft die Grundlage für noch mehr Beute.

Luxus-Artikel sind meist das Ziel

Wenn Taschendiebstähle auch seltener vorkommen, nach den Berichten eines Insiders aus dem Einzelhandel seien die Täter in der Innenstadt von Lünen besonders in kleinen Läden aktiv, denn hier bietet sich oft die schnelle Chance. Kunden stehen dicht an dicht, an Kassen und an Ständern voller Ware. Komplizen warten vor der Tür, nehmen die Beute und flüchten - wird der Täter gefasst, fehlen die Beweise. Den Einzelhandel bedrückt ein anderes Thema: "Ladendiebstahl ist ein riesiges Problem, fast kein Tag vergeht ohne neue Vorfälle. Die Täter gehören wohl in erster Linie zu Banden, die hohe Schäden verursachen, manchmal sind es auch Süchtige, die schnelles Geld brauchen für Drogen", schildert eine Mitarbeiterin eines Geschäfts in der Fußgängerzone von Lünen. Luxus-Artikel sind meist das Ziel der Diebe, etwa teure Parfums. In Originalverpackung bringen die den Kriminellen viel Geld. "In Lünen wurde die bei uns gestohlende Ware sogar schon unter der Theke eines Imbisses verkauft", erzählt die Frau. Respekt oder Angst haben die Täter scheinbar nicht: "Zum Abschied winken sie uns noch einmal frech zu - oder zeigen den Stinkefinger."

Dieb kommt mit Brille zurück in Laden

Thomas Göcke ist Inhaber von Optik Schnurbusch an der Lippebrücke. Kameras haben das Geschäft bis in den letzten Winkel im Blick, doch das ist für die Täter kein Hindernis. "Sonnenbrillen müssen abgeschlossen werden, selbst aus den Schubladen wird gestohlen", berichtet Göcke. Diebe erkennt der Geschäftsmann meist schon am Verhalten, dennoch machte vor zwei Jahren ein Trio Beute. Die Männer steckten sieben Sonnenbrillen ein, Waren der Marken Gucci und Porsche im Gesamtwert von rund 1.800 Euro! Krone der Frechheit war aber ein anderer Dieb: Der Mann hatte eine Brille aus der Ausstellung gestohlen, doch ein Mitarbeiter stellte ihn vor dem Geschäft zur Rede. Ein Geständnis präsentierte der Täter nicht, wohl aber eine dreiste Antwort: Die Brille habe er gekauft - und als dann noch ein Demo-Glas aus dem Rahmen fiel, marschierte er direkt zurück ins Geschäft. "Die Brille hat er uns da auf den Tresen gelegt und erklärt, dass sie repariert werden müsse", erinnert sich Göcke. Das Ende der Geschichte: Das Team kümmerte sich um die Brille, um den Dieb die Polizei. Festnahme!

Bürgermeister und Passanten stellen Diebin

Erfahrung mit Dieben hat auch Gero Lang von Sport Duwe. Schuhe und Kleidung der beliebten Marken, wie etwa Adidas und Nike, stehen hoch im Kurs. "Wie Diebe arbeiten, ist sehr unterschiedlich", erzählt der Händler. Die Täter setzen auf Schnelligkeit oder Tricks und, wenn professionelle Banden am Werk sind, auf Zusammenarbeit. Im Vorfeld sichtet ein Team die Ware, hält Ausschau nach lohnender Beute. Den Diebstahl zieht dann ein anderes Team durch: Kleidung wird in der Kabine an, aber nicht wieder ausgezogen, die elektronische Sicherung setzen die Täter außer Gefecht. Die Folgen von Ladendiebstahl erlebte in der vergangenen Woche auch Jürgen Kleine-Frauns. Der Bürgermeister von Lünen ist auf dem Weg in die Pause, da bemerkt er auf dem Marktplatz eine Frau, verfolgt von einem Mann. "Der Mann, er stellte sich später als Ladendetektiv vor, hat gerufen, dass die Frau etwas gestohlen hat, und jemand sie festhalten soll", berichtet Kleine-Frauns. Der Bürgermeister zögert nicht und stoppt die Frau, zwei Passanten kommen hinzu und gemeinsam halten sie die Verdächtige fest bis zum Eintreffen der Polizei.  "Die Frau war sehr erbost, hat geflucht und geschimpft und immer wieder gesagt, dass wir uns nicht einmischen sollten", so Kleine-Frauns im Gespräch mit dem Lüner Anzeiger. Eine Passantin widerspricht ihr: "Nein, das ist Bürgerpflicht!" Jürgen Kleine-Frauns wird das Erlebnis im Gedächtnis bleiben, in positiver Weise. "Der Zusammenhalt, dass völlig unbeteiligte Bürger zusammenstehen, um Unrecht zu verhindern, war ein schönes Beispiel für gelebte Zivilcourage."

Thema "Thema der Woche" im Lokalkompass:
> Kassenzettel-Flut macht Wut im Bauch

Die Zahl der Taschendiebstähle sank, doch Ladendiebe haben noch immer Hochkonjunktur. | Foto: Magalski
Diebstahl kennt keine Grenzen: Kinderwagen, die vor einem Baby-Fachgeschäft abgestellt waren, klauten Kriminelle vor mittlerweile sieben Jahren in der Innenstadt von Lünen. Das Fahrradschloss, mit dem die Wagen verbunden waren, störte die Täter nicht, ihr Glück war dennoch nur von kurzer Dauer: Polizisten stellten die Diebe. | Foto: Magalski
Autor:

Daniel Magalski aus Lünen

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