Leser-Thema der Woche

Kassenzettel-Flut macht Wut im Bauch

Blödsinn. Irrsinn. Schwachsinn und Idiotie - ein kleines Stück Papier ist es nur, doch das sorgt bei Kunden für heftige Reaktionen. Im Leser-Thema geht es in dieser Woche um die Kassenzettel-Pflicht.

In Italien bekommen Kunden schon Jahrzehnte einen "Scontrino" in die Hand gedrückt, und auch in Österreich gehört der Beleg, wie die Nachbarn sagen, zu jedem Einkauf. Deutschland kennt das noch nicht, aber das ändert sich nach dem Jahreswechsel. Kassenzettel werden dann, um Steuerbetrug zu verhindern, zur (lästigen) Pflicht, abgesehen von Fristen und Ausnahmen. Besuch bei der Bäckerei Kanne, in der Filiale am Vogelsberg nahe des Cappenberger Sees. Der Lüner Anzeiger macht hier den Test: Eine Stunde werden wir die Kassenzettel der Kunden vermessen, wollen die viel zitierten Papier-Berge mit Zahlen untermauern - oder ist das nur Schwarzmalerei? Alina Schäfers ist die erste Kundin in unserer Test-Stunde und sichtlich irritiert über den Kassenzettel. "Ich habe mich gerade tatsächlich gewundert, warum ich in einer Bäckerei einen Kassenzettel bekomme", sagt die Lünerin. Der Kassenzettel-Pflicht steht sie ablehnend gegenüber, "verrückt" nennt die junge Frau die Neuerung. Ihr Kassenzettel ist 13,5 Zentimeter lang, viel Papier für nur einen gekauften Artikel. Vorschriften gibt es aber auch hier, und die brauchen eben Platz: Der Kassenzettel muss nicht nur über den gekauften Artikel und den Preis informieren, sondern auch Name und Adresse des Geschäfts enthalten, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, eine gesonderte Ausweisung der Umsatzsteuer, Datum und Uhrzeit sowie eventuell den Namen des Verkäufers. Eine Viertelstunde dauert es nur, da knacken wir mit mal längeren und mal kürzeren Kassenzetteln die Meter-Marke. Im Gespräch mit den Kunden fallen immer wieder deutliche Worte: Quatsch. Irrsinn. Unfug. Ein Senior sagt etwas, das lässt sich nicht zitieren an dieser Stelle.

Kassenzettel mit über einem Kilometer Länge

Die Zahl der Kunden ist an diesem Nachmittag eher Durchschnitt. Wenn am Sonntag alle Brötchen und Kuchen kaufen oder an einem Wochentag ihr Frühstück, dann ist die Zahl der Kunden höher, dennoch gehen bis zum Ende unserer Test-Stunde 28 Kassenzettel über den Tresen. Gesamtlänge: 4,5 Meter! Hochrechnungen sind zwar sicher nicht ganz mit der Realität in Einklang zu bringen, doch setzt man vier Meter als stündlichen Mittelwert voraus, wären es bei zwölf Stunden Öffnungszeit pro Tag 48 Meter Papier in der Filiale am Vogelsberg. Die 23 Kanne-Filialen in Summe bringen es also - natürlich rein rechnerisch - auf über einen Kilometer Kassenzettel am Tag!

Thema "Leserthema" im Lokalkompass:
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