Thüringen war eine Reise wert für den Ring Deutscher Bergingenieure
Donnerstag, der 16. Juni 2011
11 Mitglieder des Bezirksverbandes des Rings Deutscher Bergingenieure brechen zu einer dreitägigen Exkursion, verbunden mit einer Einladung der Fa. BWS, nach Schmalkalden in Thüringen auf. Nach ca. 300 km war das erste Etappenziel erreicht. Das Kali - und Salzbergwerk Merkers, welches 1901 die Förderung aufnahm, kurz nach der Wende 1989 geschlossen, aber ab 1991 zum Erlebnisbergwerk umfunktioniert wurde.
Die umliegenden K + S - Bergwerke Philippsthal, Heringen und Unterbreizbach sind weiterhin aktiv. Deren ges. Grubenfeldgröße einschl. Merkers entspricht dem Münchener Außenring mit seinen Vororten. Ausgerüstet mit Helm und Fahrkittel gelangten wir mit dem Förderkorb auf die – 500m - Sohle. Hier gilt übrigens nicht die Regel wie im Steinkohlenbergbau: „mit 60 Jahren keine Seilfahrt mehr“. Gott sei Dank, denn das Durchschnittsalter unserer Gruppe lag bei 71,4 Jahren. Der Unterzeichner war mit 60 Jahren der jüngste Teilnehmer!
Nach einführenden Worten des Leiters der Grube, Herrn Grosch, bestiegen wir die, mit gepolsterten Bänken ausgerüstete Ladefläche, eines Mercedes -Pritschen-LKW. Mit rasantem Tempo ging es über asphaltierte Straßen weit ins Grubenfeld hinein. Die Gesamtkilometer -Auffahrung der 1. und 2. Sohle der Grube Merkers wird von 1901 – 1989 mit 4.600 ( ! ) angegeben. Bei diversen Stopps erhielten wir weitere Informationen über die Geologie, Gewinnungs - und Förderabläufe, aber auch über Besonderheiten dieser Grube. Eine Kammer mit musealem Charakter zeugte vom Beginn der Abbauaktivitäten mit ziemlich altem Gerät, bis zum Einstellen der Gewinnung mit moderneren Geräten.
Eine weitere, hoch interessante Kammer, war der Goldraum. In diesem versteckten die Deutschen Machthaber kurz vor Ende des 2. Weltkrieges den legendären Goldschatz der Reichsbank. 8.645 Goldbarren ( sie entsprachen einem Gewicht von 220t ), 3 Milliarden Reichsmark in Noten und 1500 Goldmünzen der wichtigsten Währungen der Welt, sowie wertvolle Kunstgegenstände. Durch Aufklärung der Alliierten aus der Luft man erkannte größere Deutsche Truppenbewegungen in Richtung dieses Bergwerks, aber auch durch Befragung der Bevölkerung, fiel dieser Schatz den amerikanischen Truppen in die Hände.
Im Zuge der weiteren Befahrung fiel auf, dass viel technisches Gerät, wie Ladefahrzeuge, Bohr- und Besatzwagen in größerer Anzahl, sowie im Großbunker der Schaufelradbagger hier unten verblieben sind. Man hatte fast den Eindruck, dass diese Grube noch betrieben wird. Den o.g. Großbunker in kathedraleartigen Dimensionen, hat der Bergwerksbetreiber so hergerichtet, dass Veranstaltungen jeglicher Art für bis zu1400 Personen durchgeführt werden können. Ob Bühnen, Bestuhlung, Theken, diverse Beleuchtungsschemen oder eine Laser-Schau, hier fehlt nichts. Man befindet sich in einer einzigartigen Atmosphäre. Große Orchester, Chöre und Rockbands treten hier ebenso auf wie Chris de Burgh oder die jungen Tenöre, um nur einige zu nennen.
Letzte Station dieser Grubenfahrt sollte der eigentliche Höhepunkt sein. So betraten wir nach einer kurzen Erfrischung an der Kristallbar – es gab Pils und Salzbrezel – die Kristallgrotte. Niveau jetzt –800 m. Keiner von uns hätte je damit gerechnet, dass sich hinter einer schweren Eichentür derart Wundervolles befindet. Ein naturgewachsenes Konstrukt, was an bergbaulicher Schönheit kaum zu überbieten ist. Faszinierend, wie sich durch unterschiedliche Illumination die Salzkristalle darstellen, vermeintlich verändern und trotz ihrer Würfel-an-Würfel-Konstellation ein kompaktes Ganzes darstellen.
Nun rief H. Grosch zum Aufsitzen und es ging mit 35 Km/h (kam mir vor wie 80 Km/h) zurück zum Schacht. Nach gut 3 Stunden wieder über Tage, Abgabe der Helme und Fahrkittel und ein herzliches Dankeschön, verbunden mit einem kräftigen Glückauf aus der Gruppe an den Leiter des Bergwerks.
Es war eine Befahrung, die nur weiter zu empfehlen ist!
Jetzt steuerten wir unser Tagesendziel, das Waldhotel Ehrenthal in Schmalkalden an. Nach einer guten halben Stunde war es erreicht. Zimmer beziehen, frisch machen und schon ging es auf die hoteleigene Bowlingbahn. Erstaunlich, welche Reserven die „alten Herren“ noch freisetzen konnten. Nach 2 Stunden ließen die Kräfte aber nach. Es folgte das Abendessen, Diskussionen über das Erlebte am heutigen Tag und die Schachtglocke zur Nacht.
Der 2. Tag, Freitag der 17.Juni 2011
Nach ausgiebigem Frühstück ging es auf zur Besichtigung der Firma BWS BergwerksWerkzeuge Schmalkalden. Der Mitinhaber, Herr Michael Komotzki und zwei Werkstattleiter führten uns durch einen sehr sauberen und gut organisierten Betrieb. Von der magazinierten Meterware, über die auf Maß
geschnittenen, geglühten und aus der Presse kommenden Rohlinge, über das Kalibrieren und Fräsen, dass Einlöten von Hartmetallschneiden, bis zum Endprodukt; wir sahen die komplette Fertigungsschiene. Zur Produktpalette, ca. 1500 verschiedene Artikel ( ! ), zählen z.B. Bohrkronen, Schräm- und Hobelmeißel für den Steinkohlenbergbau in aller Welt, Schlitzwandmeißel für den Braunkohletagebau, u.v.a.m.
Im werkseigenen, bergbaulich getrimmten Salon mit Produktausstellung wurden wir gut bewirtet und ließen der regen Unterhaltung – wir hatten ja alle etwas mit der schälenden resp. schneidenden Gewinnung zu tun – sodann freien Lauf. Auf Wunsch der Firmenleitung sangen wir das Steigerlied. Als Dankeschön für die Werksbesichtigung überreichte der Verfasser im Namen der Gruppe den beiden Werkstattleitern ein Buch von Georg Agricola mit einer Widmung des BV und den Unterschriften aller Teil- nehmer. Es sollte, wenn gelesen, Bestandteil dieses Salons sein.
Die Zeit drückte. Der Firmenchef hatte für 13.30 Uhr eine Stadtführung in Schmalkalden organisiert. Pünktlich sammelten wir uns auf dem mittelalterlichen Marktplatz der 1135 Jahre alten Stadt, deren Ein- wohnerzahl derzeitig bei 18.000 liegt. Umgeben von architektonischen Raritäten, wie Fachwerkhäuser aus dem 15. – 18. Jahrhundert, wurden wir von unserer Stadtführerin Frau Schütze, ( wie sich später herausstellte, ein wandelndes Geschichtsbuch ) begrüßt, die auch sodann loslegte. Also, zwei grundverschiedene Artikel waren es, die Schmalkalden schon im Mittelalter über Deutschland hinaus bekannt machten : die Schmalkalder Artikel und die Schmalkaldischen Artikel. Durch reiche Erzvorkommen, Bergbau und Eisen verarbeitendes Handwerk entstanden Werkzeuge und Kleineisenwaren, die als Schmalkalder Artikel in die Welt exportiert wurden und der Stadt zur wirtschaftli-chen Blüte verhalfen.
Im Historischen Rathaus, der Gründerstätte des Schmakaldischen Bundes erfuhren wir nun, dass hier Martin Luther 1537 seine Schmalkaldischen Artikel vorstellte, ein Glaubensbekenntnis, dass 1580 von der evangelisch - lutherischen Kirche anerkannt wurde. Na, ist doch gar nicht so schwer, oder ?
Die ebenfalls im Zentrum der Altstadt stehende Stadtkirche St. Georg, erbaut um 1500, muss man mit einbeziehen in die Geschehnisse um die Reformation. Sie war eine von Martin Luthers Predigtstätten. Der bei Erdarbeiten auf dem Kirchhof entdeckte Gebeinekeller wurde mit einer Glasplatte abgedeckt und ist ebenfalls ein touristischer Anziehungspunkt.
So führte uns Frau Schütze dozierend durch die reizvolle Stadt, vorbei am Lutherhaus, bis zu unserem Bus, nicht ohne den Hinweis zu vergessen, dass sich ca. 700 m von uns entfernt auf einer Anhöhe der Tagesbruch ereignete, welcher im letzten Jahr durch die Medien eilte. Zur Ursache gefragt, meinte sie : „zur Aufklärung werde ich noch beitragen, schließlich sind immer noch rund 40 Personen evakuiert“! Wir verabschiedeten uns von ihr und fuhren zum Rennsteig nach Oberhof, um uns die Skisprungschanzen, das Biathlonstadion und die Bobbahn (war leider nicht zugänglich), anzusehen. Mit einer echten Thüringer Bratwurst im Magen (so fern es eine war), traten wir die Rückfahrt zum Hotel an.
Beim Klönschnack auf der Hotelterrasse wurde nun der Programmablauf für den nächsten, unseren letzten Tag durchdiskutiert. Unisono entschied sich die Gruppe für den Besuch von Schloß Wilhelmsburg in Schmalkalden, der uns von der Stadtführerin sehr empfohlen wurde, sowie für den Besuch der Wartburg in Eisenach, der eh schon geplant war.
Nach dem Abendessen bedankten sich die Mitglieder des BV beim Chef der Fa. BWS für seine tatkräftige Unterstützung und seine generöse Art. Sie überreichten ihm einen Ehrenhäckel und verliehen ihm den Titel „Fahrsteiger h.c“ , dokumentiert durch eine gerahmte Ehrenurkunde, auf der sich alle Teilnehmer der Schmalkaldentour 2011 verewigt hatten. Dazu gab es einen edlen französischen Tropfen. Interessante Gespräche, Dönekes, aber auch des Bergmanns Liedgut ließen den Abend gut gedeihen.
Der 3. Tag, Samstag der 18. Juni 2011
Frühstück und Auschecken. Schloß Wilhelmsburg wurde angesteuert.
Augenscheinlich ein Juwel unter den Renaissanceschlössern. Erbaut 1585 – 1590 unter Wilhelm dem IV als Nebenresidenz der hessischen Landgrafen. Ob nun Waffen, Rüstungen, Büsten, Gemälde, die älteste Holzpfeifenorgel Europas, oder Malereien in den Festsälen; man kann nicht alles aufzählen, was dem kulturell Interessierten hier geboten wird. Es würde den Rahmen sprengen. Man fühlt sich in das 16. / 17.Jahrhundert zurück versetzt. Auch hier sind die Spuren Martin Luthers nicht verkennbar.
Nach gut zwei Stunden ging es dann gegen 12.00 Uhr los in Richtung westfälische Heimat, mit dem festen Vorsatz, der Wartburg in Eisenach noch einen Besuch abzustatten. Doch auch wenn die Burg noch näher an der Autobahn gelegen hätte als sie schon lag, den Bus hätte niemand verlassen. Somit ist dieser Plan buchstäblich ins Wasser gefallen. Ein Gewitter mit lang anhaltendem Regen zog auf.
Jeden Morgen hatte Bruder Jochen (Brunken) während der morgendlichen Verabreichung der Stabilitäts medizin einen Blick zum Petrus gerichtet. Heute vermutlich nicht !? Um 17.30 Uhr hatten wir heimisches Terrain erreicht. Drei interessante, lehrreiche Tage gingen zu Ende. Schmalkalden ist eine Reise wert.
Jörg Gehle, Fotos: Rainer Meier
Autor:Rainer Meier aus Lünen |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.