Wilhelm Meier schwört auf den Wunder-Saft
Kräuter-Schnaps ist für Wilhelm Meier eine wichtige Zutat in seinem Rezept für ein langes Leben. Sonntag feiert der fitte Senior aus Lünen seinen hundertsten Geburtstag und sicher dann auch mit einem Schluck Wacholder.
Hundertjährige besucht man nicht alle Tage und so ist das Interview in Lünen-Süd ein besonderer Termin. Im Eingang zu der kleinen Wohnung steht ein Senior - aber ist das Wilhelm Meier? Der Mann sieht auf keinen Fall nach einem fast Hundertjährigen aus, eher nach siebzig bis höchstens achtzig Jahren. Der Mann mit den wachen Augen aber ist tatsächlich Wilhelm Meier. Lünen ist seit über sechzig Jahren seine Heimat, doch geboren wurde Wilhelm Meier in Dortmund-Derne. Im Alter von sechs Jahren geht er auf die Volksschule und macht sich nach der achten Klasse mit vierzehn Jahren auf die Suche nach Arbeit. Papa ist Bergmann und so landet auch der Sohnemann auf dem Pütt. Will lernt auf Zeche Gneisennau, erst über Tage, dann unter Tage.
Sohn starb auf der Flucht
Von Derne geht es zur Zeche nach Scharnhorst und schließlich meldet sich Wilhelm Meier freiwillig für die Wehrmacht - das rettet ihm wohl das Leben. "Bergmänner, die später verpflichtet wurden, kamen meistens direkt an die Front". Wilhelm muss erst zum Arbeitsdienst und wird dann Peilfunker in der Flugsicherung, landet schließlich wieder im Fliegerhorst in seiner Heimat Dortmund. Bomben fallen im Krieg aber auch auf Dortmund und Ehefrau Emma - die Tochter eines Arbeitskollegen - wird evakuiert, sie kommt mit dem kleinen Sohn in eine alte Schule bei Soest. Der Krieg macht nicht Halt und bei Nacht und Nebel sind Emma und ihr Sohn in Soest wieder auf der Flucht. "In Pferdekarren wurden wir zu den umliegenden Bauern gebracht", erinnert sich Emma Meier. Ihr Sohn erkältet sich schwer und stirbt später im Krankenhaus - ein zweites Kind kommt tot zur Welt. Das Ehepaar bleibt ohne Kinder. Wilhelm Meier arbeitet nach dem Krieg wieder als Bergmann, wird Sprengmeister und zieht mit seiner Frau nach Lünen.
Spaziergänge und Kräuter sind sein Rezept
Welches Rezept gibt es für ein langes Leben? "Von Arbeit wird keiner krank, aber wer malocht und keine Pausen macht, der wird krank", weiß Wilhelm Meier und ging mit seiner Frau gerne auf Reise. Im Auto fährt das Ehepaar durch die Bundesrepublik, mal in den Hunsrück, nach Bad Lahr oder für einen Spaziergang zum Schloss Westerwinkel bei Herbern. Hauptsache Bewegung an frischer Luft. Gemüse bauen die Eheleute im eigenen Grabeland an und Emma kocht daraus leckere Gerichte. Vitaminbomben für ein gesundes Leben sind die selbstgemachten Säfte aus Brombeeren und Holunderbeeren. Wilhelm Meier schwört nicht zuletzt auf einen Spezial-Trunk nach dem Rezept der bekannten Kräuter-Fachfrau Maria Treben. "Verschiedene Kräuter werden mit Alkohol aufgesetzt und ziehen dann in der Sonne - ein Wundersaft", erklärt der Senior. Heute produziert Wilhelm Meier nicht mehr selbst, der Kräuter-Wacholder - ein Geschenk von Großneffe Wolfgang und Großnichte Linda aus Bad Rothenfelde - ist aber ein guter Ersatz. Der Schnaps könnte gar Glück gebracht haben im Spiel von Borussia Dortmund gegen Benefica Lissabon am Mittwoch. "Im Einschütten fiel das erste Tor", grinst Wilhelm Meier, ein großer Fan der Borussia.
Kronjuwelen-Hochzeit im April
Im April dieses Jahres gibt es das nächste besondere Datum im Hause Meier, denn dann feiert das Ehepaar die Kronjuwelen-Hochzeit, das sind stolze 75. Jahre nach dem Ja-Wort. Ein Rezept gibt es von Willi auch für die Partnerschaft. "Leben bringt nicht nur Freude, in der Ehe gibt es mal Krach, aber wer da sofort die Flinte ins Korn wirft, der hat sie doch nicht alle", findet der alte Bergmann deutliche Worte. Zum Geburtstag am Sonntag gibt es keine große Feier. Gäste erwartet das Urgestein trotzdem, etwa den Bürgermeister, den Pastor oder Vertreter der Bergbau-Gesellschaft. Wilhelm Meier trinkt dann sicher einen Kräuter-Wacholder auf sein Wohl. Prost und alles Gute zum Geburtstag!
Thema "Geburtstag" im Lokalkompass:
>Papa bekam ein Baby zum Geburtstag
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