Kommentar: Auge auf die Nachbarn
Im Nachbarhaus, da wohnt doch diese junge Frau oder ist es der ältere Mann mit dem silbernen Auto? Unsere Nachbarn werden uns immer fremder - war das vielleicht auch der Grund, warum niemand etwas merkte von den Vorgängen in einer Wohnung in Lünen? Ein Kommentar von Daniel Magalski:
Montag stand die Mutter zum ersten Mal vor den Richtern am Landgericht in Dortmund. Im September vor sechs Jahren waren zwei Baby-Leichen in ihrer Wohnung in Lünen gefunden worden, darum geht es nun im Prozess. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Schuld der Frau, doch abseits der Gesetze stellt sich auch die Frage, was dieses menschliche Drama aussagt über unsere Gesellschaft und den Umgang mit unseren Mitmenschen. Zwei Kinder brachte die Mutter laut ihrer Aussage bei der Polizei ohne fremde Hilfe zur Welt. Zwei Geburten, nicht irgendwo in einem abgelegenen Haus im Wald, sondern in ihrer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Mitten in Lünen. Zwei Kinder, die doch sicher mal weinten oder schrien während ihres kurzen Lebens – warum erregte das keine Aufmerksamkeit? Die Wohnung war am Ende voller Müll - warum bemerkte das niemand in der Nachbarschaft? Antworten auf diese Fragen wird es wohl nicht geben, aber eine Vermutung: Unser Leben ist immer mehr geprägt von Anonymität, oft kennt man kaum den Mieter auf der anderen Seite des Hausflurs und erst recht nicht den Bewohner des Nachbarhauses. Wir müssen hinsehen und uns für unsere Nachbarn interessieren, dann bemerken wir auch, wenn etwas aus der Bahn läuft in ihrem Leben.
Thema "Baby-Leichen" im Lokalkompass:
> Prozess-Auftakt: Baby lag tot auf der Couch
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