"Kinder-Entführung" kommt aus Gevelsberg
Eltern ist die Vorstellung ein Horror und so verbreitete sich Mittwoch eine Meldung über die versuchte Entführung eines Kindes in rasender Geschwindigkeit. Der Lüner Anzeiger setzte sich auf die Spur der Nachricht und fand ein erschreckendes Beispiel für die Macht und Gefahren der sozialen Netzwerke.
In WhatsApp-Gruppen macht die Sprachnachricht am Mittwochabend in Lünen die Runde: Eine Mutter erzählt, dass ein schwarz gekleideter Mann "heute" versucht habe, ihre Tochter in ein schwarzes Auto zu ziehen, dem Kind gelang aber die Flucht. Eltern sollten auf ihre Kinder aufpassen, warnt die "Mutter", die Polizei sei informiert und fahre verstärkt Streife. Im Text, der mit der Nachricht verschickt wird, ist von der Leoschule die Rede. Die Redaktion des Lüner Anzeigers setzt sich noch am Abend mit der für Lünen zuständigen Polizei in Dortmund in Verbindung, doch hier weiß man nicht von einem solchen Vorfall. Matthias Flechtner, der Schulleiter der Leoschule, erfährt ebenfalls erst am Mittwochabend von dem angeblichen Vorfall an seiner Schule - allerdings über die sich wie ein Lauffeuer verbreitende Nachricht und nicht etwa persönlich von den Eltern des laut Text betroffenen Mädchens. Donnerstagmorgen spricht Flechtner zur Sicherheit sofort mit allen Schülerinnen mit dem in der Nachricht genannten Vornamen. "Kein Kind wurde irgendwie belästigt oder ähnliches", so der Schulleiter und schreibt das kurze Zeit später auch auf der Facebook-Seite der Schule.
Leoschule ein "Opfer" der sozialen Medien
Recherchen des Lüner Anzeigers führen am Donnerstagvormittag dann zu einer Pressemitteilung der Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis. "Verdächtiges Ansprechen von Kindern" lautet die Überschrift und der Inhalt ähnelt bis auf Nennung der Leoschule und die Schilderung zur Kleidung und Auto des verdächtigen Mannes stark dem der Sprachnachricht bei WhatsApp. Ein Anruf bestätigt den Verdacht. "Ja, der Sachverhalt stammt aus Gevelsberg", erklärt eine Sprecherin der Kreispolizei Ennepe-Ruhr. Nach Gesprächen mit dem Mädchen habe sich herausgestellt, dass das Kind vermutlich nur angesprochen wurde, in den sozialen Netzwerken entwickelte der Vorfall aber eine Eigendynamik und das führte zu Falschmeldungen. In Wuppertal, in Hagen und auch in Lünen. Die Leoschule hat mit dieser Meldung rein gar nichts zu tun, fand aber wie beim Spiel "Stille Post" im Laufe der vielen Weiterleitungen von Handy zu Handy den Weg in die Geschichte. "Nachrichten sollte man immer auf den Wahrheitsgehalt prüfen und die Quellen hinterfragen, bevor man sie ungefiltert an weitere Personen schickt und an seine Kinder weiter gibt", rät Nina Vogt von der Pressestelle der Polizei in Dortmund. Eltern sollten ihre Kinder ohne Panik zu verursachen auf Augenhöhe über das richtige Verhalten gegenüber Fremden aufklären und ihr Selbstbewusstsein stärken, so Vogt.
Thema "Schulweg" im Lokalkompass:
> Kommentar: Rücksicht auf den Nachwuchs
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