Dach über dem Kopf: Damit der Tod nicht nachts auf der Parkbank kommt

Günter Haeser (l.), Martina Heuer und Pfarrer Clemens Kreiss (r.) von der St.-Marien-Gemeinde überreichten Pfarrer Ulrich Klink (2. v. r.) den Spendenscheck. Foto: Backmann-Kaub
  • Günter Haeser (l.), Martina Heuer und Pfarrer Clemens Kreiss (r.) von der St.-Marien-Gemeinde überreichten Pfarrer Ulrich Klink (2. v. r.) den Spendenscheck. Foto: Backmann-Kaub
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Ein „Dach über dem Kopf“ braucht jeder. Doch nicht jeder hat eins. Wie Sebastian. Der heute 29-Jährige kam vor Jahren mit seinen Eltern aus Osteuropa nach Lünen. Irgendetwas lief schief im Leben von Sebastian. Heute hängt er an der Nadel. Nach einer langen Leidensgeschichte flog er raus bei den Eltern. Sie konnten das Elend nicht mehr mitansehen.

Auch die Beziehung zur Freundin ging in die Brüche. Und dann saß Sebastian eines Tages auf der Straße und wusste nicht wohin. Im Sommer schlief er im Stadtpark. Dann wurde es kälter. Selbst mit Schlafsack war es in der Passage irgendwann eiskalt. Wohin?

Der Heroinabhängige fragte Kumpels und von einem bekam er den erlösenden Tipp: „Dach über dem Kopf“. So heißt ein Lüner Verein, der es sich vor gut 15 Jahren zur Aufgabe gemacht hat, die Situation obdachloser Menschen in Lünen zu verbessern.

Den tatkräftigen Ehrenamtlichen, knapp 50 Mitglieder sind es heute, gelang es in Zusammenarbeit mit der Stadt, menschenwürdige Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose zu schaffen. „In der Übernachtungsstelle Auf dem Ringe bieten wir zehn Plätze in Einzelzimmer an. Extra keine Sammelunterkunft, sondern eigene Zimmer mit Tisch, Bett, Schrank und Stuhl“, erklärte Pfarrer Ulrich Klink, Vorsitzender des Vereins, heute im Pfarrzentrum St. Marien, wo ihm ein Scheck über 300 Euro überreicht wurde.

Klink erzählte, wie es so abläuft Auf dem Ringe: Meist treffen die Obdachlosen zwischen 19 und 21 Uhr ein, in mehr oder weniger alkoholisiertem Zustand. Sie können sich in der Küche etwas zu essen zubereiten. Sie können duschen und es gibt auch eine kleine Kleiderkammer. Im Gemeinschaftsraum steht ein Fernseher. Der Hausmeister sieht nach dem Rechten. Bis 9 Uhr morgens müssen die Übernachtungsgäste wieder verschwunden sein.

„In den wärmeren Jahreszeiten ist die Dauer des Aufenthaltes begrenzt - nach spätestens vier Wochen Daueraufenthalt muss der jeweilige Bewohner das Haus verlassen. Während der kalten Jahreszeit, vor allem bei Temperaturen, die zu Erfrierungen führen können, wird kein Druck auf die Übernachtungsgäste ausgeübt.“ So heißt es in den Statuten von „Dach über dem Kopf“.

Im Prinzip werden nur Männer aufgenommen, weil das Miteinander von Männlein und Weiblein zu Konflikten geführt hat. Kamen früher nur die klassischen Tippelbrüder, sind es heute auch viele junge Gestrauchelte, für die nicht Alkohol, sondern (andere) Drogen das Problem sind. Im Schnitt nutzen vier Obdachlose pro Nacht das kostenlose Angebot.

„Wir leben zum größten Teil von Spenden und brauchen rund 45.000 Euro im Jahr“, sagt Pfarrer Ulrich Klink. Sowohl von der evangelischen als auch von der katholischen Kirche in Lünen wird „Dach über dem Kopf“ unterstützt.

Dankbar nahm Klink die Spende der Gemeinde St. Marien entgegen. Die 300 Euro sind Teil des Erlöses des letzten Gemeindefestes. (Der Rest fließt in die neue Küche des Pfarrzentrums St. Marien.)

Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit ist die Übernachtungsstelle ganz wichtig. Für Leute wie Sebastian. Denn draußen auf der Parkbank kann das Leben schneller zu Ende sein als man denkt.

Autor:

Doro Backmann-Kaub aus Lünen

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