„Der Vorstand hat sich reinreden lassen“
Von Patrick Schroer, Ruhr Nachrichten Lünen
Lünen. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Mario Plechaty trennt sich zum Saisonende vom Lüner SV und wechselt zum FC Iserlohn. Im großen Interview wollten wir vom 48-Jährigen wissen, welche Gründe ausschlaggebend waren und wie die Stimmung beim LSV aktuell ist. In unserem Interview mit Sportredakteur Patrick Schröer (r.) hat sich Mario Plechaty (l.), aktuell noch Trainer beim Lüner SV, zu den jüngsten Ereignissen beim LSV geäußert. Die Goldstein- + Janning-Fotos zeigen den jungen Plechaty als LSV-Spieler und den heutige Plechaty als gereiften Trainer.
Die Wege von Fußball-Westfalenligist Lüner SV und Trainer Mario Plechaty (48) trennen sich zum Ende der Saison. Wir wollten von Plechaty noch einmal die genauen Gründe für seine Entscheidung, den LSV zu verlassen und zum FC Iserlohn zu wechseln, wissen.
Herr Plechaty, momentan herrscht beim Lüner SV eine turbulente Zeit, die auch Sie persönlich betrifft. Sie verlassen den LSV ja zum Ende der Saison. Wie geht es Ihnen momentan?
Mir geht es gut – außer, dass ich im Umzugsstress bin. Wir haben in Capelle gebaut und sind letztes Wochenende umgezogen. Das ist momentan echt viel. Was den Lüner SV betrifft oder auch Iserlohn: Da wird viel erzählt momentan. Natürlich ist die Konstellation komisch, dass ich Nachfolger von Christian Hampel werde und er jetzt hier Sportlicher Leiter geworden ist. Ich habe aber kein Problem damit. Ich habe das schon vor ein paar Wochen geahnt und ich kann damit umgehen.
Wie sieht es mit der Mannschaft aus?
Ich habe das Gefühl, dass ich bei der Mannschaft noch gut ankomme, auch wenn das Spiel in Schüren nicht gut war. Ich hoffe, dass wir gegen Wickede eine Reaktion zeigen. Ich habe der Mannschaft gesagt, dass ich zu 100 Prozent beim LSV bin. Ich habe mir vorgenommen, das hier vernünftig zu Ende zu bringen. Mein Ziel ist es, mit der Mannschaft unter die ersten Sechs zu kommen. Da muss aber auch innerhalb der Mannschaft etwas passieren, was zum Beispiel Einstellung und Mentalität angeht.
Die Stimmung im LSV-Umfeld ist unruhig. Nehmen Sie davon auch etwas mit nach Hause?
Mittlerweile nicht mehr. Ich muss aber sagen: Wenn man sich heutzutage mit allem beschäftigt, was Facebook und Instagram angeht – ich gucke da schon überhaupt gar nicht mehr rein. Da wird so viel Mist geschrieben von Leuten, die überhaupt nicht wissen, was los ist und überhaupt nicht nah genug am Verein dran sind. Ich weiß, dass ich immer in den Spiegel gucken kann. Ich habe in Mengede eine gute Zeit gehabt, ich habe hier in Lünen eine tolle Zeit gehabt und habe sehr viel bewirkt. Ich bin hierher gekommen, da war der Lüner SV Letzter in der Landesliga. Wir haben tolle Jahre gehabt. Ich wäre auch gerne in die Oberliga aufgestiegen, ich weiß aber auch, was dazugehört. Das fehlt hier noch. Vom Umfeld wird zuviel Druck aufgebaut, weil der Lüner SV meiner Meinung nach noch nicht so weit ist. Der LSV braucht noch ein, zwei Jahre. Ein paar Strukturen müssen noch geändert werden, aber da ist der LSV ja jetzt auch dabei.
Gibt es aktuell Momente, in denen Sie keine Lust mehr auf Fußball haben?
Habe ich auch mal, ja. Das kommt allerdings selten vor. Im Winter gibt es diese Phasen oder wenn wir mal eine schlechte Trainingsbeteiligung haben, da hat man auch mal Phasen als Trainer, in denen man denkt: ‚Was tust du dir den Scheiß noch an?‘ Ich bin aber immer noch gerne Trainer. Vier, fünf Jahre möchte ich noch Trainer sein. Mir ist aber klar, dass man sich verändern muss, auch was Taktik angeht, die Spieler fordern das auch mehr.
Warum genau trennen sich im Sommer die Wege zwischen Ihnen und dem Lüner SV?
Ich habe mich selbst erschrocken, dass ich schon sechs Jahre hier bin. Mir kam es eher vor wie vier oder viereinhalb Jahre. Man merkt, dass man etwas Neues braucht. Das alles fing in der letzten Saison schon mit der Trennung von Hasan Kayabasi an, jetzt im Winter die Trennung von meinem Co-Trainer Andreas Teichmann, was ich nicht so positiv fand. Da gingen die Meinungen auseinander. Am Anfang der Saison waren alle euphorisch, aber da wurde auch wieder sehr schnell Druck aufgebaut, wo ich aber mit umgehen kann. Wir sind dann auch gut reingekommen, aber dann gab es halt eine Phase, in der sich viele Spieler verletzt haben. Ich fand trotzdem, dass wir eine gute Hinrunde gespielt haben – auch mit den Pokalspielen. Das hat aber auch Körner gelassen.
Und dann?
Mir war es danach im Umfeld und von Vereinsseite aber alles zu negativ. Dann fing es an, dass beide Seiten gemerkt haben, dass man etwas Neues ausprobieren muss. Ich bin ein Trainer, der früh planen möchte. In dem Moment hat mir dann auch die Rückendeckung gefehlt. Auch die Hallenturniere fand ich sehr übertrieben, das muss man trennen. Ich finde, dass das hier zu extrem gesehen wird. In Dortmund damals war das eine einmalige Sache. Dieses Turnier gewinnst du einmal in 10, 15 Jahren. Ich habe es mit Mengede kein mal geschafft und wir hatten drei, vier Mal die beste Hallenmannschaft. Dass wir da ausgeschieden sind, war nicht gut, aber kann passieren. Das war mir dann alles zu negativ. Ich hatte das auch nicht verdient und hatte auch ein schlechtes Gefühl. Das hatte ich dem Vorstand auch so gesagt und da gingen dann die Meinungen auch mal auseinander. Dann wollte ich eine klare Aussage, aber im Endeffekt hat mir das alles zu lange gedauert. Ich hatte dann auch ein paar Angebote vorliegen, die ich mir angehört habe – unter anderem auch von Iserlohn. Ich habe mir dann eine Woche Zeit gegeben. Lünen wollte mit mir dann im Trainingslager sprechen. Da wusste ich auch nicht, wo die Reise hingeht. In der Türkei habe ich dann gesagt, dass ich aufhöre. Ich glaube, da hatte der Vorstand auch nicht mit gerechnet. Ich weiß aber auch nicht, ob Lünen mit mir weitermachen wollte. Ich hatte das dann aber für mich entschieden, weil das Gespräch in Iserlohn so gut war. Auch wenn ich mich wohlgefühlt habe, vielleicht hätte ich schon vor ein, zwei Jahren aufhören sollen.
Sie haben Andreas Teichmann kurz angesprochen. Können Sie uns verraten, warum sich der Verein von ihm getrennt hat?
Er ist ein guter Freund von mir. Er ist auch ein sehr guter Co-Trainer. Er ist aber kein normaler Co-Trainer, dafür ist er auch einfach zu gut und zu fußballbekloppt – im positiven Sinne. Auch da hat sich der Vorstand von gewissen Leuten reinreden lassen. Es wurden Sachen erzählt, die nicht zu 100 Prozent stimmten. Der Vorstand hat sich dann dazu entschieden, dass er aufhören solle, weil es zwischen ihm und mir nicht mehr passt. Das stimmt aber nicht. Wir sind immer noch befreundet. Ich wollte aber jetzt nicht direkt mit aufhören, dafür bin ich kein Typ. Ich bringe das alleine zu Ende. Das war aber schon komisch für mich und ich fand das auch nicht in Ordnung. Was da erzählt worden ist, bleibt aber intern.
Sie haben jetzt häufiger schon das schwierige Umfeld genannt und gesagt, dass viele reinreden. Wen meinen Sie damit denn?
Wer den Lüner SV kennt, der weiß, dass auch immer 30 Leute auf der Tribüne sitzen. Es sind Sponsoren, Altherren-Spieler, Zuschauer, die schon lange da sind. Da kann ich 1000 Leute aufzählen. Man darf nicht vergessen: Als Hasan Kayabasi noch da war, hatten wir als Trainer Ruhe. Das war wichtig für uns. Danach haben das ja der Andreas und ich gemacht. Ich finde den Bereich „Sportlicher Leiter“ extrem wichtig für den Lüner SV. Das habe ich dem Vorstand auch ganz klar gesagt. Das haben sie auch gemacht und das war positiv.
Der Lüner SV hat nun ein paar Entscheidungen getroffen. Marc Woller wird Trainer, Christian Hampel Sportlicher Leiter. Sind das richtige Entscheidungen?
Ich kenne Marc Woller sehr lange. Ich finde den menschlich sehr korrekt, wir telefonieren auch manchmal. Er hat in Kaiserau super Arbeit geleistet. Da würde ich nie etwas Negatives drüber sagen. Mit Christian habe ich auch kein Problem, wobei da mit Sicherheit auch viel erzählt wird. Ich sage nichts Schlechtes über ihn und er auch nicht über mich. Sicherlich ist da ein bisschen Feuer drin, was von Außen reingetragen wird. Er ist ein erfahrener Trainer, der hier lange war. Ob er jetzt Trainer oder Sportlicher Leiter werden wollte, kann ich nicht beurteilen. Ich weiß, dass auch noch andere Namen im Gespräch waren, die vielleicht nicht geklappt haben, die Entscheidung mit Christian ist jetzt aber mit Sicherheit nicht falsch. Klar ist es jetzt ein bisschen komisch, dass er ein paar Spieler aus Iserlohn mit nach Lünen nimmt, aber das kann ich auch trennen. Ich werde aber wohl auch zwei, drei Spieler mit nach Iserlohn nehmen. Ich freue mich auf die Spiele in der nächsten Saison und hoffe, dass dann beide Mannschaften noch in der Westfalenliga spielen.
Haben Sie in Iserlohn schon einen Co-Trainer an Ihrer Seite?
Ja, der Dennis Hübner wird mein Co-Trainer. Ich wollte auch mal etwa Neues ausprobieren. Dennis hat uns ja schon mal als zweiter Co-Trainer geholfen. Er ist Sportinvalide und hat vor einem halben Jahr seinen B-Schein gemacht. Er ist ein junger, ehrgeiziger Trainer. Marcus Kuhlmann habe ich auch gefragt, aber er schafft das zeitlich nicht mehr. Mein Sohn Sandro wird auch mitkommen und beim Training helfen.
Sie sind nach Capelle umgezogen. Bis nach Iserlohn ist es aber schon ein Stück zu fahren. Wie händeln Sie das?
Das war ein Faktor, bei dem ich auch lange überlegt habe. Ich arbeite in Dortmund und ich kann dann natürlich nicht nach Hause fahren. Ich fahre dann direkt von der Arbeit zum Training. Von Dortmund aus fährt man 20 bis 25 Minuten. Dennis Hübner kommt zum Beispiel auch aus Dortmund, vielleicht bilde ich mit ihm auch eine Fahrgemeinschaft. Ich bin das gewohnt, bin mein ganzes Leben viel mit dem Auto gefahren. Wenn das so 30, 35 Minuten sind, ist das okay. Ich habe mir das lange überlegt. Ich bin ein verwöhnter Trainer. Bei allen Vereinen, die ich trainiert habe, waren es schöne Zeiten – auch in Körne und Südkirchen. Dort habe ich als Spielertrainer viel gelernt. Mit Mengede und Lünen bin ich verwöhnt mit Stadion und Kunstrasen. Das war mir auch wichtig. Iserlohn hat sogar zwei Stadien , das ist ein riesiger Verein mit einem richtig guten Umfeld. Für einen guten Verein muss man vielleicht auch mal zehn Minuten länger fahren. Vielleicht trainiere ich in zehn Jahren ja den SC Capelle in der Kreisliga B, wer weiß das schon (lacht).
Warum ging es eigentlich nach Capelle?
Dadurch, dass ich in Südkirchen zwei Jahre Spielertrainer war, habe ich, immer wenn ich dort runtergefahren bin, gedacht, dass ich in einen Kurort fahre. Das hat mir total gefallen. Meine Frau hat zuletzt in Nordkirchen gearbeitet, arbeitet jetzt in Münster und wir wollten einfach nach der Insolvenz der Soccerhalle, wir hatten ja ein Haus in Brambauer. Wir wollten es immer ein bisschen ländlich.
Also ein kompletter Neuanfang in diesem Jahr...
Ja, auf jeden Fall. Bei uns ist privat auch viel passiert. Jetzt ist wieder alles positiv. Neuanfang passt schon. Man sieht sich aber immer zwei Mal im Leben. Vielleicht komme ich zum LSV irgendwann zurück – als Trainer, Sportlicher Leiter oder Präsident (lacht).
Autor:Lüner SV Fußball e.V. aus Lünen |
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