TV Eintracht Brambauer
Der TV Eintracht während der Weimarer Republik
Wen die ersten 10 Jahre des Vereinslebens bzw. der Teil zur Entstehung des Handballs in Brambauer interessieren, sei auf die bisher veröffentlichten Teile verwiesen, zu Teil 1 kommen Sie hier: Geschichte Teil 1
Allgemeine Bemerkungen
Die Jahre der Weimarer Republik waren - nicht nur in Brambauer - zum einen geprägt von der Ruhrbesetzung durch die Franzosen und der Inflation, die aber schon im letzten Teil abgehandelt wurden, zum anderen durch die Weltwirtschaftskrise, die die exportorientierte Wirtschaft des Ruhrgebiets besonders hart traf (vgl.: Westfalen während der Weimarer Republik). Sie führte zu einem drastischen Einbruch im Bergbau und im Frühjahr 1932 waren allein im Ruhrbergbau, der in Brambauer mit Minister Achenbach den größten Arbeitgeber stellte, über 120.000 Menschen arbeitslos. Dies hatte eine Verarmung der Bevölkerung zur Folge und die Betroffenen machten in ihrer Verbitterung die demokratischen Parteien, die schon mit einer schweren Bürde in die Republik gestartet waren, sowie die zugehörigen Politiker verantwortlich.
Doch der Reihe nach:
Widrigkeiten
Während 1924 das Damenturnen im TV Eintracht seinen Anfang genommen hatte, liegt im darauffolgenden Jahr die Geburtsstunde des Handballs (vgl.: Geburtsstunde des Handballs in Brambauer), aus der später der so erfolgreiche VfL Brambauer hervorgehen sollte. Im Jahresbericht zum Jahr 1924 ist noch nachzulesen, dass durch die schlechte Witterung der „Sportplatz“ im Volkspark (dem heute durch die Volksparkfreunde wieder zu altem Glanz verholfen wird) kaum zu nutzen war und sowohl das volkstümliche Turnen (zur Erinnerung: gemeint ist die Leichtathletik) als auch der Spielbetrieb gelitten hatten. 1924 tauchen auch zum ersten Mal in den Protokollen Bemerkungen zu politischen Bestrebungen auf. Den Rückgang der Beteiligung an Turn- und Spielbetrieb führte man auf die Mitgliedschaft einiger Turner im Westfalen-Treubund, einer den Nationalsozialtisten nahestehenden Organisation zurück. Daher wurde den Turnern in dieser Sitzung „verboten, mit Abzeichen des Westfalen Treubundes zum Turnen sowie in der Turnhalle zu erscheinen.“
Im Jahr 1925 stellten sich der weiteren Betätigung der Aktiven große Schwierigkeiten in den Weg. Die oben aufgeführte zunehmende Arbeitslosigkeit bewirkte, dass manchem Turner die Mittel fehlten, um am Übungsbetrieb teilzunehmen. Doch man gab nicht auf.
Schau- und Werbeturnen
Am 19. April 1925 trat der Verein erstmalig mit einem Schau- und Werbeturnen an die Öffentlichkeit. Leider gibt es darüber heute keine Unterlagen mehr, nur eine Notiz in den Protokollen sowie die Bemerkung: „Das Fest wurde in einem großen Rahmen durchgeführt und zeigte in seinen Darbietungen einen Querschnitt der Arbeit unserer Turnerinnen (wer hätte gedacht, dass so ein traditioneller Verein sprachlich seiner Zeit so weit voraus ist) und Turner“ in der Festschrift von 1949. Auch in den folgenden Jahren wird immer wieder versucht durch Sommeranturnen, Winterfeste mit Schauturnen oder weiteres Schau- und Werbeturnen, die Mitglieder zu halten bzw. neue zu gewinnen.
Zudem tritt man bei Vereinsfesten anderer Vereine, wie z.B. 1928 beim evangelischen Bürger- und Arbeiterverein auf, um sich zu präsentieren. Der 1. Vorsitzende spricht den Mitwirkenden dafür seinen Dank aus, was an anderer Stelle der Geschichte noch einmal interessant sein wird.
Sportliche Erfolge
In den Protokollen ist aber auch von sportlichen Erfolgen die Rede: Am Sternlauf von Aachen zum Hermannsdenkmal in der Nacht vom 15. Auf den 16. August 1925 beteiligten sich auf dem Westfalendamm in Dortmund Wilhelm Reinsch, Wilhelm Leyendecker, Karl Fälker, Herbert Dinstel, Bruno Teuber und Josef Grein.
Von einer Abordnung zum Stuckenbergfest bei Herford im September 1925 konnten die Turnbrüder Hermann Koch und Bruno Teuber zwei Siege erringen.
Leider fehlen die Jahresberichte zum Turn- und Spielbetrieb aus 1925, die in einem besonderen Aktenstück eingeheftet waren. Daher kann nur auf die Festschrift aus 1949 zurückgegriffen werden.
Jansen übergibt an Norkus
In der Jahreshauptversammlung von 1926 gab es einen Einschnitt in der Vorstandsarbeit. Der bisherige 1. Vorsitzende Johannes Jansen lehnte eine Wiederwahl aus geschäftlichen Gründen (zur Erinnerung Johannes Jansen besaß ein Photoatelier auf der Waltroper Straße) ab. Fast 12 Jahre hatte er die Geschicke des Vereins geleitet. Der Antrag, ihn für seine Tätigkeit als 1. Vorsitzender und Mitbegründer des Vereins zum Ehrenvorsitzenden zu ernennen, wurde einstimmig angenommen. Nach einer kurzen Bedenkzeit erklärte sich Paul Norkus bereit, das Amt zu übernehmen.
Vielzahl von Aktivitäten
Es gab in der Folgezeit eine Menge an Aktivitäten, so startete am 29. Januar 1926 das Turnen der Altersriege, die sicherlich als Vorläufer des späteren Jedermanns beziehungsweise Er-und-Sie Turnens gesehen werden kann.
Zudem wurde 1926 der Pachtvertrag für einen „vereinseigenen Sportplatz“ unterschrieben, der später dann mit einem 2 m hohen Zaun umfriedet wurde. Vielleicht erinnert der ein oder andere sich noch an diesen Sportplatz. Er befand sich direkt neben dem Marktplatz, heute ist dort ein Spielplatz.
Der gesellige Teil des Vereinslebens bekam zu dieser Zeit einen höheren Stellenwert. Neben den Monatssitzungen, an der alle Vereinsmitglieder teilnehmen konnten, wurden Wanderungen geplant und durchgeführt, zum Beispiel zum Harkortsee oder zur Glörtalsperre, Aufführungen wie Wilhelm Tell in Witten besucht, sowie nach den Monatssitzungen Turnlieder eingeübt. Im Dezember 1926 gab es zum ersten Mal kleine Weihnachtsgeschenke für die jugendlichen Vereinsmitglieder, diese Tradition gibt es auch heute im Verein. Vereinslokal wurde Schlabs.
Neue Abteilungen wurden gegründet, aber auch schnell wieder aufgelöst, man probierte sich aus. So 1926 nach Verhandlungen mit dem Schwimmsportverein Waltrop, das Freibad in Brambauer wurde erst später gebaut, eine Schwimmabteilung für Männer und Frauen (erster Termin für die Männer: 10.07.1926) unter der Leitung der Turnbrüder Lemmes und Richel. Im Oktober des gleichen Jahres versuchte man es zudem mit Fußball unter Turnbruder Michtelamis, auch das schlief wieder ein. Im Jahr 1927 eine Fechtabteilung, der durch die Turnbrüder Norkus und Hock zwei Fechtgarnituren geschenkt worden waren.
Finanzielle Sorgen
Immer wieder spiegeln sich die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auch in den Protokollen des TV Eintracht wider, wenn finanzielle Probleme der Mitglieder angedeutet werden und für minderbemittelte Jugendliche die Fahrtkosten bei Ausflügen, das Startgeld für Wettturner und das Fahrgeld für Wettkampfmannschaften aus der Vereinskasse übernommen werden soll. Sogar auf die Teilnahme an den Bezirksmeisterschaften im Faustball verzichtet man 1927 wegen der hohen Kosten. Augenmerk liegt schon in dieser Zeit - wie auch heute noch – auf der guten Ausbildung der „Vorturner“, es werden „Mittel und Wege gesucht“, um den Mitgliedern die Teilnahme an Lehrgängen zu ermöglichen. Man war der Meinung, dass gut ausgebildete Vorturner ihr Wissen weitergeben können und dies die Grundlage für einen guten Sportbetrieb bildet.
In das Jahr 1927 fällt die Gründung einer Tradition, die bis heute aufrechterhalten wurde, nämlich die des Himmelfahrtwandertages. Die erste Wanderung arbeiteten die Turnbrüder Nebelsick und Sigger aus.
Das deutsche Turnfest in Köln
1928 fuhren 18 Mitglieder des TV Eintracht zum Deutschen Turnfest nach Köln, an dem 300.000 Menschen aus 21 Ländern teilnahmen und das von 200.000 Zuschauern besucht wurde. Höhepunkt waren Freiübungen von 20.000 Turnerinnen und Turnern auf den Jahnwiesen, deren Bild in der heutigen Zeit einen faden Beigeschmack hinterlässt, in der damaligen Zeit bestimmt beeindruckend war. Zur Ergänzung: Wer das Turnen und den Turner-Bund wegen dieser Turnfeste heute pauschal kritisch sieht, dem seien die „Deutschen Kampfspiele“ der Weimarer Republik ans Herz gelegt, bei denen auch andere Sportarten ausgeführt wurden (vgl.: Deutsche Kampfspiele).
Jugendarbeit
Bei der Jugendarbeit ging es in diesen Jahren aufwärts, vielleicht liegt es daran, dass der Beitrag erst bei nur 0,10 M liegt und später in dieser Altersgruppe (bis 17 Jahre) ganz entfällt. Auch Erwerbslosen wurde nach 1930 der Beitrag gestundet.
Beim Gaujugendtreffen in Lütgendortmund (12.06.1927) konnte Else Höhle in ihrer Klasse den 1. Platz im volkstümlichen Dreikampf (bestehend aus: 150 m Lauf, Kugelstoßen mit Anlauf und Hochsprung) erringen und Edmund Damp in seiner Klasse den 2. Platz. Auch die zu dieser Zeit erfolgreiche 4 x 100 m Staffel bestehend aus den Turnern Damp, Mühlmann, Bosselmann und Köhler erreichte den 1. Platz.
Die Jugend-Handballmannschaft wird 1930 Gaumeister, nachdem sie bis zum 20. Januar 1930 ohne Verlustpunkt geblieben war.
Das Turnen der Schülerinnen und Schüler musste 1930 zeitlich getrennt werden, da die Räumlichkeiten dem stark angewachsenen Turnbetrieb der Schülerabteilung nicht mehr ausreichten.
Die Damen gehen voran
Wie in Teil 3 schon bemerkt, hatten sich die Damen schnell in allen Bereichen des Vereins etabliert. 1930 waren sie den Männern sogar einen Schritt voraus, als mit Hanna Große-Wortmann eine Turnschwester zur Bezirksturnwartin gewählt wurde. Sie zeigt auch, dass man Trends aufgreifen sollte, um attraktiv zu bleiben, als sie die Anschaffung eines Schwingballs beantragt, ein Sportgerät, das erst ein Jahr zuvor (1929) zum Patent angemeldet worden war.
Erste Schatten
Wie eingangs angesprochen machten viele von Erwerbslosigkeit Betroffene die demokratischen Parteien für ihre missliche Lage verantwortlich, das war in Brambauer nicht anders. So ist zu verstehen, dass der 1. Vorsitzende in der Monatssitzung des Vereins nach den Landtagswahlen von 1932, bei denen die NSDAP an Stimmen deutlich zugelegt hatte, der „Hoffnung Ausdruck gibt, dass in Zukunft auch bessere Unterstützung der DT-Vereine erfolgen möchte“. Doch dazu in der nächsten Folge.
Zum Abschluss dieses Teils freuen wir uns mit dem TV Eintracht über den dreimaligen Gewinn der -Wettkämpfe anlässlich des Verfassungstages (der 11. August war Nationalfeiertag) der Weimarer Republik im Jahr 1932, wodurch die Plakette der Stadt Lünen, die durch das Jugendamt übergeben wurde, in Vereinsbesitz überging.
- wird forgesetzt
- nähere Informationen zum Verein finden Sie unter tve-brambauer
Falls jemand Personen auf den Bildern erkennt, würde ich mich über eine Rückmeldung freuen.
Autor:Martina Seeliger aus Lünen |
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