Als „Biene“ Dongard an die Tür zur Handball-Bundesliga klopfte
Von Bernd Janning
Lünen. Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre. Der Frühschoppen am Sonntagmorgen ist schon fast ganz trocken gelegt. Aber es gibt noch Rituale, die leben vereinsübergreifend weiter.
Ob die Fans des Lüner SV oder insbesondere die des BV Brambauer. Viele guckten erst ab 15 Uhr Fußball in der Kampfbahn Schwansbell oder im damaligen Freibad-Stadion. Zwei Stunden später zahlten sie Eintritt in die Halle des VfL Brambauer an der Diesterwegstraße: Auf dem Programm: Ab 17 Uhr Damen-Handball der Extraklasse.
In der Halle, die offiziell für 400 Zuschauer zugelassen ist, war es meist voller als in einer Sardinen-Büchse, 600 Fans und mehr. Die Stimmung war wahnsinnig gut. Eine der Schlüsselspielerinnen damals: Sabine Dongard. Am 25. Januar 1959 geboren, wird sie jetzt am Freitag 60 Jahre alt.
Zur Welt gekommen im benachbarten Waltrop, nahm sie mit Beginn des Jahres 1974 beim VfL erstmals den Ball in die Hand. Der Rückraum halblinks wurde ihre Position. Auf dieser spielte sie sich über die Kreis-, Bezirks und Westfalenauswahl in den Kader der Nationalmannschaft.
Sie erinnert sich mit etwas Wehmut: „Es war der Kader, der damals für die Weltmeisterschaft aufgebaut wurde. Leider bin ich nicht, wie meine Mitspielerinnen Corinna Kunze und Maike Bötefür, zu einem Bundesliga-Klub gewechselt. Der damalige Nationaltrainer Tschochochei berücksichtige nur Spieler aus der 1. Liga, nicht mehr aus der Regionalliga. Darum kam ich auch „nur" zu zwei Länderspielen, die während der Vorbereitung in Würzburg stattfanden.“
Regionalliga, das waren noch Zeiten, in den sie und ihr Team siegesgewiss mit dem Schlachtruf „Wir schaffen den Aufstieg in die Bundesliga“ gingen. Sie selbst steuerte ihren Erfolgsanteil, der die Sieben um Trainer Theo Wohlgemuth direkt in die Aufstiegsrunde zur ersten Klasse führte, mit dazu bei. Mit 54 Toren aus 21 Spielen war sie hinter den beiden Nationalspielerinnen Corinna Kunze und Meike Bötefür, damals noch in den eigenen Reihen, die drittbeste Werferin des VfL. Sie holte dabei auch 23 Siebenmeter heraus, verwandelte davon einen. Ein Jahr später war sie hinter Bötefür (112) mit 65 Toren zweitbeste Trefferin.
Schöne Zahlen, viele Tore, tolle Erlebnisse und Erfolge. Sabine Dongard war mit dem VfL aus den untersten Regionen aufgestiegen, warf von 1975 bis 1985 in der Regionalliga. Dreimal qualifizierte sie sich dort mit dem VfL für die Aufstiegsrunde zur Bundesliga. Dreimal scheiterte die VfL-Sieben knapp, flossen die Tränen. „Aber nicht bei mir!“ wie das Geburtstagkind feststellt.
Der aktive Handball gehört der Vergangenheit an. Es blieben für die Biologielaborantin Tennis und Ski. „Beides ist nach Knieverletzungen bei Rainer und bei mir Vergangenheit. Wir spielen seit 1989 Golf. Die Ausrüstung hat Rainer damals zum Abschied in Düsseldorf bekommen nachdem er im Halbfinalspiel in Madrid eine schwere Knieverletzung hatte und nach zwei Jahren Bundesliga dort mit dem Handball aufhörte.“
Die Liebe zu Steaks und Salaten und vor allem zu ihrem Lebenspartner Rainer „Acker“ Faulhaber, mit dem sie seit 1982 zusammenlebt, ist geblieben. Mit dem Handballer, der beim TV Beckinghausen begann und in den 80er Jahren in der Bundesliga für den SuS Oberaden, TuRa Bergkamen und TuRu Düsseldorf, wie sie, auf halblinker Position auf Torejagd ging, ist „Biene“ inzwischen seit 18 Jahren verheiratet.
Ab und an schauen sie noch einmal beim Handball in Brambauer zu. Früher waren sie auch bei den einstigen Bundesliga-Wasserballern des SV Brambauer zu sehen.
Selbstbewusst zieht Sabine Dongard, die auch nach der Hochzeit ihren Hausnamen behielt, ihre Bilanz: „Der Name Dongard kommt in Brambauer meines Wissens nur bei der Schwägerin meines Vaters, deren Tochter und bei mir vor. In ganz Deutschland habe ich bei der Namenssuche vor Jahren nur noch einmal Dongard gefunden. Es handelt sich aber nicht um Verwandte. Es gibt nur mich, keine sportlichen Jungen. Der Name ist sozusagen einzig in Deutschland. Leider haben Rainer und ich unsere sportlichen Gene nicht weitergegeben.....“
Sie war als Mädchen die Sportliche. Erst Schulmeister in der Leichtathletik, dann im Schwimmen im SV Brambauer, später im Handball in der Schule und beim VfL Brambauer ganz vorn.
„Mit der Realschule Brambauer sind wir damals auch mit Monika Krüper, Petra Hadac, Sunhild Matzke bis in die Vorentscheidung für das Endspiel in Berlin gekommen. Ja, und dann kam der VfL. Mit Ilona bin ich damals dann zum Ausklang von Brambauer zum TV Brechten gegangen, mit dem wir dann auch Jahr um Jahr von der Kreisliga bis zur Landesliga aufgestiegen.“
Trainer Theo Wohlgemuth, Dongard und andere Mitspielerinnen wie Ilona Schreiber, Tatjana Schnadt, Erika Schroer und Monika Schaffer (geborene Krüper), noch im Fußball beim BV Brambauer aktiv, treffen sich regelmäßig in der Brambauer Traditionsgaststätte Allegro. Einmal im Jahr geht es gemeinsam immer mit Männern auf Städtetour. Übrigens: Eine der Mitspielerinnen war auch Margit Kurz, verheiratet mit dem früheren Fußballer und Trainer Manfred Balcerzak.
Jetzt wird Geburtstag gefeiert. Die nächste Geburtstagsfeier folgt auf den Tag genau fünf Monate später. Am 25. Juni wird „Bienes“ „Acker“ 60. Was fällt der einst mit besten Handballerin Lünens dazu ein: „Wir sind der glückliche 59er Jahrgang!“
Die Bilder zeigen Sabine und Rainer Faulhaber (Foto Goldstein) heute beim Besuch eines Handballspiels in Brambauer, die A-Jugend des VfL Brambauer als Vize-Westfalenmeister 1975 mit (st. v. l.) Ilona Thamm, Petra Hadac, Annegret Rump, Monika Krüper (geborene Schaffer), Sabine Dongard, Trainer Norbert Dvorak, (u. v. l.) Babara Grzonka, Sunhild Leismann (geborene Matzke, Susanne Schwarzbach und Christel Stagnet. Repro Janning
Das zweite Bild zeigt die VfL-Damen im Mai 1984 vor dem Kampf um den Aufstieg in die Bundesliga mit Sportlichen Leiter Bialy (o. v. l.), Monika Schaffer (geborene Krüper), Erika Schröer, Corinna Kunze, Susanne Lauckmann. Tanja Schnadt, Margret Kurz, Betreuer Sepp Gurnig, Trainer Theo Wohlgemuth, der heute noch in Brambauer lebt, (u. v. l.) mit Ilona Schreiber, Sabine Dongard, Betti Bealy, Sunhild Leismann (geborene Matzke), Erika Becker und Regina Klaas. Repro Janning
Mit Autogramm auf dem Bild - Rechtshänderin Sabine Dongard demonstriert im linken Rückraum ihre tolle Wurfkraft. Foto Goldstein
Eine Spielszene mit Sabine Dongard zierte ein Jubiläumsheft des VfL Brambauer zum 60jährigen Bestehen. Repro Janning
Autor:Lüner SV Fußball e.V. aus Lünen |
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