E-Mobilität: Auto tanken an der Steckdose
Tankstellen für Benziner gibt es an jeder Ecke, macht der Besitzer eines Elektro-Autos aber einen längeren Ausflug, braucht es je nach Region etwas Planung und etwas Zeit. Sparen können "Elektriker" aber an anderer Stelle. Der Lüner Anzeiger nimmt im zweiten Teil seiner Serie zur Elektro-Mobilität das Laden und die Kosten in den Fokus.
Tankstelle suchen, das Auto an die Zapfsäule fahren und fünf Minuten später geht es zurück auf die Straße - so machen es die Besitzer von Benzinern. Fahrer von Elektro-Fahrzeugen könnten den Ladevorgang für eine ausgedehnte Pause nutzen, denn an einer "normalen" Ladesäule dauert es je nach Art der Batterie und der Stärke des gelieferten Ladestroms gut und gerne seine zwei bis vier Stunden bis zum vollen Akku. Weniger Zeit braucht das "Auftanken" an einem so genannten Schnelllader, ist mit einer Dauer von rund einer Stunde aber immer noch deutlich langsamer als bei den Kollegen mit Verbrennermotor. Schnellader gehören im Netz der E-Ladestationen zudem noch zu den eher seltenen Vertretern. In Lünen steht der einzige öffentliche Schnelllader an der Wethmarheide auf dem Gelände der Firma EBG compleo, Hersteller von eben diesen Ladestationen. Fahrer von E-Fahrzeugen können hier zu den Geschäftszeiten außerdem an sechs "Normalladern" auftanken, dafür entstehen keine Kosten. Solarstrom tanken E-Mobilisten an den Standorten des Autohauses Rüschkamp, in Lünen rund um die Uhr. Das Autohaus kooperiert hier mit einem Dienstleister aus den Niederlanden, nach einer Registrierung macht eine Karte den Weg frei zum Strom. "Die Ladesäulen an den anderen Standorten sollen ebenfalls noch in das System integriert werden", erklärt Wolfgang Kampmann vom Autohaus Rüschkamp. Weitere Ladestationen gibt es an der Brechtener Straße in Brambauer und am Bürgerhaus in Selm, hier ist der Betreiber Innogy. Der Ladevorgang kann ganz einfach über die Smartphone-App "E-Charge" gestartet werden, die Kilowattstunde Ökostrom kostet hier dreißig Cent. Nutzer zahlen entweder per Vertrag oder über Kreditkarte und PayPal. Elektro-Mobilität ist auch im Handel immer öfter ein Thema: Der Hellweg-Baumarkt in Selm hat ebenfalls eine eigene Ladestation "Kunden können die Ladestation über die Mitarbeiter an unserer Information zu den Öffnungszeiten freischalten lassen und laden dann kostenlos", erklärt Marktleiter Markus Dammann. Für Kunden hat auch die Druckerei Lonnemann in Selm eine Ladestation.
Zehn Jahre ohne Kfz-Steuer
In Lünen planen die Stadtwerke den Aufbau einer Schnellladestation für mehrere Fahrzeuge an zentraler Stelle. Eine Strom-Tankstelle der Stadtwerke zum kostenlosen Laden gibt es in direkter Nähe zum Rathaus bereits seit einigen Jahren. Weitere Ladestationen stehen auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke an der Borker Straße, die sind allerdings nicht für die Öffentlichkeit, sondern für die eigene Flotte. Die Stadtwerke Lünen haben aktuell sieben E-Fahrzeuge von Volkswagen, Peugeot und Opel im Bestand und machen gute Erfahrungen im Praxistest: Reichweite und Fahrleistung seien im Stadtverkehr völlig ausreichend, dazu überzeugen die Fahrzeuge die Stadtwerke auch mit anderen Werten. "Wartung und Inspektion halten sich in Grenzen, da sonstige Intervalle wie die Kontrolle des Ölstands, das Nachfüllen des Öls, sowie der Wechsel von Ölfilter und Luftfilter wegfallen, ebenso entfällt reparaturanfällige Technik wie Getriebe, Kupplung oder Auspuffanlage", erklären die Stadtwerke Lünen. Die Unterhaltskosten seien unter dem Strich deutlich günstiger als bei Pkw mit Verbrennungsmotoren. Sparen lässt sich mit einem E-Auto auch bei den Steuern - nach Erstzulassung zahlt man satte zehn Jahre keine Kfz-Steuer. Stichwort Stromverbrauch: Die Stadtwerke kalkulieren abhängig von Fahrzeug und Fahrstrecke mit einem zusätzlichen Stromverbrauch von ungefähr 1.200 bis 4.000 Kilowattstunden im Jahr beim Laden zu Hause. Verbraucher sollten die Abschläge deshalb anpassen, raten die Stadtwerke, das vermeidet spätere Nachzahlungen. Ein Peugeot iOn würde bei 10.000 Kilometern Fahrleistung im Jahr in diesem Zeitraum etwa 1.500 Kilowattstunden verbrauchen, legt man einen Haushaltsstrompreis von 25 Cent zu Grunde, sind das Stromkosten von ungefähr 375 Euro im Jahr beziehungsweise 3,75 Euro auf hundert Kilometer. "Über die Eigenstromerzeugung mit einer Photovoltaik-Anlage oder Brennstoffzelle lassen sich zusätzlichen Energiekosten gut auffangen und man bewegt sich ein Stück mehr in eine klimafreundliche Lebensweise. Die Energieberatung der Stadtwerke Lünen berät über die Installation von Photovoltaik-Anlagen und deren Fördermöglichkeiten", erklärt Sprecherin Jasmin Teuteberg.
Wallbox zum Laden vor der Tür
Fördergelder vergeben die Stadtwerke, um die Entscheidung zum Kauf eines Elektro-Fahrzeugs zu unterstützen, auch für die Installation einer Wallbox, einer kleinen Ladestation für Zuhause. Viele Auto-Hersteller liefern zum Fahrzeug zwar auch ein Ladekabel für die normale Steckdose mit, dieser Weg eignet sich aufgrund der geringen Ladekapazität aber eher für Nutzer mit viel Zeit oder der Möglichkeit zum Laden über Nacht. Eine Wallbox bringt - installiert in der Garage oder im Freien - mehr Power für schnellere Ladung. Wichtig: Die Installation ist Aufgabe einer Fachkraft.
Welche Perspektiven die Elektromobilität in Deutschland hat, das ist mit Sicherheit eine Frage des Ausbaus der nötigen Infrastruktur, aber auch des Willens der Verbraucher und nicht zuletzt der Automobil-Hersteller. Neue Fahrzeuge für den Fuhrpark der Stadtwerke Lünen sollen in Zukunft in jedem Fall mit Strom fahren, größere Fahrzeuge wie Sprinter seien im Moment aber noch nicht mit Elektromotor verfügbar, daher sei man – so lange der Markt keine Neuerungen bringe – in diesem Bereich noch auf konventionelle Modelle angewiesen, erklären die Stadtwerke.
Thema "Elektro-Mobilität" im Lokalkompass:
> Elektro-Tankstellen sind "made in Lünen"
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