Zehn Jahre nach dem Bürgerentscheid: Stolz

Die Akteure der Bürgerinitiative "Stoppt den Landschaftsfraß" feierten jetzt mit vielen Mitstreitern in Brambauer. Sie dachten auch an die verstorbenen Mitglieder Ingbert Kersebohm, Fritz Seemann, Susanne Gimpel und Irmgard Prothmann. Foto: Backmann-Kaub
  • Die Akteure der Bürgerinitiative "Stoppt den Landschaftsfraß" feierten jetzt mit vielen Mitstreitern in Brambauer. Sie dachten auch an die verstorbenen Mitglieder Ingbert Kersebohm, Fritz Seemann, Susanne Gimpel und Irmgard Prothmann. Foto: Backmann-Kaub
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Ungeheuerliches geschah vor zehn Jahren in Lünen. 14.174 Bürger gingen am Sonntag, 9. Februar 2003, zur Wahlurne und sagten Ja.
Ja zum Schutz der Natur. Und damit Nein zu Plänen von Stadt und Politik, ein neues Gewerbegebiet auf einer Grünfläche in der Nähe der Autobahn auszuweisen. Ein großer Sieg für die Bürgerinitiative „Stoppt den Landschaftsfraß“.

Genau zehn Jahre später trafen sich die Akteure jetzt in der Kleingartenanlage Achenbach in Brambauer, um Rückschau zu halten und zu feiern bei Glühwein und Bratwurst.

Bernd Gregarek, einer der führenden Köpfe der BI, machte in seiner Rede an diesem Abend deutlich, was damals erreicht wurde: „Ein Bürgerentscheid, Demokratie in ihrer ursprünglichsten Gestalt, ein Abstimmungsvorgang, wie er in dieser Form und mit dieser Fragestellung in Deutschland noch nicht stattgefunden hat. Über 22.000 Menschen sind 2003 trotz fortschreitender Politikverdrossenheit aufgestanden und zu den Wahlurnen gegangen, davon etwa 8.000, die gegen den Bürgerentscheid gestimmt haben. Über 14.000 Menschen aber haben die Möglichkeit genutzt, Ja zu sagen zu dem Erhalt der Schutzgebiete und dabei die Erkenntnis gewonnen: Ich kann etwas bewegen.“

Gregarek betonte: „Das Mühlenbachtal, die Brechtener Niederung mit Wethmarheide-Ost und der Welschenkamp wären ein unersetzlicher Verlust für die Lebensqualität in Lünen gewesen. Sie sind Erholungsgebiete in einer hektischen Zeit. Aber darin erschöpft sich ihre Bedeutung nicht, als Frischluftschneisen würden wir sie bei jedem Atemzug vermissen. Gerade hier, wo es eine beispiellose Verdichtung von Verbrennungsanlagen gibt...“.

Ein Netzwerk aus Freundschaften, gemeinsamen Aktivitäten und intensivem Gedankenaustausch ist damals in der Bürgerinitiative entstanden. Und es hält heute noch. Bernd Gregarek: „Wie viele Menschen sehr unterschiedlicher Altersgruppen habe ich immer wieder voll Stolz sagen hören: Das war eines der größten Ereignisse meines Lebens, ich habe den Pulsschlag der Demokratie gespürt. Was bin ich froh, dass ich dabei sein durfte. Was für ein Glück, solche Menschen kennen zu lernen. Und dann dieser Erfolg, den wir uns kaum zugetraut haben...“

An die Adresse der Politiker gerichtet, endete Gregarek: „Sollte künftig jemand die Schutzgebiete trotz einer klaren und eindeutigen Entscheidungen antasten wollen, so wäre der nächste Bürgerentscheid unter weitaus leichteren Bedingungen möglich.“ Die Gemeindeordnung in NRW sehe heute vor, dass bereits unmittelbar in Planfeststellungsverfahren Bürgerentscheide möglich seien.

Die Frage „Grün oder Arbeitsplätze?“ spaltete vor zehn Jahren die Stadt. Der Wahlkampf vor dem Bürgerentscheid war heftig. Ein Riss ging selbst durch die Parteien. Es gab Austritte und neue Formationen. Viele Arbeitgeber, die ein autobahnnahes Gewerbegebiet forderten, schlossen sich zum Verein „Pro Lünen“ zusammen, der noch heute existiert und aktiv ist.

Autor:

Doro Backmann-Kaub aus Lünen

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