TTIP / CETA — Nachbetrachtung der Veranstaltung der EUROPA Union Lünen und Anregung zur Diskussion in der Bürgerschaft; das geht uns ALLE an!
In der Veranstaltungsreihe Europa-Woche 2015 der EUROPA-Union Lünen wurde Mitgliedern und interessierte Bürger*Innen am 08.05.2015 in der Alten Kaffeerösterei (hier) die Möglichkeit geboten, sich weitere Informationen zu den Freihandelsabkommen der EU mit USA und Kanada zu verschaffen.
Die Veranstaltung war mit rund 40 Interessierten gut besucht, interessanterweise darunter auch 10 Jugendliche im Schulalter.
Annähernd 40 Minuten referierte zur Einstimung der eingeladene Kulturwissenschaftler Tino Perlick.
Seine Darstellung war eine durchgehend negative Beurteilung der anstehenden Freihandelsabkommen, Stichworte:
keine Verhandlungstransparenz, hohe Komplexität, Bedrohung von EU-Standards, Aushöhlung der bestehenden Rechtssysteme durch private Schiedsgerichte.
Aus der selbst gewählten Gegenposition berichtete Michael Thews, MdB für Lünen, von seinen Eindrücken anlässlich seiner Studienreisen zum Thema vor Ort in USA und Kanada.
Seiner Meinung nach können solche Abkommen durchaus in Einzelbetrachtungen sinnvoll sein.
Beispiel: ein deutscher Unternehmer im erneuerbaren Energiegeschäft hat die Hoffnung, dass CETA den Arbeitsmarkt in Kanada für dringend benötigte qualifizierte Arbeitskräfte aus Deutschland öffnet.
Zum Thema "Schiedsgerichte" verweist er auf die mannigfachen Verträge der Bundesrepublik mit anderen Staaten, die bereits schon Schiedsgerichtsvereinbarungen zum Investorenschutz beinhalten (Anm. des Verfassers: maßgeblich mit rechtlich instabilen Schwellenländern) und der am Beispiel Kanada-Abkommen mit der USA vernachlässigbaren Anzahl von überhaupt in Gang gesetzter Schiedsgerichtsverfahren.
Zum Ende hin betonte aber auch Michael Thews seine grundsätzlich nicht unkritische Haltung zu den in Rede stehenden Inhalten der geplanten Freihandelsverträge.
In der Diskussions- /Fragerunde der Zuhörer*Innen wurde, wie vom Moderator auch angeregt, dankenswerter Weise nicht das bekannte "Chlorhühnchen" zum zentralen Punkt der Themen.
Neben eher allgemeinen Themenfragen sind vielleicht besonders diese Einzelpunkte hervorzuheben:
Frage an den MdB nach eindeutigen Pro-Argumenten für den Abschluss der Freihandelsverträge. In Einzelargumenten wollte sich der Abgeordnete im Rahmen der Veranstaltung nicht vertiefen.
Frage eines SPD-Mitglieds an den SPD-Stadtverbandsvorsitzenden Thews, ob in Lünen analog Münster an eine Mitgliederbefragung zu TTIP gedacht wird (in Münster TTIP abgelehnt). Diese Frage wurde nicht beantwortet.
Frage nach Zuständigkeit für die Ratifizierung der Verträge, nur EU-Parlament oder nationale Parlamente? Lt. Thews sind die nationalen Parlamente eindeutig die Entscheidungsträger.
In der Fragestellung verbliebene Schilderung eines Anwesenden, dass Bezug nehmend auf einen Infobrief der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zur Befassungs- und Beschlusskompetenz der Kommunalvertretungen im Hinblick auf internationale Freihandelsabkommen (rechtlich keine Entscheidungsbefugnisse) den kommunalen Parlamentariern sogar ein Maulkorb für die Diskussion und Bewertung über TTIP / CETA auferlegt werden soll.
Letztlich zeigte auch diese Veranstaltung, dass in der anwesenden Bürgerschaft der Abschluss der in Beratung befindlichen Freihandelsabkommen überwiegend kritisch und/oder als nicht notwendig bewertet wird.
Es stellt sich abschließend die Frage, ob der Weitblick der gewählten Volksvertreter auf Bundesebene eine ausreichende Begründung zur Abwendung der Kritik aus der Bürgerschaft darstellen kann.
Infos / Quellen (auszugsweise):
http://europa-union-luenen.de/stadtverband-l%C3%BCnen/
http://de.wikipedia.org/wiki/Transatlantisches_Freihandelsabkommen
http://www.faz.net/aktuell/politik/thema/ttip
http://www.zeit.de/2014/07/handelsabkommen-europa-usa/seite-3
http://koeln.verdi.de/++co++c37600f0-3fc3-11e4-a43d-525400248a66
http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Freihandelsabkommen/ttip.html
Autor:Reiner W. Dzuba aus Lünen |
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