Straßen reißen Löcher in Stadtkassen
Fahrten ohne Geruckel, keine Löcher im Asphalt. Das ist Autofahrers Traum. Die Realität sind Straßen in schlechtem Zustand. Das Geld zur Reparatur fehlt den Kommunen an allen Ecken und Enden.
Gemeindestraßen, Bundesstraßen, Landesstraßen, Kreisstraßen - insgesamt rund 350 Kilometer Straßennetz durchziehen Lünen. Inklusive Fußgängerzone und Wirtschaftswegen. Die Bezeichnung der Straßen hat aber wenig Aussagekraft zu der Frage, wer für die Instandhaltung zuständig ist. Weil Lünen eine Stadt mit mehr als 80.000 Einwohnern ist, greift eine besondere Regelung. Sogar die Straßen, die im Namen Kreis, Land oder Bund tragen, gehören zur Baulast der Stadt. Das kostet Jahr für Jahr eine Menge Geld. Die logische Konsequenz ist, dass die Finanzen nicht für alle Bauvorhaben reichen. "Hauptverkehrsstraßen in unserer Stadt sind in einem befriedigenden Zustand, bei Anliegerstraßen ist die Situation schlechter", bewertet Peter Sternemann, stellvertretender Leiter der Abteilung Straßenbau. Schlaglöcher werden in Lünen in der Regel von den Wirtschaftsbetrieben beseitigt, denen dafür in diesem Jahr ein Budget von 840.000 Euro zur Verfügung steht. Größere Reparaturen stehen mit 265.000 Euro in der Planung und sogenannte Deckensanierungen mit satten 600.000 Euro, rund zwei Dritteln mehr als in den letzten beiden Jahren. "Deckensanierungen sind Arbeiten, bei denen rund vier Zentimeter Belag abgetragen und erneuert werden", erklärt Sternemann. Wichtig, um den Straßenkörper zu erhalten. In der Vergangenheit etwa auf der Holtgrevenstraße oder der Alstedder Straße.
Straßenbaufirma ein Jahr im Einsatz
Unter dem Strich liegen die Investitionen in die Straßen in Lünen derzeit bei über 1,7 Millionen Euro. Nicht wenig Geld und trotzdem: In jeden Quadratmeter Straße sollten Städte pro Jahr etwa 1,10 Euro investieren. Theoretisch. Denn in der Praxis war das aufgrund der nötigen Sparmaßnahmen der letzten Jahre sowohl in Lünen als auch vielen anderen Städten schlicht nicht möglich. Selm hat weniger Einwohner als der große Nachbar und muss aus diesem Grund nur die Gemeindestraßen betreuen - das macht die Aufgabe aber nicht weniger schwierig. Antonius Wiesmann von der Abteilung Bauverwaltung und Liegenschaften in Selm, fasst die Lage in einem Satz zusammen: "Wir könnten in Selm ein Straßenbauunternehmen das ganze Jahr beschäftigen." Hätten die Straßen auch bitter nötig, doch die Mittel kann der Haushalt nicht zur Verfügung stellen. Die Kosten für die Kommunen nehmen zu, zum Beispiel bei der Kreisumlage. Wenn die diskutierte Maut kommt, hoffen die Verantwortlichen in Lünen und Selm, von diesem Geld auch etwas in den Straßenunterhalt investieren zu können. Antonius Wiesmann befürchtet aber, dass das Geld gar nicht bei den Kommunen ankommen werde. Baustellen gibt es nämlich auch außerhalb der städtischen Zuständigkeit eine Menge. Sanierungsstau an Brücken ist das Stichwort.
Geld versickert im Staatshaushalt
Die finanziellen Mittel könnten eigentlich zur Verfügung stehen, versickern aber nach Angaben von Verkehrsexperten im allgemeinen Haushalt. Dr. August Markl, erster Vizepräsident des ADAC, rechnet vor: „Pro Jahr nimmt der deutsche Staat von Autofahrern an spezifischen Abgaben rund 53 Milliarden Euro ein, aber nur 19 Milliarden Euro werden für den Erhalt und für den Ausbau der Straßen ausgegeben.“ Ohne Mehrbelastung der deutschen Autofahrer sollen nach seinen Forderungen künftig mehr finanzielle Mittel in die Infrastruktur fließen.
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