Stolpersteine erinnern ab 1. Oktober
NS-Opfer Eheleute Stiefel, Anna Schutz und Bronislaus Mielcarek

Stolperstein für Bronislaus Mielcarek.  | Foto: Foto: Udo Kath
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Lünen. Am Dienstag, 1. Oktober 2024 werden in Lünen ab 10 Uhr vier weitere ´Stolpersteine´verlegt. Dabei unterstützen Schülerinnen und Schüler der Ludwig-Uhland-Realschule aus Lünen-Horstmar kulturell die Veranstaltung. Dr. Christian Lüdtke, aktueller Präsident vom Rotary Club Lünen-Werne, wird ein Grußwort sprechen. Der Club wird genau wie die Schule einen Stein sponsern. Gisela Sons und Katrin Rieckermann die viel Recherchearbeit vollbrachten, werden über die einzelnen Schicksale der NS-Opfer berichten. Dabei werden zuerst drei Steine vor dem bereits abgebrochenen Haus an der ehemaligen Adresse Borker Straße 6 verlegt. In die Navigation muss dafür die Hausnummer 13 eingeben werden. Gegenüber befand sich das ehemalige Wohnhaus der Eheleute Stiefel, dass später von den Nazis zum Ghettohaus umfunktioniert wurde. Anschließend wird gegen 10:30/10:40 Uhr auf dem Bürgersteig vor dem McDonald-Parkplatz gegenüber dem ´Jobcenter Kreis Unna´ ein von Monika Giesbert gesponserter Stolperstein für Bronislaus Mielcarek verlegt. Auch sein letzter Wohnort das Wohnhaus „Engelstraße 14“ wurde bereits abgebrochen.
Bronislaus Mielcarek als Deserteur zum Tode verurteilt starb er in der Ukraine
Der Bauhilfsarbeiter Bronislaus Mielcarek wurde am 14. November 1912 in Dortmund geboren. Er war Vater von den beiden Kindern Magret und Roselinde. Im Alter von 27 Jahren war er vom 23. September bis 5. Oktober 1940 wegen Arbeitsverweigerung im Polizeigefängnis Dortmund inhaftiert. 1942 entschied er sich, dem Krieg und Vernichtungsfeldzug der Wehrmacht zu widersetzen und desertierte. Anschließend wurde er ergriffen und zum Tode verurteilt. Bei einem Bombenangriff auf das Gefängnis konnte er jedoch fliehen. 1943 wurde er erneut von den Nazis aufgegriffen und in „Stalino“, der heutigen Stadt Donezk in der Ukraine, inhaftiert. Bis zu 75.000 Menschen wurden hier bis zum Ende der deutschen Besatzung ermordet, vor allem sowjetische Kriegsgefangene und schätzungsweise 15.000 Juden. Die Täter warfen die Leichen in den Schacht 4/4 einer Bergbauanlage, dort stapelten sie sich hunderte Meter tief. Von Bronislaus Mielcarek gab es keine Nachricht mehr, seitdem sein Gefängnis im Rahmen der Auseinandersetzung mit der russischen Armee bombardiert wurde. Im September 1943 zogen russische Soldaten in „Stalino“ ein.
Das eigene Wohnhaus wurde von den Nazis umfunktioniert – danach ab ins KZ
Josef Isidor Stiefel betrieb im Alter von 40 Jahren seit 1921 als alleiniger Besitzer einen Gewerbebetrieb für Öle, Fette, Bergwerksbedarf und chemische Produkte an der Gasstraße 6 in Lünen. Zusammen mit seiner Frau Henriette wohnten beide in dem eigenen Haus Borker Straße 6. Hier wohnte später auch Anna Schutz die Schwester von Henriette Stiefel, für die ebenfalls ein Stolperstein verlegt wird.
In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das Geschäft von den Nazis verwüstet. Noch in der gleichen Nacht interessierte sich ein örtlicher Funktionär der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei (NSDAP *), vor Ort sehr für die Geschäftsunterlagen.
Währenddessen wurde Stiefel gemeinsam mit anderen Lüner Juden vorsorglich in Schutzhaft genommen. Waldemar Elsoffer, Albert Bruch und Siegmund Kniebel wurden in dieser Nacht von den Nazis ermordet. Bernhard Samson wurde niedergeknüppelt, Herman Markus Aronstein überlebte das ertränken in der Lippe, Salomon Rose wurde von den Bergleuten der Victoriasiedlung vor dem Sturz von der Brücke in die Lippe gerettet und Metzger Paul mit seiner Frau Lina Levy gelang in der Nacht die Flucht vor den Gewalttätern aus einer Hintertür.
Der Terror der Nazis ging aber noch weiter. Denn schon vier Wochen später erwarb ein NSDAP-Ortsgruppenleiter als „Kaufmann“ den Betrieb von Josef Stiefel für ein „Appel und ein Ei“. Elf Monate später, kurz nach Beginn des zweiten Weltkrieges, wird das Vermögen der Familie Stiefel inclusive des „Verkaufserlöses“ des Betriebes durch die Nazis eingezogen und auf ein ´Sicherungskonto´ einbezahlt. Eine drei Monate vorher beantragte Ausreise war ohne Geld jetzt nicht mehr möglich. Auch wurde Josef Stiefel vom 4.11. bis 23.12.1939 noch einmal in `Schutzhaft`genommen, diesmal in der Dortmunder Steinwache. Das Wohnhaus Borker Straße 6 wurde zum Ghettohaus - im Nazijargon zum „Judenhaus“ - in dem viele der noch verbleibenden Juden in Lünen lebten. Darunter die Familien Hermann und Else Aronstein, Elfriede Feldheim, Herman Hertz, Josef und Juliane Rosenbaum sowie der ehemalige Hausbesitzer Isidor Josef Stiefel mit Henriette Stiefel und ihrer Schwester Anna Schutz.
Im April 1942 wurden er und Henriette Stiefel wahrscheinlich in ein seit 1941 bestehendes Ghetto nach Zamosc in Polen verbracht, indem rund 7000 Juden lebten. Der Kreis-Sonderhilfsausschuss Lünen erteilte nach 1945 dem Schwager von Josef Stiefel die Information: „Nach Rückfrage bei verschiedenen Stellen ist jedoch anzunehmen, dass Ihre Verwandten im April 1942 nach Zamova bei Lublin/Polen verschleppt wurden und dort zu Tode gekommen sind.“ Ausserdem sind Transporte dorthin, auch mit Lüner Insassen, in der Datenbank über Deportationen in der israelischen Gedenkstätte und dem Dokumentations-zentrum „Yad Vashem“ aufgeführt.
Vom 16. bis 18. Oktober 1942 wurde das Ghetto aufgelöst. Nur 50 Bewohner, darunter niemand aus Dortmund und Umgebung überlebten den dortigen Völkermord. Somit auch das Ehepaar Stiefel nicht. Die meisten Bewohner wurden in Vernichtungslager nach Sobibor, in das Konzentrationslager Majdanek und im Rahmen der „Aktion Reinhardt“ in das Vernichtungslager Belzec gebracht und dort ermordet.

Anna Schutz starb im Konzentrationslager Theresienstadt
Henriettes Stiefel Schwester Anna Schutz war zuckerkrank, linksseitig gelähmt und herzkrank. Sie lebte zuletzt noch einige Monate in dem Abrisshaus in der Altstadtstraße 1, welches auch als Ghettohaus genutzt wurde. Sie wurde mit einem Transport am 30. Juli 1942 von Dortmund aus ins Konzentrationslager Theresienstadt gebracht. Hier starb sie am 26. Oktober 1942. Die „rote Armee“ der Sowjetunion erreichte erst am 8. Mai 1945 die tschechische Stadt.
• Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei war eine in der Weimarer Republik gegründete politische Partei, deren Programm und Ideologie von radikalem Antisemitismus und Nationalismus sowie der Ablehnung von Demokratie und Marxismus bestimmt war. Quelle: Wikipedia

Autor:

Udo Kath aus Lünen

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