GFL-Fraktion plädiert für Beibehaltung der Straßennamen Karl Wagenfeld und Agnes Miegel mit Hinweisschild auf NS-Vergangenheit

Die Diskussion in Lünen um eine Umbenennung der Agnes-Miegel- und Karl-Wagenfeld-Straße greift nach Auffassung der GFL-Fraktion zu kurz. Öffentlich gebotene Informationen waren sachlich wie methodisch von extremer Einseitigkeit des geladenen Gutachters („Schriften der Miegel-Gesellschaft habe ich nicht gelesen.“) gekennzeichnet, wenn man nur an die Informationsveranstaltung am 28. 11. 2011 im Ratshausfoyer denkt. Methodische Fehler sind bei so spektakulären Entscheidungen dringend zu vermeiden.

Gewiss, Wagenfeld und Miegel haben ihre Hoffnungen für eine bessere Zukunft Deutschlands in eindeutig kritikwürdiger Weise dämonischen politischen Mächten anvertraut, die nachher Deutschland und die Welt in den Abgrund gerissen haben. Aber es geht zu weit, wenn man die Namen eines der größten westfälischen Heimatdichter und einer der größten deutschen Balladendichterinnen öffentlich ächtet. „Nicht Ausklammern und Verschweigen, sondern Hinsehen und kritische Auseinandersetzung allein können der Aufklärung über unsere Vergangenheit dienlich sein“, so Karl Otto Conrady, Literaturwissenschaftler und ehem. SPD-Bundestagsabgeordneter.

Anders als die Generäle Blücher, Gneisenau, Goeben, Lützow, Moltke, Scharnhorst und Seydlitz haben weder Wagenfeld noch Miegel Befehle zum militärischen Töten erteilt. Oder um weitere Namensgeber Lüner Straßen zu benennen: Anders als Bismarck haben Wagenfeld und Miegel nicht diskriminierenden Sondergesetze gegen politische Gegner (Sozialisten und Katholiken) erlassen, noch haben sie wie Rosa Luxemburg versucht, mit Drohungen physischer Gewalt ihren Klassenfeind einzuschüchtern. Anders als Martin Luther und Richard Wagner waren Wagenfeld und Miegel nicht Hassprediger eines aggressiven, tötungsbereiten Antisemitismus. So trägt
Agnes Miegel auch nicht einen Beinamen wie „Mutter der Atombombe“, so Lise Meitner, die die Voraussetzungen zum Bau der schrecklichsten Massenvernichtungswaffe der Neuzeit mitentwickelt hat.

Dass Miegel in die NS-„Gottbegnadeten-Liste“ aufgenommen wurde, hat sie z. B. gemeinsam mit dem Literatur-Nobelpreisträger Gerhart Hauptmann. Solche NS-Nominierungen erfuhren u. a. auch die Musiker Richard Strauss, Wilhelm Furtwängler, Carl Orff, Eugen Jochum und Herbert von Karajan sowie die Schauspieler Hans Albers, O. W. Fischer und Heinz Rühmann. Insbesondere ist für Miegel geltend zu machen, dass sie sich nach Kriegsende für Völkerverständigung einsetzte und eben nicht die NS-Ideologie irgendwie weiter unterstützte. Der Rang ihrer literarischen Leistung ist vielfach anerkannt.

Andere Kommunen wie Hildesheim, Goslar, Gronau, Bergisch Gladbach-Refrath oder Bergkamen haben sich nach erfolgter Diskussion für die Beibehaltung ihrer Miegel-Straßen ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund plädiert die GFL-Fraktion nach ausgiebiger, bewusst kontroverser Sachdiskussion für eine Beibehaltung der Straßennamen, wobei die Straßenschilder allerdings mit einem erklärenden Zusatz zur strittigen NS-Vergangenheit versehen werden sollten.

Autor:

Dr. Matthias Laarmann aus Lünen

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