Feuerwehr macht Alarm gegen Überstunden
Martinshorn und Trillerpfeifen - es brennt bei der Feuerwehr in Lünen. Überstunden und die langen Verhandlungen im Anschluss stellen die Geduld der Wehrleute seit Jahren auf die Probe. Donnerstag schickten die Retter ein Warnsignal zum Bürgermeister ins Rathaus.
Der Protest-Auftakt sorgte am Nachmittag in der City für viel Aufmerksamkeit: Mit Blaulicht und Martinshorn fuhr die Feuerwehr in Einsatzfahrzeugen am Rathaus vor. Draußen machten die Feuerwehr-Kollegen ihrem Unmut mit Trillerpfeifen und einer Sirene weiter Luft; schwenkten Fahnen und zeigten Plakate auf dem Marktplatz. Der Auslöser für die Demonstrationen schwelt schon seit Jahren. Es geht nach Angaben der Feuerwehr um fast 50.000 Überstunden und für die einzelnen Mitarbeiter um Geld. Viel Geld. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes das festgelegt hatte, dass eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden darf. In den Jahren 2001 bis 2006 haben die hauptamtlichen Feuerwehrleute in Lünen aber 54 Stunden pro Woche gearbeitet, rechnerisch also sechs Stunden zuviel pro Woche.
Betroffene wollen Verhandlungen mit Bürgermeister
"Wir wollen den Bürgermeister aufrufen, noch einmal mit der Feuerwehr an den Verhandlungstisch zu gehen", so Brandamtmann Michael Renze, Wachabteilungsführer bei der Berufsfeuerwehr Lünen. Die Verhandlungen waren zuletzt ins Leere gelaufen, denn auch Renze weiß "juristisch sind die Gehaltsforderungen verjährt". Die Feuerwehr hofft aber zumindest auf eine Teil-Vergütung aus gutem Willen, sozusagen aus Respekt der Stadt gegenüber ihren Einsatzkräften. Martin Exner, der stellvertretende Vorsitzende des ver.di-Ortsverbandes Lünen, unterstützte den Protest der Feuerwehrleute und berichtete, dass es für einige Feuerwehrleute, je nach Gehaltsklasse im öffentlichen Dienst, um rund 19.000 Euro gehe. Für andere Beamte sogar um noch mehr Geld. Exner erzählte, dass es nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen bereits eine Zahlung über 80,5 Stunden gegeben habe.
Feuerwehrleute löschen im Ehrenamt
"Nach der geltenden Rechtssprechung stehen den Feuerwehrleuten grundsätzlich Entschädigungen für die tatsächlich geleistete Mehrarbeit zu", informiert die Gewerkschaft ver.di auf einem Flugblatt. Weiter heißt es in dem Text: "Der Bürgermeister der Stadt Lünen versteckt sich hinter der Verjährung der Ansprüche und führt bisher keine Verhandlungen über einen Vergleich mit den betroffenen Beschäftigten." Im gesamten Bundesgebiet und auch in Nordrhein-Westfalen gebe es genügend Beispiele über angemessene Entschädigungszahlungen. Pikant: Viele Feuerwehrleute in Lünen löschen nicht nur im Beruf Brände, sondern engagieren sich auch in ihrer Freizeit im Ehrenamt noch bei der Feuerwehr, etwa in einem der sieben freiwilligen Löschzüge im Stadtgebiet. "Diese Feuerwehrleute könnten aufgrund der Situation unter Umständen den Melder abgeben und die ehrenamtliche Arbeit einstellen", so Michael Renze.
Stadt Lünen nimmt Stellung
„Die Ansprüche der Feuerwehr sind nachvollziehbar“, so Rüdiger vom Hofe, Leiter der Rechtsabteilung der Stadt Lünen. „Die rechtliche Lage ist aber klar, die Ansprüche sind verjährt.“ Das erste Problem seien Gemeindeordnung und Haushaltssicherung. Die Stadt dürfe keine freiwilligen Leistungen zahlen, eine Zahlung von verjährten Ansprüchen wäre aber eine solche Leistung. Vom Hofe: „Der Bürgermeister könnte sich unter Umständen außerdem dem Vorwurf der Untreue aussetzen, wenn er Forderungen zahlt, zu denen er gesetzlich nicht verpflichtet ist.“ Martin Exner, ver.di-Ortsverbands-Vize, hatte am Donnerstag in Richtung Bürgermeister deutlich gemacht: „Rechtlicher Anspruch ist nicht gleich moralischer Anspruch.“ Bürgermeister Stodollick reagierte am Freitag auf den Protest und kündigte auf Nachfrage über Pressesprecherin Simone Kötter an, dass er sich mit der Feuerwehr noch einmal zu Gesprächen treffen wolle.
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