Die bizarren Alten brauchen einen Schnitt

Unter Leitung von Klaus Papius (Mitte) gehen die Naturschützer ans Werk. Im letzten Jahr wurden insgesamt 68 Kopfweiden geschnitten.
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  • Unter Leitung von Klaus Papius (Mitte) gehen die Naturschützer ans Werk. Im letzten Jahr wurden insgesamt 68 Kopfweiden geschnitten.
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Was ist der typische Baum in der Lippeaue? Die Buche? Nein. Auch nicht die Pappel. Es sind Kopfweiden, die das Bild unserer heimischen Flusslandschaft prägen. Dicke, knorrige Stämme, aus deren Köpfen im Frühjahr viele neue Triebe wachsen. Diese Weidenruten wurden einst von den Bauern geschnitten und im Winter zu Körben und Zäunen geflochten. Heute sind es Naturschützer, die viele Stunden opfern, um Kopfweiden an der Lippe den wichtigen Schnitt zu verpassen.

An diesem trüben Samstagmorgen im Februar hört man das Kreischen der Motorsägen, lange bevor die Akteure des Arbeitskreises für Umwelt und Heimat zu sehen sind. Hinter abgeernteten Maisfeldern und Wiesen, weit entfernt von der Alstedder Straße, da, wo die Lippe zwischen Alstedde und Bork einen Riesenbogen an der Schleuse Horst macht, sind sieben Männer am Werk. Klaus Papius, Bernhard Lau, Peter Wurm, Klaus Heigis, Günter Sieding, Norbert Domsalla und Fritz Angerstein sägen. Und schreddern. Sie stapeln Äste zum Abtransport. Die Kopfweiden hier sind rund 80 Jahre alt, von beachtlicher Größe und bizarrer Gestalt.

„Alle sieben bis zehn Jahre müssen die Bäume geschnitten werden, sonst brechen sie unter der Last ihrer Äste auseinander“, erklärt Klaus Papius. Das wäre schlimm: Denn in den Stämmen, die oft Hohlräume haben, nisten Fledermäuse, Eulen, Steinkauz und andere Höhlenbrüter. „Und zur Lippeaue gehören auch Kopfweiden. Dieses Landschaftsbild zu erhalten ist eine kulturelle Aufgabe“, sagt Fritz Angerstein. Er erinnert an Annette von Droste-Hülshoff, in deren Gedichten vom Moor auch die gespensterhafte Weide vorkommt.

Immer größer werden die Stapel mit den abgesägten Ästen. „Schon als Kaminholz verkauft“, sagt Klaus Papius. Er freut sich, dass Bauer Kirchhoff zum Abtransport seinen Trecker zur Verfügung stellt.

„Was fliegt denn da?“ Alle Köpfe drehen sich zum Himmel: „Eine Kornweihe“, sind sich die Männer nach kurzer Diskussion einig. Ein großer Greifvogel, der vom Aussterben bedroht ist. Die Kornweihe fliegt in Richtung Lippe. Wenig später flattern vier Kanadagänse vorbei. Viele Vogelarten leben hier - geschützt in der Einsamkeit am Fluss.

Die Lippeaue ist ein wichtiger Lebensraum, ein Biotop besonderer Art. Und Kopfweiden gehören einfach dazu.

Autor:

Doro Backmann-Kaub aus Lünen

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