Lüner Kurt Glodny will mit Buch zum Nachdenken anregen
Er ist ein Mann, der unglaublich viel erlebt hat. Fängt er an von früher zu erzählen, zieht er denn Zuhörer in seinen Bann und schafft es, eine Zeit aufleben zu lassen, die schon viele Jahre vorbei ist. Kurt Glodny ist 88 Jahre alt und während des Nationalsozialismus in Oberschlesien aufgewachsen.
Über 70 Jahre ist es her, dass er Ende 1945 mitten in der Nacht gemeinsam mit seinem Vater nach Deutschland floh. 2015 begann für ihn dann eine Reise in die Vergangenheit oder wie er es selbst beschreibt in seine „verlorene Heimat“. Gemeinsam mit seiner Frau und seiner Tochter fuhr er zurück zu seinem Geburtshaus dem Forsthaus Sandwiesen, das nahe Gleiwitz im heutigen Polen liegt. Der Auslöser für Kurt Glodny, seine Erinnerungen festzuhalten. In seinem Buch, das den Titel „So war es – Erlebnisse eines oberschlesischen Vorkriegskindes“ trägt.
Erinnerungen, die aufrütteln sollen
Auf 336 Seiten möchte Glodny in diesem autobiographischen Werk aufrütteln. Und beschreibt in vielen kleinen Kapiteln die Momente seiner Kindheit und Jugend – die schönen sowie die vielen grausamen. Vom Aufwachsen in dem Forsthaus in der Nähe von Gleiwitz mit seiner Schwester, über die Hitlerjugend, bis hin zur Flucht mit dem Vater und dem Wiedersehen mit seiner Mutter lange nach der Flucht.
Prägende Erlebnisse
Auf berührende Art erzählt er von vielen prägenden Momenten, die ihn bis heute nicht vollkommen loslassen: „Ein ungewöhnlicher Zug fuhr auf Bahnsteig drei ein. Es war ein langer Güterzug, er beanspruchte die ganze Länge des Bahnsteiges und bestand aus lauter Viehwagen. […] Schnell merkte ich, es waren keine Tiere, es waren Menschen, die wie Tiere transportiert wurden. In den Luken der Waggons waren glatzköpfige Menschenköpfe zu sehen. Waren es Verbrecher, waren es Kriminelle? Nein es waren Menschen, normale Menschen, abgestempelt von Menschen als minderwertige Subjekte, die zum Leben in dieser Gesellschaft keine Berechtigung hatten. Was ging damals in mir vor?“, heißt es in dem Kapitel, das den Namen „Mein traumatisches Erlebnis am Gleiwitzer Bahnhof trägt.
Es erzählt vom 12-jährigen Kurt Glodny, der gerne am Bahnsteig stand und Züge beobachtete. Und dabei einen Transport von Menschen ins Konzentrationslager Auschwitz beobachtete. „Das einzige, was die Menschen da schrien war: ‚Wasser, Wasser‘. Ich habe mich erst gefragt, sind das jetzt Verbrecher. Wir waren während dieser Zeit so vom Nationalsozialismus beeinflusst, da versteht man das nicht so wirklich“, erzählt Glodny während er auf das Erlebnis zurückblickt. Trotzdem war dieses Erlebnis eins, durch das in ihm erste Zweifel aufkamen.
Zum Nachdenken anregen
Ein Kapitel und Gedankengänge, die zum Nachdenken anregen. Und genau das ist es, was Glodny mit seinen Erzählungen viele Jahre später bezwecken möchte: „Der Leser soll erkennen, wie Menschen manipuliert werden, zu welchen Untaten oft Politiker Menschen auffordern, zu welchen Verbrechen Menschen fähig sind.“
Erinnerungen an damals
Seit über 40 Jahren lebt Kurz Glodny nun gemeinsam mit seiner Frau Brambauer. In seinem Haus in Brambauer gibt es immer noch viele Erinnerungen an früher. Alte Fotos von seinem Geburtshaus, die er durch einen Zufall viele Jahre später von ehemaligen Nachbarn bekommen hat. Eine ganz besondere Erinnerung bewahrt er in einem kleinen Kästchen. Es ist ein winziges Stück Brot aus dem Jahr 1945. „Das haben meine Schwester und ich 1945 vor dem Einmarsch der roten Armee von unserer Mutter bekommen“, erklärt er. Als Symbol dafür, dass er und die Schwester immer genug davon sollen.
Autor:Carolin Rau aus Lünen |
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