Unbekannte sprengen Geldautomat
Selm ist nun ein Ort auf der Liste
Essen, Bochum, Wesel, Köln, Bielefeld waren im Laufe des Jahres schon Tatorte. Selm findet sich seit Ende Oktober auch auf der Liste des Landeskriminalamtes. Die Datei dokumentiert alle Fälle von Geldautomaten-Sprengungen in Nordrhein-Westfalen.
Nachbarn hörten in dieser Nacht kurz vor Halloween einen lauten Knall, doch sie vermuteten einen Böller und so alarmierte niemand die Polizei. Im Morgengrauen erst entdeckte ein Anwohner an der Rosenstraße in Cappenberg die verwüstete Volksbank-Filiale und wählte den Notruf. Die Täter waren da mit dem Geld aus dem Automaten schon gute zwei Stunden auf der Flucht. Zur Höhe der Beute machen weder Bank noch Polizei Angaben, doch dass die Kriminellen bei ihren nächtlichen Sprengungen immer wieder ein so hohes Risiko auf sich nehmen, lässt nur einen Schluss zu: Geldautomaten-Sprengungen sind ein lohnendes Geschäft. Die Geräte sollen mit Bargeld in Höhen zwischen 50.000 und 500.000 Euro gefüllt sein, jedenfalls kursieren diese Zahlen im Internet.
Täter überwiegend aus den Niederlanden
Im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen sammelt die Ermittlungskommission Heat - englisch für Hitze - alle Informationen zu den Geldautomaten-Knackern. Die Liste, auf der sich die Tatorte finden, ist auch in diesem Jahr schon lang und Cappenberg war die Nummer 78. "Die Täter kommen überwiegend aus den Niederlanden zu uns, haben oft einen nordafrikanischen Hintergrund, ein lockerer Zusammenschluss von etwa zweihundert Personen", berichtet Heidi Conzen im Gespräch mit dem Lüner Anzeiger. Die Hauptkommissarin ist Pressesprecherin beim Landeskriminalamt. Die Arbeitsweise der Täter sei hochprofessionell und schnell, ihre Fluchtfahrzeuge haben ordentlich Power unter der Motorhaube. Rücksicht nehmen sie nicht, weder auf Anwohner bei ihren Sprengungen, für die sie Gas in die Automaten einleiten, noch auf der Flucht mit hoher Geschwindigkeit. In Rheinberg starben zwei vermutliche Geldautomaten-Sprenger mit marrokanischen Wurzeln vor drei Jahren bei einem Unfall, einer überlebte mit schwersten Verletzungen. Täter, die Geldautomaten knacken, beschäftigen die Polizei zwar auch in anderen Bundesländern, doch Nordrhein-Westfalen haben die Kriminellen besonders im Visier. Das Bundeskriminalamt spricht von einem Brennpunkt. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr 108 Sprengungen. In Niedersachsen waren es - obwohl es auch hier eine lange Grenze zu den Niederlanden gibt - mit 54 Sprengungen gerade einmal die Hälfte so viele Taten.
Volksbank berät noch zu Zukunft des Automaten
In Cappenberg hallt die Sprengung von Ende Oktober nach, bis heute ist die Filiale noch nicht wieder in Betrieb. "Der Geldautomat wurde durch die Sprengung zerstört und ist damit unbrauchbar geworden", erklärt Martin Potschadel, Vorstand der Volksbank Selm-Bork. Der Schaden am Gebäude halte sich in Grenzen, bis auf eine eingedrückte Leichtbauwand, ein eingeschlagenes Fenster und die flächendeckende Verunreinigungen durch Ruß. Schäden, die schnell zu reparieren wären, doch zur Zukunft der Filiale gebe es noch keine Entscheidung. Im Moment überlege man, insbesondere auch aus Gründen der Sicherheit, einen besser geeigneten alternativen Standort für den Geldautomaten zu suchen, so Potschadel. Der Wert eines Geldautomaten liege je nach Modell bei mehreren zehntausend Euro. Kriminalhauptkommissarin Heidi Conzen berichtet, dass die Zahl der Versuche - also der Fälle, in denen Täter keine Beute machen - steige mit der besseren Sicherung der Automaten. Experten der Polizei beraten zudem die Banken. Die Täter aber rüsten ebenfalls auf und so geht sie weiter, die kriminelle und gefährliche Jagd auf das große Geld.
Thema "Geldautomat" im Lokalkompass:
> Täter sprengen Geldautomaten in die Luft
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