Wenn Wände erzählen könnten: Der Bahnhof Lenningsen und der königliche Besuch
Wenn Wände erzählen könnten, was würde dann der alte Bahnhof in Lenningsen alles ausplaudern? Insbesondere von einer Nacht in Jahre 1965, als er königlichen Besuch beherbergte.
Seit 113 Jahren stehen die Mauern des Bahnhofs in Lenningsen. Und wieviele Menschen hat er wohl schon ein- und aussteigen gesehen? Wieviele Tränen, die bei einem Abschied geflossen sind - oder vor Glück, wenn man sich endlich wieder in die Arme fallen konnte?
Eine seiner bewegensten Zeiten hatte der Bahnhof sicherlich im 2. Weltkrieg, da er an der Bahnstrecke lag, die eine wichtige Nachschubstrecke der Wehrmacht darstellte. Bomben fielen, aber beschädigten das Gebäude nicht. Ob Menschen während der Bombardierung in dem Gebäude waren? Welche Gedanken schossen Ihnen dabei durch den Kopf? Beteten sie laut um Schutz von Oben? Die Mauern werden es gehört haben - und haben sie beschützt.
Schicksale treffen im Bahnhof aufeinander
Auch nach dem Krieg sah der Bahnhof im beschaulichen Lenningsen viele, viele Menschen. Der Pendelverkehr zwischen Dortmund-Süd und Welver/Soest wurde eingerichtet, dann auch wieder der Verkehr zwischen Dortmund und Unna. Dazu kamen noch unzählige Flüchtlings- und alliierte Truppentransporte. Was der Bahnhof in jenen Tagen alles gesehen und gehört hat. Die Menschen, die Hab und Gut und Heimat verloren haben. Soldaten, die nach Kriegsende lieber nach Hause zurück gekehrt wären als weiter in dem besiegten Land zu sein. Ob das Gemäuer die traurigen, verzweifelten Blicke dieser Menschen gesehen hat? Ob es die Sehnsucht spürte? Die Sehnsucht nach dem alten Leben, das Leben vor der Katastrophe des Dritten Reiches?
The Queen was amused
Langsam kehrte wieder Ruhe ein, und plötzlich war der Bahnhof überflüssig geworden. Kein Zug hielt mehr in Lenningsen. Aber gerade in diesen Tagen erlebte er wohl sein größtes Highlight: Eure Majestät, die Königin von England, geruhte am 25. Mai 1965 dort zu nächtigen. Nein, nicht im Bahnhofsgebäude selbst - aber auf seinem Gelände. Die Queen besuchte gerade zum ersten Mal die Bundesrepublik Deutschland, wollte am nächsten Tag ihre Truppen in Soest besuchen. Wie Elisabeth dort wohl geschlafen hat? Hat sie einen schönen Traum gehabt? Hat sie vielleicht geschnarcht? Ach, wenn Wände doch erzählen könnten.... Berichten können sie allerdings vom Morgen danach. Die Kinder der Ermelingschule brachten Ihrer Hoheit ein Ständchen, dann ein zweites. Aber die Queen ließ sich nicht blicken. Erst als die Schüler ein „Wir grüßen Eure Majestät“ riefen, war die Queen amused und winkte kurz huldvoll am Fenster. Der Bahnhof erinnert sich noch heute gern an diesen Tag im Mai 1965, ziert ihn doch ein Beet mit „The Queen Elizabeth Rose“.
Kinderlachen und Kindertränen
Die Gleisanlagen sind mittlerweile verschwunden und durch Rad-, Reit- und Wanderwege ersetzt worden. Heute wünscht sich das Bahnhofsgebäude sicherlich ein wenig mehr Ruhe: Seit 1996 beherbergt er einen Kindergarten. Sicherlich freut er sich oft über das Kinderlachen, die Kindergespräche und würde auch bestimmt gern die Kindertränen trocknen. Aber man muss bedenken: der Jüngste ist er auch nicht mehr!
Autor:Martina Abel aus Kamen |
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