Umsturzgefährdete Buche sorgt im Heerener Wald für Zündstoff zwischen Spaziergängern und Revierförster
Die Deutschen haben seit jeher eine innige Bindung zu ihrem Wald. Auch heute noch dient er neben seiner Funktion als Wirtschaftswald der Bevölkerung zur Erholung und ist gleichzeitig Lebensraum unzähliger Tierarten. Darüber hinaus trägt er als grüne Lunge zur Verbesserung unseres Klimas bei. Eigentlich ein optimaler Platz für alle. Wenn allerdings mehrere Interessen aufeinander treffen, kann es auch an diesem ansonsten idyllischen Ort kräftig Ärger geben.
Der Kreis Unna gilt als einer der waldärmsten Kreise der Region. Lediglich in Schwerte und Cappenberg gibt es größere, zusammenhängende Waldgebiete. Mit gerade einmal 65 Hektar ist der Heerener Wald dagegen eher klein. Trotzdem nutzen ihn viele Bewohner des östlichsten Kamener Stadtteils zum Joggen, spazieren gehen und führen ihre Hunde dort aus. So auch Martina Harazim (49) und Heinz Bönnemann (82), der direkt am Heerener Wald wohnt. Allerdings schwelt seit gut zwei Jahren zwischen ihnen und dem zuständigen Revierförster ein heftiger Streit. Grund ist eine mächtige Buche, die nach Meinung von Martina Harazim und Heinz Bönnemann umzustürzen droht.
Bönnemann: “Vor gut zwei Jahren schlug der Blitz so stark in den Baum ein, dass sich ein mächtiger Ast löste und auf den Waldboden krachte. Ich war in direkter Nähe des Geschehens und habe mich stark erschreckt.“ Die Buche neigt sich, für jeden gut sichtbar, stark in Richtung Süden – das ist nicht zu leugnen. Der abgebrochene Ast wird gerne von Kindern als Sitzgelegenheit genutzt, häufig finden sich Kindergärten dort ein.
Bönnemann fürchtet allerdings, dass der Baum irgendwann einmal umstürzen könnte und schlimmstenfalls die Kinder oder auch andere Spaziergänger dann unter sich begraben würde. Sein und Martina Harazims Anliegen, den Baum deshalb fällen zu lassen, fand beim zuständigen Revierförster allerdings kein Verständnis. Der Grund: Die Buche steht in einem als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Bereich des Heerener Waldes. Alle Wege, die hier durch den Wald führen, sind nicht als offizielle Wanderwege ausgewiesen, sondern selbst angelegte Trampelpfade von Hundebesitzern und Spaziergängern. Müller zweifelt die Standfestigkeit des Baumes auch gar nicht an. „Sind die Äste belaubt und damit schwerer, kann der Baum bei einem stärkeren Sturm im Sommer durchaus kippen. Wenn wir allerdings jeden Baum dieser Art deshalb fällen würden, ist das nicht im Sinne des Erfinders.“ Für Bönnemann und Harazim keine schlüssige Antwort. „Zurzeit werden viele gesunde Bäume gefällt. Warum lässt man ausgerechnet diesen kranken Baum stehen ?“ Zur Beantwortung dieser Frage muss man die jüngste Geschichte des Heerener Waldes kennen. Vor einigen Jahren verkaufte der in Heeren ansässige Graf von Plettenberg seinen Wald an das Land Nordrhein-Westfalen. Aufgrund einiger seltener Baumarten stellte man daraufhin den östlichen Teil unter Naturschutz und richtete im westlichen Teil eine Naturwaldzelle ein, in der die Natur sich selbst überlassen wird. Was bedeutet, dass umstürzende Bäume in den Naturkreislauf übergehen und Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten werden. Stehende Totholzbäume dienen beispielsweise Spechten als Brutmöglichkeit. Liegende Totholzstämme werden sehr gerne von bestimmten Insekten angenommen. Man kann also ohne Übertreibung sagen, dass der der Heerener Wald für Biologen durchaus ein Kleinod ist. Dass entlang des Schattweges zurzeit gesunde Bäume gefällt werden hat auch seinen Grund. Hermann Knüwer vom Fachbereich Natur & Umwelt des Kreises Unna hierzu:“ Wir haben hier zahlreiche Pappeln fällen lassen, weil es eigentlich keine ortsansässigen Bäume sind.
Anstelle der Pappeln solle an dieser Stelle weiterer Naturwald mit Eichen und Buchen entstehen“. Bei der Forderung nach Fällung der Buche sind Müller selbst die Hände gebunden. Als zuständiger Revierförster des Regionalforstamtes Gelsenkirchen ist er an Weisungen seines Dienstherrn gebunden. „Die jährlichen Fällpläne werden vom Forstamt Gelsenkirchen in Absprache mit dem Fachbereich Natur und Umwelt des Kreises Unna gemeinsam erstellt und abgesprochen“.
Seine Funktion als Naherholungsgebiet soll der Heerener Wald aber auch weiterhin behalten. Vor einigen Jahren waren lediglich einige Wege frei gegeben, was bei den Heerenern allerdings sehr schnell auf Unmut stieß. Martina Harazim, die täglich mit ihren Hunden dort spazieren geht:“ Ich habe schon als Kind im Wald gespielt. Heute spielen meine Enkel dort. Warum darf ich plötzlich nur noch bestimmte Bereiche betreten?“
Als ausführendes Organ des Forstamtes Gelsenkirchen ist Matthias Müller natürlich auch daran interessiert, die offiziellen Wege für Spaziergänger sicher zu machen. Morsche Bäume die sich in der Nähe dieser Wege befinden, werden beschnitten oder auch gegebenenfalls gefällt. Auch in diesem Fall kam man den Heerener Bürgern entgegen und gab den Weg im Bereich der Buche frei, führte ihn allerdings weiträumig um den Gefahrenbereich herum. Um letztendlich alle Gefahren auszuschließen, sprach Müller mehrfach mit einigen Kindergärtnerinnen in Heeren und machte sie auf die Gefahr aufmerksam, die von der Buche ausgehehen.
Autor:Jörg Prochnow aus Kamen |
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