Bewegtes Leben: Edgar Gebhardt hat den Diamantenen Meisterbrief erhalten
Diamantene Hochzeit feiern nur wenige, und mit dem Diamantenen Meisterbrief ist es nicht viel anders: Seit 60 Jahren ist Edgar Gebhardt Elektroinstallateurmeister. Ein bewegtes Leben hat er in der Zeit gehabt.
„Ich war bei allem zu früh dran“, schmunzelt der 83-Jährige. Er war erst fünf, als er bereits eingeschult wurde. Später kam er auf die Volksschule, die mit der heutigen Hauptschule zu vergleichen ist. „Ich wäre gerne auf eine höhere Schule gegangen, ich war immer wissbegierig. Aber damals hieß es: Wenn Dein Vater Bergmann ist, gehst Du auf die Volksschule“, bedauert er. Später hat er sich als SPD-Mitglied im städtischen Schulausschuss gegen die CDU gestellt und die integrierte Gesamtschule mit durchgesetzt, auf der sich die Schüler aussuchen können, ob sie Mittlere Reife oder Abitur machen wollen.
Gebhardt, der 1930 geboren wurde, kam nach dem Abschluss nach der 8. Klasse als Lehrling in die chemischen Werke Bergkamen. „Dort hab ich viel gelernt, abwohl wir mehrfach bombardiert wurden. Ich hab nicht geglaubt, dass ich das überlebe.“ Der Betrieb war wichtig für Adolf Hitler, da in ihm aus Kohle Benzin hergestellt wurde. Öl war im Krieg Mangelware. Auch Gebhardts Haus, das 1933 erbaut wurde, war vom Krieg schwer mitgenommen: „Vier Bomben à fünf Zentner sind auf unser Grundstück gefallen“, erinnert er sich. „Wir waren ‚80 Prozent fliegergeschädigt‘ .“
In den letzten Kriegstagen wurde es für Gebhardt noch besonders kritisch: „Ich war noch keine 15, da erhielt ich noch einen Stellungsbefehl. Wieder war ich zu früh dabei. Ich bin aber bei der ersten Gelegenheit abgehauen.“ In der Hitlerjugend war er auch, auch wenn er nicht wollte. „Ich hab mir immer gesagt: Du darfst da nix werden. Andere waren richtig stolz.“
Nach dem Krieg legte Gebhardt seine Gesellenprüfung bei der Essener Steinkohle AG ab und kam in den Übertagebetrieb. Als er 1954 gerade 23 Jahre alt war, legte er - wieder sehr früh - seine Meisterprüfung zum Elektroinstallateur ab. Sein Meisterstück war eine Gasanlage mit 5.000V-Motor. „So etwas hatten die noch nie gesehen“, schmunzelt er beim Gedanken an die Abnahme.
Später hat Gebhardt als staatlicher Aufsichtsbeamter in Dortmund gearbeitet. Von seinem Büro im Landesbehördenhaus aus hat er viele Betriebsrevisionen gemacht. „Ich musste darauf achten, dass alle Vorschriften eingehalten wurden. Auch habe ich darauf geschaut, dass die Firma in das jeweilige Umfeld passte.“ Es kam vor, dass Arbeiter auf Baustellen keinen Helm trugen. Wenn Gebhardt fragte warum nicht, kam als Antwort oft: „Das vertrag ich nicht, davon bekomm ich Kopfschmerzen.“ „Dann hättest Du lieber Uhrmacher werden sollen, da brauchst Du keinen Helm“, riet ihm dann Gebhardt.
Oft dauerte es lange, bis ein Verantwortlicher kam. „Wenn der sich entschuldigte, sagte ich: ‚Macht nichts, ich hab schon einiges gefunden‘.“ Manchmal wurde ihm auch geantwortet, es gäbe keinen Verantwortlichen. „Dann darf hier keiner arbeiten“, war dann Gebhardts Antwort. Wenn er als junger Mann in einen Betrieb kam und einen Mängel entdeckte, wurde ihm mal geantwortet: „Junger Mann, da ist seit 50 Jahren nichts passiert.“ „Aber wenn was passiert, stehen Sie vor dem Richter“, war dann Gebhardts Anwort. „Die dachten, weil ich jünger war, hätte ich keine Ahnung.“
Mit der Arbeit war Gebhardt aber noch nicht ausgelastet. So arbeitete er beim Evangelischen Männerdienst und dem SPD-Ortsverein mit und saß 23 Jahre im städtischen Schulausschuss. „Bei der Gründung des Ortsvereins 1905 war sogar ein Onkel von mir dabei.“ Oft kam er von der Arbeit heim und stieg gar nicht aus dem Auto. „Ich fragte dann nur meine Frau durchs Fenster: Wohin geht es heute?“, schmunzelt er.
Autor:Tobias Weskamp aus Kamen |
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