Autor Heinrich Peuckmann schreibt Nachruf auf Seite 1 im Stadtspiegel
Tilkowski: „Der war nicht drin“
„Ich bin traurig. Hans Tilkowski ist gestorben. Da ist ein Bild aus Kindheitstagen tief in mir geborgen.
Ich stehe im Stadion Rote Erde, Borussia spielt, im Mittelfeld mit Aki Schmidt, vorne stürmt Emma Emmerich und im Tor, ja im Tor steht einer der besten Torhüter der Welt: Hans Tilkowski. Es war großartig, ihn dabei zu beobachten, wie er rauskam und Flanken wegfaustete, sein Stellungsspiel war einmalig, Tilkowski war ein Fußballheld meiner Kindheit.
Freunde geworden
Später sind wir Freunde geworden, richtig gute Freunde, die auch einiges zusammen gemacht haben. Das Wembley-Tor, das keines war und doch die Weltmeisterschaft 1966 entschied, hat ihn bis zum Schluss verfolgt. Manchmal, wenn er mich bei einer Veranstaltung noch nicht entdeckt hatte, rief ich ihm zu: „Herr Tilkowski, ich hab da mal ne Frage“, und noch im Umdrehen antwortete er: „Der war nicht drin.“
Lange Reise
Natürlich schimpfte er anschließend, wenn auch nur leicht, mit mir, weil wir uns freuten, dass wir uns getroffen hatten.Irgendwann haben wir wegen dieses Tores sogar eine lange Reise unternommen. Der Linienrichter im Endspiel, Tofiq Bahramow, der die verhängnisvolle Fehlentscheidung getroffen hatte, war Aserbaidschaner und ein Held in der dortigen Fußballszene. Das große Stadion in der Hauptstadt Baku ist nach ihm benannt, und als dort die deutsche Fußballnationalmannschaft spielen sollte, wurde ich gefragt, ob ich nicht Tilkowski überreden könnte, zu kommen und eine Rede an der großen Statue von Bahramov zu halten.
Rede gehalten
Gemeinsam sind wir hingefahren, die gesamte Presse des Landes war zu seinem Auftritt gekommen, die halbe Regierung und Tilkowski hat völlig frei eine wunderbare Rede über Fairness und Anstand im Sport gehalten. Irgendwann hob er den Kopf, sah die Figur an und sagte: „Tofiq, wenn die noch leben würdest, hätten wir garantiert ein schönes Gespräch über unseren geliebten Sport.“ Das war eine sehr menschliche Geste, denn durch Bahramows Fehlentscheidung war ihm sein größter sportlicher Triumph verwehrt worden, nämlich Weltmeister zu werden.“
Hintergrund
Tofiq Bəhramov assistierte 1966 beim WM-Finale zwischen England und Deutschland im Jahre 1966 dem schweizerischen Schiedsrichter Gottfried Dienst. Dieser befragte Bəhramov nach einer unklaren Situation in der 101. Minute. Bahramov gab mit einer eindeutigen Handbewegung und durch Kopfnicken zu erkennen, dass der Schuss von die Torlinie überschritten hatte. Gottfried Dienst entschied auf Tor, es stand 3:2. England gewann schließlich mit 4:2.
In Baru steht vor dem Bahramov Stadion eine Statue von ihm, die den russischen Linienrichter in seiner berühmtesten Pose zeigt (siehe Foto).
Autor:Anja Jungvogel aus Unna |
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