Schneiderin Christine Obering aus Marienmünster hielt Vortrag bei Conterganbetroffenen
Schicke Mode für Menschen mit Behinderung gibt's kaum von der Stange!
"Diese Bluse hängt jetzt auf dem Bügel und Sie sehen, dass sie krumm und schief hängt!" Was so klingt, wie der Kauf einer minderwertigen und mangelhaften Ware, ist so beabsichtigt. Die Schneiderin Christine Obering aus Marienmünster kümmert sich darum, dass Menschen mit verschiedensten körperlichen Behinderungen eine passgenaue, schöne und zeitgemäße Bekleidung tragen können.
Der Contergan-Stammtisch Soest/Bad Sassendorf hatte die Schneiderin am letzten Samstag zum Treffen nach Bad Sassendorf eingeladen. Die durch das Medikament "Contergan" Anfang der 1960er Jahre im Mutterleib schwer körperlich geschädigten, nunmehr fast 60 Jahre alten Frauen und Männer können nicht mal eben schicke Mode von der Stange kaufen, die sofort richtig sitzt. Durch verkürzte oder kaum vorhandene Gliedmaße entsprechen ihre Körper keiner herkömmlichen Symmetrie. Unterschiedlich ausgebildete Arme benötigen unterschiedlich lange Ärmel, behinderungsbedingte unnatürliche Bewegungen beim An- und Ausziehen benötigen Kleidung, die man nach Möglichkeit ohne fremde Hilfe selbst an- und ablegen kann.
Die Conterganbetroffene Cordula Reich aus Höxter hatte für dieses Treffen extra ein Kleid angezogen und eine Bluse mitgebracht, die von Christine Obering speziell für sie geschneidert und angepasst wurden. So konnten die anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Stammtisches anhand dieses "Models" erfahren, worauf es bei den Anpassungen ankommt, damit die Kleidung wie "eine zweite Haut" angenehm zu tragen ist, modisch gut fällt und schick aussieht.
Zum Anfassen brachte die Schneiderin verschiedene Stoffe mit, erläuterte diese und zeigt anhand von Schnitten auf, wie solche Stoffe in für Menschen mit körperlichen Behinderungen passend gefertigt werden können. Dazu gab es im Gespräch mit ihr auch noch viele erstaunliche Hintergrundinformationen zu den Gepflogenheiten der heutigen Modebranche mit ihren Modezaren und Models.
"Und Sie bringen bei Ihrem Besuch bei mir mal zwei alte Krawatten mit, die wir zu Probezwecken zerschnippeln können. Wir werden so lange probieren, bis Sie mit Ihrer Behinderung in der Lage sind, Ihre Krawatten selbst anzulegen!", sagt Christine Obering zum Leiter des Contergan-Stammtisches, Wolfgang Schasse, als er darauf hinwies, dass es ihm sehr viel Mühe bereitet, sich in seinen Dienstanzug zu zwängen.
Die Modebranche ist auf großen Profit und Umsatz aus! Damit alles gut aussieht, schickt sie dürre Gendermodels auf die Laufstege, bei denen man kaum noch Männlein und Weiblein unterscheiden kann. "Wichtig ist aber doch, dass Frauen wie Frauen und Männer wie Männer aussehen sollen und dass Menschen mit Behinderungen auch das Recht haben, für sie passende, zeitgemäße und schicke Mode zu tragen!", so Schneiderin Obering. Und dafür gab es viel Beifall von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Contergan-Stammtisches in Bad Sassendorf und die Gewissheit, dass es jemanden gibt, der sich für sie um diese Belange kümmert.
Nähere Infos: www.contergan-stammtisch-so-bs.de
Autor:Georg Palmüller aus Kamen |
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