Tobias Schmidt (HWK) über Nachwuchsgewinnung für Betriebe
„Klar kommunizieren, dass es sich lohnt“

HWK-Abteilungsleiter Tobias Schmidt über Chancen und Möglichkeiten für den Nachwuchs im Handwerk. Foto: HWK Dortmund

Handwerk ist wieder im Trend, die Ausbildungszahlenvon 2019 zeigen dies. Doch den Nachwuchs für sich zu begeistern, ist  gar nicht so leicht für Betriebe. Tobias Schmidt, Leiter der Ausbildungsberatung der Handwerkskammer (HWK) Dortmund, dazu im Interview. 
Wie attraktiv ist das Handwerk im Jahr 2020?
"Attraktiver als noch vor ein paar Jahren. In 2019 ist es uns nach siebenJahren erstmals wieder gelungen, bei den neu abgeschlossenen
Lehrverträgen im Kammerbezirk  die 4.000-Marke zu knacken."
Wie lassen sich junge Menschen für eine dualeAusbildung begeistern?

"Mit guten Karrierechancen. Man kann als Praktikant starten und binnen weniger Jahre als Unternehmer sein eigener Chef sein. Mit gutemGehalt. Man kann als Azubi so begeistert sein vom Lernen, dass man
später ein Studium an der FH aufnimmt, wenn man das möchte. Ebenso
können Quereinsteiger im Handwerk erfolgreich ihren Weg gehen." 
Immer mehr Ausbildungsbetriebe klagen darüber, keinenpassenden Nachwuchs zu finden. Was sind die drei Hauptgründe
dafür?

"Erstens: Die demographische Entwicklung. Bis 2035 sinkt die Zahl derErwerbstätigen voraussichtlich um mindestens 4 Millionen. Zweitens:
Die wachsende Akademisierung. Das Handwerk, gerade auch hier im
Kammerbezirk, konkurriert mit einer ganzen Reihe von Hoch- und Fachschulen. Allein in Bochum und Dortmund studieren rund

75.000 Personen. Im gesamten Kammerbezirk gibt es über alle Lehrjahre hinweg über 10.000 Auszubildende. Die Einzugsbereiche vonHochschulen sind natürlich größer als die des Handwerks in der Region,
doch, wenn wir nicht ins Abseits geraten wollen, müssen wir viel mehr

als bislang die Mobilität und den Zugang zu überregionalenAusbildungsangeboten fördern. Auch bauen wir auf positive Effekte
durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das im März in Kraft treten
soll. Und Drittens: Die mangelnde Kenntnis über Karriere- und
Entwicklungswege im Handwerk." 
Wie müssen sich die Betriebe heutzutage aufstellen, um guteAzubis zu finden?

"Sie müssen klar kommunizieren, warum es sich lohnt, bei ihnenausgebildet zu werden. Am besten mit digitalen Medien, weil die jungen
Leute nun einmal primär dort unterwegs sind und sich informieren.
Parallele Angebote wie Doppelqualifizierung und Auslandspraktika,
Teilnahmen an Wettbewerben und betriebliche Benefits steigern die
Attraktivität eines Ausbildungsunternehmens natürlich deutlich.
Gleichzeitig muss ein Betrieb, der Auszubildende sucht, sich stark
vernetzen, um bei der Findung zu punkten. Sie können sich an
Vermittlungsprojekten beteiligen, Schulpartnerschaften pflegen oder mit
der Arbeitsagentur und Bildungsträgern kooperieren. "
Sind Prämien / Boni / Dienstwagen / E-Bikes / Ähnliches gute Helferfür die Besetzung freier Lehrstellen?

"Selbstverständlich haben solche „Goodies“ Einfluss, es wäre naiv, diesvon der Hand zu weisen. Vordergründig sollte es aber um die
Vermittlung fachlicher Inhalte gehen. Die jungen Leute müssen den
Eindruck gewinnen, dass der Betrieb an ihnen als Mensch und Fachkraft
interessiert ist und ihnen eine gute berufliche Zukunft bieten kann." 
Welche Unterstützungsangebote gibt es für die Handwerksbetriebevon der Kammer?

"Die Handwerkskammer und auch die Kreishandwerkerschaftenunterstützen die Betriebe mit Beratung und Vermittlung. Wir
präsentieren die Berufe und die Angebote für unsere Betriebe auf verschiedenen Messen und Veranstaltungen. Wir helfen den
Unternehmen beim Finden geeigneter Auszubildender. Wir stellen
unsere Angebote für Betriebe vor und sensibilisieren in wachsendem Maße für Chancen und Potenziale, die die Ausbildung junger Leute mit
sich bringt."

Autor:

Lokalkompass Kamen/Bergkamen/Bönen aus Kamen

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