100 Jahre Erster Weltkrieg: Bönener Kinder spielten Krieg nach
Ob Kriegsbegeisterung in Schulchroniken, Jugendliche, die Krieg spielen oder Steckrübenrezepte: Über Bönen im Ersten Weltkrieg gibt es einiges Interessantes zu berichten, wie Stadtarchivarin Barbara Börste am 21. Oktober präsentieren wird.
„Das Thema wurde bisher für den Bereich Bönen kaum bearbeitet“, sagt Stadtarchivarin Barbara Börste. „Anfragen beziehen sich meist eher auf den Zweiten Weltkrieg.“ Einen interessanten Fundus bilden doch die Schulchroniken. „Sie sind oft regelrechte Kriegschroniken“, meint die Archivarin. So geht zum Beispiel in der Chronik der Goetheschule in Altenbögge der Rektor auf die Versorgungslage vor Ort ein.
Aber auch die wirtschaftliche Lage wird geschildert und etwa Zwangsarbeiter erwähnt. „Der Rektor schreibt ziemlich blumig“, so Barbara Börste. „Dabei schwingt auch immer Euphorie mit.“
Interessant ist, dass offensichtlich auch Kinder vom Krieg begeistert waren. So gibt es Berichte, dass Zwölfjährige aus Nordbögge kleine Kämpfe und Schlachten spielten, meist gegen die Kinder benachbarter Orte. Es gab auch die so genannten Nordseefahrer: Das waren Kinder, die zur Küste fuhren und dort Kriegsschiffe besichtigten, mit denen sie auch auf See fuhren. Besonders beliebt war bei den Heranwachsenden offenbar Admiral Reinhard Scheer, Befehlshaber der deutschen Hochseeflotte in der Skagerrakschlacht 1916. Die Jugendlichen kümmerten sich in Bönen aber auch um Verwundete und richteten Theaterabende aus oder sammelten Spenden für Kriegswitwen oder das Rote Kreuz. Da Bönen im Gegensatz zu anderen Orten der Gegend noch sehr ländlich war, wurden auch Stadtkinder in den Ort geschickt.
Auch kann man in Bönen nicht unbedingt von einem Einknicken der Kriegsbegeisterung sprechen, erklärt die Stadtarchivarin. „In der allgemeinen Literatur steht meist, dass die Euphorie relativ schnell verebbte. Zumindest bei dem erwähnten Rektor ist davon nichts oder nur wenig zu spüren“, so Barbara Börste. „Selbst im Steckrübenwinter 1916/17 gibt er eher Durchhalteparolen aus und beschreibt, welche Gerichte man aus Steckrüben kochen kann.“
Barbara Börste hat im Stadtarchiv eine große Sammlung von Feldpostkarten, hauptsächlich an den Fliericher Kriegerverein gerichtet. „Die Aussagen wandeln sich mit der Zeit. Am Anfang heißt es oft nur: Es geht mir gut. Später schreiben die meisten: Es geht mir noch gut. Kritische Anmerkungen gibt es aber eher nicht. Auf einer Karte von 1915 heißt es sogar: Das Soldatenleben ist schön, wir müssen jeden Tag stramm heran.“
Auf Kriegsereignisse gehen dagegen die Kriegschroniken ein. „Auch hier ist aber vieles geschönt, oft nach dem Motto: Wir werden die Engländer schon packen“, so die Stadtarchivarin. Gasangriffe und Schlachtfelder voller Toter werden dagegen relativ emotionslos geschildert. „Man hat das Gefühl, es berührte die Leute gar nicht“, so Barbara Börste.
Autor:Tobias Weskamp aus Kamen |
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