Unna: Kundgebung für Solidarität mit der Ukraine
Paul in Lwiw hofft auf Hilfe aus dem Westen
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- Lemberg ist eine wunderschöne Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Fotos: privat
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Laut eines Berichts im SWR wurden Stellungen rund um Lwiw (Lemberg) bombardiert. Der Stadtspiegel sprach mit Paul (39), einem Reiseführer der Touristenhochburg in der Ukraine, wie sich für ihn die aktuelle Lage vor Ort darstellt.
"Es sind wohl in ein oder zwei Nachbarstädten, die militärische Ziele haben könnten, Bomben gefallen", berichtet er. Die Lage in Lemberg selbst sei ruhig. "Heute Morgen waren viele Leute in den Supermärkten unterwegs, um Hamsterkäufe zu tätigen."
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- Paul ist Fremdenführer in der schönen Stadt Lemberg, die rund 70 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt liegt. Foto: privat
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Von aufkommender Panik könne er allerdings nicht sprechen. Paul, der verheiratet ist, befindet sich zur Zeit bei seiner Mutter (64), die allein zu Hause ist und Angst hat. "Sie ist Lehrerin", erklärt er. Ihre Schule sei allerdings geschlossen und seine Mutter habe gehört, dass Lembergs Bürgermeister, Andrij Sadowyj, die städtischen Schulen für eine eventuelle Aufnahme von Flüchtlingen ausstatten würde. Man bereite sich auf die Aufnahme von Ukrainern aus anderen Regionen vor. Die Lemberger Schüler würden derzeit per Fernunterricht betreut.
Sadowy rief zudem die Einwohner seiner Stadt dazu auf, Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu verfallen. Die Bürger sollten zuhause bleiben und sich möglichst von militärischen Gebäuden fernhalten.
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- Die Touristen kommen gerne nach Lemberg. Der Flugverkehr von Dortmund nach Lwiw ist bislang noch nicht eingestellt.
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"Und daran halten sich auch die meisten", so Paul. Seit heute Nachmittag sei auf den Straßen nicht allzu viel los gewesen. Der Lemberger Fremdenführer, der hauptberuflich als Sales Manager tätig ist, hat vorerst nicht vor, die Stadt zu verlassen. "Ich werde jetzt hier gebraucht", verrät er. "In Lemberg funktionieren die Telefone und das Internet." Außerdem seien Strom, Gas, Wasser - alles da. "Morgen kann ich wohl ganz normal im Homeoffice arbeiten."
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- In den Straßen von Lwiw ist zur Zeit nicht viel los. Die Leute folgen den Anweisungen des Bürgermeisters und bleiben zuhause. Foto: Oksana Smerechynska
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Paul ist nicht naiv. Er hat schon gewusst, dass sich die Situation in der Ukraine zuspitzen wird. "Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen wird. Ich dachte: ein, zwei, vielleicht sogar sechs Monate wird sich die Krise noch hinziehen, dann gibt es Krieg. Dass es so schnell geht, habe ich nicht vermutet."
+++ Update +++
Erste Reaktionen auf diesen Bericht erreichten uns noch in dieser Nacht (Donnerstag, 24. Februar) per E-Mail von Yuliya Tretyak aus Lwiw:
„Die Schüler haben heute online gelernt. Morgen werden sie auch so lernen.
Die Leute kaufen Wasser, Medikamente, Lebensmittel, versuchen Geld aus den Bankautomaten zu ziehen. Es gibt dort lange Warteschlangen.
Auch an den Tankstellen gibt es lange Schlangen. Die Bürger kaufen zudem Waffen, um die Stadt, die Heimat, ihre Familien zu beschützen.“
„Bürger kaufen Waffen“
„Natürlich habe ich Angst, weil die Situation sehr unsicher ist. Die Ukraine steht unter Beschuss. Es tut sehr weh. Aber ich glaube an unsere Armee. Wir glauben an den ukrainischen Sieg. Ich bin aber schockiert, wie Deutschland sich verhält… 5000 Helme?“
„5000 Helme?“
Die weitere Nachricht fällt noch verzweifelter, gar wütend aus. Yuliya Tretyak scheint enttäuscht über die politischen Entscheidungen hierzulande zu sein: „Es sieht so aus, als ob Deutschland ein sehr kurzes Gedächtnis hat. Es erinnert sich scheinbar niemand mehr an die Teilung Berlins und an das Leben unter den Sowjets…
…Und wir wissen, wenn die Welt und Europa uns nicht helfen, geht er weiter (mit „er“ ist Putin gemeint; Anmerk. d. Redaktion). Er geht dann nach Poland, Deutschland usw.“
“Das ist nicht nur unser Krieg, obwohl es so scheint. Es ist auch ein Krieg für andere europäische Länder.“
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- Oksana Smerechynska unterrichtet Deutsch an der Polytechnic National University in Lwiw. Foto: privat
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Oksana Smerechynska, ebenfalls aus Lwiw, sagte dem Stadtspigel am Telefon: "Bomben fielen bislang noch nicht, aber die Sirenen heulten heute schon zweimal. Ich bin trotzdem in Sorge und will versuchen, mich irgendwie nützlich zu machen", verrät sie.
"Ich arbeite als Deutschlehrerin an der Polytechnic National University in Lwiw, doch der Unterricht fiel gestern und heute (am Donnerstag, 24.2. und Freitag 25.2) aus."
Den ganzen Tag habe sie gestern die aktuellen Nachrichten gelesen und versucht zu verstehen, was da gerade passiert. "Ich war geschockt", gesteht sie, aber am heutigen Freitag, wo sie sich ein bisschen sammeln konnte, ist Oksana dann doch vor die Tür gegangen, um in der Bibliothek, gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen, Tarnnetze herzustellen, die für die Streitkräfte an verschiedenen Standorten in der Stadt positioniert werden.
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- Oksana half heute mit, Tarnnetze für die Streitkräfte herzustellen, die an verschiedenen Standorten in der Stadt positioniert werden.
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"Außerdem möchte ich mit meinen Sprachkenntnissen Brücken bauen. Das ist jedenfalls mein Ziel."
Aus diesem Grund engagiert sie sich zudem mit Meldungen auf diversen Social Media Kanälen, um mit Menschen aus Deutschland in Kontakt zu treten. Ihr Bruder wurde bereits mobilisiert, zu den Waffen zu greifen. "Er hat mir erzählt, dass er gestern zu einem Mobilisationsstützpunkt kommen sollte."
Lwiw (Lemberg in der Ukraine)
Die Stadt Lwiw liegt rund 70 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt und hat ungefähr 800.000 Einwohner. Sie bildet das wichtigste Oberzentrum im Westen der Ukraine, ist Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks Oblast Lwiw und die siebtgrößte Stadt der Ukraine.
Kundgebung in Unna
Anlässlich des russischen Einmarsches in die Ukraine am frühen Donnerstagmorgen haben die politischen Jugendorganisationen im Kreis Unna kurzfristig eine Kundgebung auf dem Unnaer Marktplatz angemeldet.
Gemeinsam möchten Junge Union, Jungsozialisten, Junge Liberale und Grüne Jugend als Teil der Zivilgesellschaft ein Zeichen der Solidarität setzen.
Die Kundgebung für Frieden für Europa und Solidarität mit der Ukraine findet am Freitag, den 25. Februar, um 16:00 Uhr statt. Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, an der Versammlung teilzunehmen. Es gelten Maskenpflicht sowie die bekannten Abstandsregeln.
Autor:Anja Jungvogel aus Unna |
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