Claudia Keuchel: "Ich Kandidiere...!"
"Heimat ist mehr als nur ein Ort"
Am 13. September 2020 finden Neuwahlen für die kommunalen Parlamente und viele Spitzen von Städten, Gemeinden und Kreisen statt. Der Stadtspiegel präsentiert bis zum Wahltag die Bürgermeisterkandidaten aus Unna, Holzwickede, Bergkamen und Bönen und bietet bis zum Schluss einen Überblick. Heute beantwortet Claudia Keuchel (Grüne) aus Unna die Interview-Fragen.
Stadtspiegel: Was haben Sie sich für die ersten 100 Tage Ihrer Amtszeit vorgenommen
Claudia Keuchel: Ich möchte mir mit einem Kassensturz einen Überblick über die Finanzen verschaffen, mich meinen Mitarbeiter*innen vorstellen und sie mit allen ihren Ideen, Problemen und Lösungen besser kennenlernen. Für die systemische Analyse geeigneter millionenschwerer Fördertöpfe für finanzschwache Kommunen werde ich eine Taskforce „Unna fördern“ im Rathaus zusammenstellen, die auch die Antragstellung bewältigt.
Ich werde einen Bürgerhaushalt und Bürger*innensprechstunden einrichten, die Bürgerbeteiligung auch auf digitalem Weg stärken, eine Baum- und Pflanzoffensive angehen und die Weichen für eine Verkehrswende stellen. Jugend-Räume schaffen und eine Moutainbikestrecke in z.B. in Massen bauen. Und endlich integrierte Stadtentwicklungskonzepte mit dem Blick auf das große Ganze für die weiteren 1.725 Tage meiner Amtszeit entwickeln.
Stadtspiegel: Wo sehen Sie Sparpotenzial im Unnaer Haushalt und welche Bereiche sind für Sie tabu?
Claudia Keuchel: Zuallererst: Eine Stadt ist kein Unternehmen, das Gewinne abwerfen muss, sondern sie ist mit ihren Steuermitteln dem Gemeinwohl für die Bürger*innen bei guter Haushaltsführung verpflichtet.
Pauschalaussagen über freiwillige oder Pflichtaufgaben helfen nicht weiter.
Wir werden sicherlich über Budgetverteilung reden müssen – aber vor allem mit den Menschen in unseren Stadt- und Ortsteilen. Es geht schließlich um unsere Lebensqualität – ich werde die Stadt nicht kaputt sparen.
Darüber hinaus müssen wir auch über Einnahmeverbesserungen reden. Zur Finanzierung der Angebote dürfen starke Schultern mehr tragen, damit schwächere auch mal kostenfrei zum Zuge kommen. Wir werden über die Verteilung von Reichtum und Armut in dieser Stadt reden müssen – das gilt zum Bespiel auch für Kita-Gebühren oder einen Sozialpass, der wieder kostenfreien Zugang zu vielen öffentlichen Angeboten öffnet.
Wir brauchen eine Altschuldenhilfe vom Land NRW, um handlungsfähig zu sein. Leider stellt sich die CDU-Fraktion im Landtag immer noch dagegen. Eine Kommune ist der wichtigste öffentliche Investor. Hier werde ich das Corona-Konjunkturprogramm mit ökologischer Lenkungswirkung ansetzen, das Maximum an den aktuell reichlich gefüllten Fördertöpfen für Unna ausschöpfen und mit dem Gesamtprogramm das heimische Handwerk und Gewerbe stärken.
Vervollständigen Sie bitte kurz & knapp die angefangenen Sätze:
"Beim Begriff „Neuanfang“ denke ich…
... an den Lieblingsdichter meiner Jugend, Hermann Hesse: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne… und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen; nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. Unna braucht endlich einen politischen Neustart für das nächste Jahrzehnt 2030+. Zeit, dass sich wieder etwas tut, so kann und wird es mit mir nicht weiter gehen."
"Wenn die Pandemie vorbei ist, …
... dann haben wir einen Impfstoff gefunden und solange mit A-H-A (Abstand- Hygiene- Alltagsmaske) aufeinander Rücksicht genommen und auf Schwächere gut aufgepasst. Wir werden mit Stolz auf diese Solidarität untereinander zurückblicken können. Ich werde es wieder genießen gesellig zu sein, ohne auf Distanz zu den Menschen gehen zu müssen.
Das Stadtfest wird nächstes Jahr… als Kulturereignis hoffentlich von mir eröffnet. Oft wissen wir die Dinge erst richtig zu schätzen, wenn sie fehlen.
"Der Unnaer Verkehr...
... liegt mit seinem Anteil an Autoverkehr 10 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Wir müssen den öffentlichen Raum und Mobilität neu denken und für alle gerecht verteilen – nämlich auch für Fußgänger*innen und Radverkehr. Sie bekommen sichere, miteinander verbundene und komfortabel ausgestattete Wegenetze, die an ihre Bedürfnisse angepasst sind (Nord-Süd und Ost-West Achsen) bis in die Stadtteile. Der ÖPNV muss gute Tarife und Taktungen bekommen, damit sich für jeden das Umsteigen lohnt."
"Flüchtlinge sind für mich…
... in großer Not. Als Kind geflohener bzw. vertriebener Eltern aus Ostpreußen und Schlesien, die der 2. Weltkrieg aus dem Osten verschlagen hatte, habe ich schon früh gelernt: Heimat ist mehr als nur ein Ort. Wer diese Strapazen auf sich nehmen muss um zu überleben, hat unsere Unterstützung verdient. Flüchtlingspolitik ist eine gesamteuropäische Aufgabe, Unna hat sich als „Sicherer Hafen“ bereit erklärt, einen eigenen Beitrag dazu zu leisten." siehe Seebrücke
"Die Zukunft der Innenstadt…
... hängt davon ab, wie wir sie mit hoher Aufenthaltsqualität gestalten. Unna hat einen historischen Stadtkern, den wir erhalten und wertschätzen müssen. Wir brauchen mehr Grün(oasen) und Wasser in der Stadt für kommende Hitzewellen, Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sollen sich sicher bewegen können. Damit ist die Innenstadt hoch attraktiv und stützt weiter Handel und Gastronomie."
Familie bedeutet für mich...
... ein Heimatgefühl, zusammenhalten und füreinander da sein. Meine besten Freunde und mein Hund Eddie gehören auch dazu – in guten wie in schlechten Zeiten.
Wenn ich am 13. September nicht zur Bürgermeisterin gewählt werde,...
... dann strenge ich mich noch mal richtig an, damit es in der Stichwahl am 27. September klappt."
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Autor:Anja Jungvogel aus Unna |
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