Kamen: Wildtierrettung in letzter Minute
Babyfeldhase in Not
Der Schreck sitzt Svenja Ziegenbein noch in den Gliedern, wenn sie an die laue Sommernacht denkt, als ihre Katze einen winzigen Feldhasen nach Hause schleppte.
Die Kamenerin wurde durch lautes Maunzen ihrer Katze wach, die für gewöhnlich nachts durch ihr Heerener Revier streift. "Manchmal erwischt sie eine Maus, aber noch nie einen Hasen", verrät Svenja. Das Tier war augenscheinlich keine zwei Tage alt, aber es lebte und schien nahezu unversehrt. "Die Nabelschnur war noch nicht abgefallen. Der Hase war winzig klein", so Svenja. Intuitiv tat sie genau das Richtige und wickelte das kleine Geschöpf behutsam in ein weiches Handtuch. Bis zum nächsten Morgen kam das Baby dort erst einmal zur Ruhe.
Doch was war jetzt zu tun? Svenja Ziegenbein hatte keine Ahnung und recherchierte im Internet. In der Facebook-Gruppe "Du bist Kamener, wenn..." bekam sie den rettenden Hinweis, umgehend Kontakt zu einer Wildtierhilfe aufzunehmen.
"Ich habe daraufhin ein paar Telefonnummern versucht, bis ich schließlich Andrea Siegmund an der Strippe hatte." Diese Tierschützerin aus Witten, die beim Veterinäramt gemeldet und geprüft ist, zögerte nicht lange und bat die Kamenerin, sich mit dem Hasen sofort auf den Weg zu machen. Gesagt, getan. Keine vier Stunden später konnte Svenja das verängstigte Tier der erfahrenen Wildtierschützerin übergeben.
Andrea Siegmund kennt sich in Sachen Wildtierhilfe bestens aus. Zur Zeit beherbergt die Wittenerin neun Feldhasen, zwei Wildkaninchen, acht Steinmarder und sechs junge Iltisse, deren Mutter auf der Straße überfahren worden ist. Alle Tierchen werden von Andrea aufgezogen und nach zwei bis drei Monaten gesund und munter in die Freiheit entlassen.
"Wichtig war für den kleinen Hasen, dass er sofort ein Antibiotikum gespritzt bekam, so dass er keine Sepsis entwickelte", erklärt Andrea Siegmund. Zunächst nahm er an Gewicht nicht zu und Andrea befürchtete schon, dass der kleine Feldhase es nicht schaffen würde.
"Doch dann trank er plötzlich gierig und nahm Tag für Tag an Gewicht zu.“ Über den Fortschritt, den der kleine Hase zur Zeit macht, hält Andrea Siegmund die Kamenerin auf dem Laufenden. Alle paar Tage schickt sie Svenja via Facebook ein paar Fotos von dem stetig wachsenden Baby. "Erst wenn es anderthalb bis zwei Kilo auf die Waage bringt, wird es ausgewildert", verrät sie.
Mit der Aufzucht von Wildtieren kennt Andrea sich aus, die seit Kindesbeinen eine große Tierfreundin ist. "Mein verstorbener Lebensgefährte war Veterinärmediziner und hat mir einiges beigebracht."
Sie gibt ihr Wissen nun auch gerne an andere weiter und bittet darum, dass man verletzte oder zurückgelassene Wildtierbabys nicht einfach ihrem Schicksal überlassen sollte. "Gerade bei den Wildhasen handelt es sich um eine gefährdete Tierart. Man muss keine Angst haben, ein Tier mit nach Hause zu nehmen. Im einfachsten Fall ruft man die Polizei an, die den zuständigen Jagdpächter informiert. Dann hat man alles richtig gemacht."
Manchmal hoppelten hilfesuchende oder verletzte Hasen und sogar Eichhörnchen den Menschen hinterher. "Dann darf man sie ruhig mitnehmen und anschließend die Wildtierhilfe aufsuchen."
Sie warnt allerdings davor, Tiere aufzunehmen und es im Alleingang zu probieren. „Das geht meistens schief. Erst gestern rief mich eine verzweifelte Frau an, die zwei Feldhasen aufziehen wollte und damit keine Erfahrung hatte. Einer ist jetzt gestorben und den anderen versuchen wir nun zu retten.“
Denn allein mit der Fütterung sei es nämlich nicht getan. Man sollte sich auch nicht auf Tipps aus dem Internet verlassen. „Wildtiere sind schon sehr speziell und bedürfen einer artgerechten Aufzucht.“
Andrea betreibt mit anderen TierschützerInnen eine Homepage im Internet, auf der einige Hilfe-Telefonummern zu finden sind: Feldhasenhilfe.de
Autor:Anja Jungvogel aus Unna |
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