„Vier Monate im Jahr 1847 gelebt“: Heinrich Peuckmann verfasst Roman über Honoré de Balzac
Es geht um eine Zugfahrt, aber eigentlich um ein ganzes Leben: Mit „Die lange Reise des Herrn Balzac“ ist dem Kamener Autor Heinrich Peuckmann ein umfassender Roman über den französischen Schriftsteller Honoré de Balzac gelungen.
„Eigentlich ist das eine ganz alte Idee von mir, ein Buch über Balzac zu schreiben“, erzählt Heinrich Peuckmann. „Mir fehlte nur immer die Idee, wie ich sein Leben gebündelt erzählen könnte.“ Einer seiner Söhne brachte ihn schließlich darauf, das Thema nach 25 Jahren endlich anzugehen. Balzacs (1799-1850) Hauptwerk ist der etwa 88 Werke umfassende Romanzyklus „Die menschliche Komödie“. In den Geschichten versuchte er, die Gesellschaft des damaligen Frankreichs abzubilden. Peuckmann entdeckte, dass Balzac 1847 eine Woche lang mit dem Zug von Paris zu seiner großen Liebe, der Großgrundbesitzerin Ewelina Hańska im damaligen Russischen Reich (heute Ukraine), reiste. Neben der Liebe gab es aber auch noch einen ganz anderen Grund für die Reise: Geldmangel. „Balzac hatte große Schulden, bis zu 300.000 Franc“, erklärt Peuckmann.
Während der Reise hat Balzac viel Zeit zum Nachdenken und reflektiert sein Leben: seine Liebschaften, sein literarisches Schaffen, aber auch seine ständige Furcht vor Gläubigern und Geldeintreibern. Peuckmann schildert eindringlich, wie er sich verbirgt, mal bei einer Geliebten, mal in einem schäbigen Mietshaus. Auch seine Mutter und Schwestern, vor allem Laure, die ihm sehr wichtig war, tauchen auf. Der Leser lernt Balzac auch als zurückgewiesenen Liebhaber kennen, der sich rächt, indem er die ihn verschmähende Dame zur Protagonistin eines seiner Werke macht. Seine Meinungen über Liebe und Geld klingen oft aktuell. „Vieles, was Balzac denkt, kann man auch auf die heutige Zeit beziehen“, sagt Peuckmann. Ihm gelingt es, dass der Leser viel über den schwierigen Chrakter Balzacs und seine Zeit erfährt - und das auf unterhaltsame Art und Weise.
Für seinen Roman hat Peuckmann eifrig recherchiert. Das Coverbild hat sein Sohn Lukas gemacht. „Ich habe quasi vier Monate im Jahr 1847 gelebt“, sagt er lachend. So erfuhr er beispielsweise, dass Eisenbahnwaggons damals immer einen eigenen Zugang hatten. Einfach wechseln ging während der Fahrt nicht. In Köln mussten die Reisenden zu Fuß über eine Brücke, da diese nicht für Züge geeignet war. In Magdeburg gab es eine Fähre. Sogar einen kleinen lokalen Bezugspunkt hat Peuckmanns Geschichte: „Balzac reiste auch mit der Köln-Mindener Eisenbahn, die grade fertig geworden war. Diese fuhr auch über Kamen.“ Balzac war also in Kamen – wenn auch nur für wenige Minuten.
Peuckmanns Krimi „Tarnbriefe“ wird demnächst das Buch der Woche bei der Schriftstellervereinigung Syndikat, in der der Kamener Autor Mitglied ist.
Autor:Tobias Weskamp aus Kamen |
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