Täter stahl Geldbörse aus der Handtasche - Muss der Supermarkt haften?
An der Kasse beklaut
Typische Situation: Noch schnell fürs Wochenende einkaufen, der Supermarkt ist voll und an der Kasse drängelt sich eine lange Warteschlange. Diesen Stress machte sich ein Gauner zunutze und wagte einen beherzten Griff in die Handtasche einer Kundin.
So erging es Heidrun Grams aus Bönen, als sie mit ihrer Mutter am Freitag beim Einkaufen in Kamen war. "Während ich mich mit meiner Mutter unterhielt, wollte ich nebenbei meine Geldbörse aus der Tasche holen. Ich griff allerdings ins Leere und wollte es erst gar nicht glauben", beschreibt Heidrun Grams ihren Schockmoment an der Kasse.
Ihre kurze Unaufmerksamkeit hatte ein dreister Dieb ausgenutzt und konnte danach schnell in die Anonymität des überfüllten Supermarktes abtauchen.
Heidrun Grams war außer sich und brüllte los: "Meine Geldbörse ist weg. Man hat mich beklaut!"
Sofort war sie von einigen Kunden umringt und hörte eine Frau sagen: "Das passiert hier doch dauernd." Heidrun Grams war fassungslos und musste sich erst einmal beruhigen.
Zuhause angekommen schrieb sie der Supermarkt-Zentrale eine E-Mail und fragte nach, ob der Laden per Video überwacht wird. Sie hatte Glück, man versicherte ihr, dass der Filialleiter die Aufnahmen an die zuständige Polizeibehörde im Kreis Unna weiterleiten wird.
"Das Schlimmste an der Sache ist, dass nach Aussagen der Kundinnen dort Diebstähle wohl an der Tagesordnung sind", resümiert Heidrun Grams. Sie vermutet, dass sich jemand drauf spezialisiert haben könnte, die Kamener Kunden auszurauben.
Grams ist der Meinung, dass es die Pflicht der Filiale sei, draußen ein Schild anzubringen, welches auf den Zustand hinweist. "Ganz klar, wer solche Zustände toleriert und nichts dagegen unternimmt, muss für den Schaden aufkommen", denkt sie.
Das sagt der Anwalt zum Fall
Stadtspiegel-Leseranwalt Gerrit Rethage antwortet auf die Frage, ob der Supermarkt dafür haften muss: "Auf den ersten Blick wirkt das sehr weit hergeholt, bei längerer Überlegung jedoch nicht."
Dazu der Rechtsanwalt: "Fest steht, dass bei einem Handtaschen-Diebstahl einer Privatperson, das Kaufhaus damit absolut nichts zu tun hat. Aber man könnte an eine sogenannte Obhutspflicht denken, die sich im Rechtsleben entwickelt hat und die es in vielen Bereichen gibt." Dabei zählt er das Arbeitsrecht, das Verkehrsrecht, das Erziehungsrecht und auch das Kaufrecht auf.
"Man muss daran denken, dass die Verletzung einer Obhutspflicht immer voraussetzt, dass ein Verschulden vorliegt, um einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. In diesem Fall ist allerdings weder ein Tatbestand der Obhutspflichtverletzung noch ein Verschulden erkennbar."
"Der Vorwurf, dass es keine Beschilderung im Supermarkt gibt, stellt meines Erachtens keine Verletzung einer Obhutspflicht dar", erklärt Rethage und sagt abschließend: "Der Hinweis, dass ein Laden videoüberwacht ist, wird übrigens auch nicht zum Schutz der Kunden gegeben, sondern dient der Eigensicherung der Kaufhäuser."
Der Kamener Anwalt rät dem Opfer in diesem Fall dringend von einer Klage gegen den Supermarkt ab. "Jeder ist grundsätzlich für sich selbst verantwortlich."
Beschreibung der Geldbörse
Sie ist länglich, aus rot gefärbtem Schlangenleder-Imitat und trägt mittig einen schwarzen Lederbalken mit dem Schriftzug "Calvin Klein".
Autor:Anja Jungvogel aus Unna |
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