Besinnliches von Martin Funda: "Wir schaffen das!"

Martin Funda, Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Bredenscheid-Stüter
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Als Konfirmand war ich alles andere als frühreif. Meine Kinder haben noch heute Spaß, wenn sie mich auf dem offiziellen Gruppenfoto suchen. Obwohl ich in der hinteren Reihe auf einer Bank stehe, rage ich kaum über die Jungs in der ersten Reihe hinaus.

Und dann suchte mir mein Pastor als Spruch aus: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zuversicht.“ (2Tim 1,7)
Ich fühlte mich mickrig, und dann das! Das war doch wohl nicht sein Ernst.
Zehn Jahre später war die große Zeit der Friedensbewegung. Ich studierte Theologie und einige meiner Mitstudenten und ich gründeten eine Bezugsgruppe, die Raketentransporter mit Sitzblockaden symbolisch aufhalten wollte. Als die Polizei zum Räumen aufmarschierte, begannen wir Taizé-Lieder zu singen. Und – die Polizei ließ uns sitzen. Irgendwann trollten wir uns.
Ich hatte mir nicht vorstellen können, dass ich den Mut aufbringen würde – und doch hatte ich mitgemacht. Und da fiel mir mein Konfirmationsspruch wieder ein, mit dem ich die ganze Zeit gehadert hatte. Da kannste mal sehen!
Wir schaffen das!
Wenn ich nicht auf das, „Wie schafft man das?“ schaue, sondern auf das „Wir“, werde ich nachdenklich. Wenn ich allein alles schaffen will: Krieg verhindern, ein glückliches Alter vorbereiten, die Welt oder wenigstens das christliche Abendland retten, überfordere ich mich. Dann bin ich geschafft. Aber ich muss es ja auch nicht.
Manchmal bin ich überrascht, woher mir Kraft zur Liebe und Zuversicht kommt. Ich habe einen starken Verbündeten, der mich geschaffen hat.
Und gemeinsam schaffen „wir“ das.
Dietrich Bonhoeffer hat seine Überzeugung mit viel größerer Konsequenz vertreten – bis in den Tod. Und er hat ein Glaubensbekenntnis hinterlassen, in dem es heißt: „Ich glaube, dass Gott aus allem... Gutes entstehen lassen kann und will. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie uns nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.“
In diesem Sinne: Wir schaffen das!
Ihr
Martin Funda, Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Bredenscheid-Sprockhövel

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Roland Römer aus Hattingen

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2 Kommentare

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Barbara Erdmann aus Gladbeck
am 16.09.2016 um 19:51

Schöne Worte von Pfarrer Martin Funda. Ich bin auch Christ und Demokrat, aber ich lasse mich nicht gerne instrumentalisieren, denn nichts anderes bedeuteten die Worte "Wir schaffen das". Das ist ja gerade so, als gäbe ein Lehrer seinen Schülern einen türkischen Text in die Hand mit dem Auftrag, ihn zu übersetzen. Auf Nachfragen käme dann der Satz: "Ihr schafft das schon!"
Ich glaube, dass fast niemand Hilfesuchenden seine Hilfe versagt, aber was hier an politischem Chaos und gesellschaftlicher Spaltung durch drei Worte erzeugt wurde, macht mich nicht verständnisvoll, sondern fassungslos.

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Brigitte Frohmut aus Hattingen
am 17.09.2016 um 23:13

Wir schaffen die Natur zu zerstören.Tiere auszurotten,Kriege zu führen u.s.w.
Also in diesem Sinne!