Unsere Nachbarn (1) - Förderung von Nischen-Musikern als eigenes Geburtstagsgeschenk

Mit den Jahren wird es immer schwieriger noch ein passendes Geschenk für sich und den Partner zu finden. Man hat sich eine Existenz aufgebaut, einen Baum gepflanzt, wie es sprichwörtlich heißt, Kinder groß gezogen, man hat alles erreicht und erlebt. Und plötzlich kommt der Ruhestand: Für den einen Rentner ist es eher ein Unruhestand, weil die tägliche Zeit einfach unendlich lang wird, der andere spürt einen Unruhestand, da er sich neuen Dingen und Hobbies widmet und die Zeit einfach gut organisiert werden muß.

So auch bei Paul Jahns (65 J.) und seiner zwei Jahre jüngeren Gattin Iris aus dem beschaulichen Moerser Vorort Eick-Ost. Sie lieben und leben Musikrichtungen wie Boogie-Woogie, Jazz und den Blues. Aber anstatt nur die Musik zu genießen und Konzerte zu besuchen, widmet er sich - und seine Gattin zieht gerne mit - auf eine besondere Art der Förderung von Musikern. Dieses Hobby, was für den ehemaligen Sozialarbeiter in der Jugendgerichtshilfe inzwischen zur Passion geworden ist, begann an einem lauen Abend in 2004 in der Düsseldorfer Altstadt.

Über Lautsprecher ertönte vor einem Jazz-Keller Boogie-Woogie-Musik. Interessiert stiegen die Jahns die Treppe herunter und erblickten einen Mann mit "Oberarmen wie ein Möbelpacker, Hände wie Bratpfannen, er schob das Klavier hin und her, drückte einige Tasten", so sind die Erinnerungen an diesen Abend. Paul Jahns weiter: "Er war als Pianist nicht zu erkennen, was macht dieser Möbelpacker am Piano?" Nach einer Dreiviertelstunde Schmaus für die Ohren, stand für den Eicker, der selbst 5 Jahre Klavierunterricht - davon das Letzte im Park spazierend geschwänzt - hatte, diesen Mann, der so leidenschaftlich Musik verkörpert, werden wir in seiner Karriere begleiten: Jörg Heegemann aus Witten.

Nun im 7. Jahr schenkt Paul Jahns sich und anderen leidschaftlichen Boogie-Fans in seinem Geburtstagsmonat November einen Konzertabend mit Jörg Heegemann's Trio (inzwischen) im Kunst-Cafe' Jedermann in der Geldernsche Straße 16. Die Wirtsleute Christian und Florian Hirschmann stellen ihre Gaststätte der gehobenen Gastronomie zur Verfügung, Organisation, Werbung und Management des Abends hält der rüstige Rentner inne. "Würde ich mit meiner Frau einen Konzertabend mit Jörg in der Essener Philharmonie besuchen, kostet es uns zwei mal Eintritt von 40 Euro, Fahrtkosten und Pausengetränke, also über 100 euro", rechnet Jahns vor. Seine organisierten Konzertabende im Jedermann werden von einem Stammpublikum aus fast 85 Fans besucht, das zu deckende Minus bei einem fairen Eintritt von zehn Euro entspräche den Kosten für eine zünftige Geburtstagsfeier. Iris Jahns zwinkert bei dieser Rechnung lachend die Augen und weiß um die Leidenschaft ihres Mannes, der die erlesene Fan-Gemeinde aus Moers, Neukirchen und Baerl noch handschriftlich und postalisch einlädt. Sechs Wochen vor dem Konzert wandelt sich der Eßtisch zum Arbeitstisch an dem Pressenotizen zusammengestellt und Plakate noch in Handarbeit gestaltet werden, denn "ein Computer wird nie ins Haus einziehen."

Zusätzlich zu dem in diesem Jahr am 18. November ab 20 Uhr im Jedermann statfindenden Abend mit Jörg Heegemann hat Paul Jahns noch weitere Pläne: Jörg Heegemann's Trio soll mit einem weiteren Pianisten, Moritz Schlömer, im September 2012 vor noch größerem Publikum im Kammermusiksaal der Stadt Moers "boogen & woogen", der Saal ist schon angemietet. Und einmal Lunte gerochen, protegiert und präsentiert Jahns noch das Blues-Duett "Dr. Mojo" Anfang März Anfang im Jedermann. Auf die abschließende Frage, wann und wen ihr Mann als 3. Künstler fördern wird, kommt wieder das leichte Augenzwinkern bei Iris Jahns: "Mach' mir den Gefallen, bei den Zweien belassen wir's!" Sicher?

über Jörg Heegemann:
http://www.joerghegemann.info/

über Dr. MOJO:
http://www.doctormojo.de/