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Verkehrswende zwischen Bedarf und Utopie
(TRD/MID) Der Motor-Informations-Dienst (mid) von der Nachrichten Agentur Global Press versucht sich an einer kritischen Analyse.
Zentral bei der Verkehrswende sind Umweltschutz und Reduzierung des Individualverkehrs in urbanen Räumen. Zum Umwelt- und Klimaschutz gehören das Verbot des Verbrennungsmotors und die Stärkung der Elektromobilität. In Wohngebieten sollen Stellplätze für Autos Fahrrad-Parkflächen oder hübscher Begrünung weichen. Kompensiert werden soll die Verdrängung des Automobils durch den Ausbau des Bus- und Bahnverkehrs.
Die ersten Ergebnisse sind zu besichtigen in Form von Fußgänger- und Radwegzonen dort, wo früher Autos fuhren oder parkten. Nun gibt es bei alledem Licht und Schatten: Ruhige Straßen mit wenigen und zudem sehr leisen Elektroautos, viel Grün, ein öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) in Top-Form, eine Deutsche Bahn mit verdichtetem Schienennetz und intelligente Carsharing-Modelle für Leute mit Führerschein, die aber ihr Auto abgeschafft haben, gehören zu den schönen Seiten einer Verkehrswende – aber wohl zu schön, um wahr zu werden.
Bei kritischer Betrachtung fällt auf, dass der Ersatz des Individualverkehrs in einer Größenordnung bereit gestellt werden müsste, die unrealistisch ist. Schöne Utopien gehen demnach am schnöden Bedarf der Bürger vorbei. Und der Mobilitätsbedarf in einer modernen, produktiven Wohlstandsgesellschaft ist nun mal gigantisch und lässt sich mit noch so großen Homeoffice-Offensiven nicht entscheidend verringern.
Die mit der Utopie verbundenen Voraussetzungen gehen mit einer langen Problemkette einher: Zunächst gerät die Elektrifizierung des Individualverkehrs in einen Zielkonflikt mit der Energiewende, bei der ja auf Kernkraft sowie Kohle- und Gasverstromung irgendwann verzichtet und hauptsächlich auf Sonne und Windkraft gesetzt werden soll. Überdies sind die Stromnetze noch nicht auf die entsprechenden Mehrbelastungen eingerichtet.
Insofern funktioniert die Elektrifizierung des Autoverkehrs nur dann, wenn deutlich weniger Autos als heute unterwegs sind. Dies wiederum würde die Kapazitäten aller anderen Verkehrsmittel bei gleichbleibendem Mobilitätsvolumen übersteigen. Um dies nachvollziehen zu können, genügt ein Blick in die Verkehrs-Statistiken des Statistischen Bundesamtes. Daher ist zu verstehen, warum das Verkehrsministerium hinsichtlich Wende noch leicht auf die Bremse tritt. Allerdings vernichten Kommunalpolitiker gegenwärtig in Wohngebieten Parkraum, als sei die Utopie bald Wirklichkeit.
Die nicht bedarfsgerechte, sondern Utopien folgende Strategie der Wende-Politiker birgt auch sozialen Sprengstoff: Es ist ja offensichtlich, dass die sozial schwächere Hälfte der Gesellschaft von Mobilitätseinbußen betroffen sein wird und nicht die obersten 50 Prozent. Dies würde die soziale Spaltung noch einmal vertiefen, denn bereits bei der Arbeitssuche entscheidet Mobilität über Chancen, einen passenden Job zu finden. Die Flexibilität, die ein Auto bietet, können alternative Verkehrsmittel grundsätzlich nicht bereitstellen – es sei denn, rund um die Uhr wären flächendeckend Busse unterwegs.
Autor:Heinz Stanelle aus Düsseldorf |
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