Initiative will gegen "Geisterbahn" klagen
Rund 120 Gäste kamen am 18. Februar zur Informationsveranstaltung der Initiative Angermund ins Schützenhaus am Freiheitshagen. Der Kampf der Lärmgegner gegen die Deutsche Bahn geht nun in die nächste Runde: Die Initiative will die Bahn wegen fehlender Genehmigungen verklagen.
Seit Jahren brausen ICEs, fahren Regionalexpresszüge sowie Güterwaggons mitten durch Angermund und rauben den Anwohnern den Schlaf. Möglicherweise dürfen hier aber gar keine Züge fahren, denn die Initiative Angermund will herausgefunden haben, dass für den Streckenabschnitt überhaupt keine Genehmigung vorliegt. Trotz intensiver Nachfragen bei der Bahn, Behörden, Unternehmen und selbst im Bundesarchiv war keine Genehmigungsurkunde auffindbar. Deshalb will der Verein gegen die "Geisterbahn" vor dem Verwaltungsgericht klagen.
Bahn verweist auf Bestandsschutz
Die Deutsche Bahn beruft sich auf den historischen Bestandsschutz der 1846 von der Cöln-Mindener Eisenbahn eröffneten Bahnlinie und verspricht Lärmschutz nach dem sechsgleisigen Ausbau für den Rhein-Ruhr-Express. Anwalt Dr. Clemens Antweiler, Rechtsbeistand der Initiative, will dies aber so nicht gelten lassen. Für ihn ist die Trasse aufgrund der fehlenden Genehmigung rein rechtlich ein "Schwarzbau". Schließlich habe bereits das preußische Eisenbahngesetz von 1838 ein Planfeststellungsverfahren gefordert. In den 1930ern wurde die Trasse von zwei auf vier Gleise erweitert und in den 50er Jahren elektrifiziert, zuletzt erfolgte in den 90ern die technische Aufrüstung mit der Linienzugbeeinflussung für Hochgeschwindigkeitsverkehr. Auch hierfür lägen keine Planfeststellungsbeschlüsse vor. Der Bestandsschutz rechtfertige insbesondere aus Sicht des Anwalts keine Intensivierung der Nutzung. "Es ist völlig absurd anzunehmen, dass was 1846 mal genehmigt worden sei, heute alles erlaube", sagt Antweiler.
Die Konsequenz ist für Antweiler ganz klar: Ohne fehlende Genehmigungen müssten solche Schwarzbauten gegebenenfalls abgerissen werden. Endet der Bahnverkehr etwa bald an Prellböcken in Kalkum und Duisburg-Rahm? So weit will Vereinsvorsitzende Elke Wagner allerdings nicht gehen: "Wir fordern auch ohne den RRX-Ausbau einen sofortigen Lärmschutz, kurzfristig Nachtfahrverbote und eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Das ist das mindeste, wenn man uns offenbar seit Jahrzehnten mit Lärm belästigt, der nie geprüft und genehmigt wurde."
Sollte das Gericht dem Antrag stattgeben, wäre das für die Bahn der Super-GAU. Sie müsste dann langwierige Genehmigungsverfahren nachholen. Das RRX-Projekt könnte sich um Jahre verzögern, da es sich dann um keinen Ausbau der Strecke um zwei zusätzliche Gleise mehr handeln würde, sondern um einen sechsgleisigen "Lückenschluss" auf Grundlage der aktuellen Lärmgesetzgebung.
Den Vorwurf, den RRX stoppen zu wollen, weist Elke Wagner weit von sich: "Wir sind keine Verhinderer. Wenn der RRX kommt, dann muss das allerdings ordentlich gemacht werden." Hierzu habe die Initiative ja bereits alternative Pläne für einen Tunnel entwickelt. Die Bahn hingegen habe sich seit zweieinhalb Jahren nicht bewegt und will weiterhin nur Lärmschutzwände errichten. Hier sei dem Verein die ganze Arroganz der Macht seitens der Bahn entgegengestoßen, sagt Wagner. Auch vom Oberbürgermeister und seiner Partei sei die Initiative enttäuscht. Diese haben sich bereits mit der Lärmwand abgefunden. "Ich wünschte mir mehr Unterstützung von der Stadt", beklagt Wagner. Zumal die Kosten für den RRX der Bund trage – auch für einen Tunnel, wenn die Stadt ein geschlossenes Signal nach Berlin senden würde.
Die Angermunder zeigen sich angriffslustig – der Kampf gegen die Bahn wird jetzt mit härteren Bandagen geführt.
Autor:Norbert Opfermann aus Düsseldorf |
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