Einfach nur Hobby ?
Schützenverein, ein Hobby? Nein, ich glaube es ist eine human geprägte Lebenseinstellung und Schützen sind ein starkes Stück unserer modernen Gesellschaft
Die Bilker Schützen: der größte Verein des Stadtteils - zugleich mit bald 600 Jahren einer der ältesten. Doch was ist es, was Alt und Jung seit hunderten von Jahren in diese Gemeinschaft zieht? Warum opfern erwachsene Menschen viel Freizeit, dazu noch Geld für die Vereinskasse und Aktivitäten, um dann im Sommer in“ karnevalistisch“ angehauchten Uniformen (so sehen es die Kritiker) durch die Stadt zu ziehen? Wir leben im 21 Jahrhundert, wozu brauchen wir noch Schützenvereine?
Viele der Bilker Vereinsmitglieder waren bereits als Kinder dabei. Als Pagen liefen sie im Alter von drei, vier oder fünf Jahren im Festzug mit, fühlten sich großartig wenn Zuschauer vom Straßenrand Beifall klatschten, wenn sie Pokale und Preise des Pickvogelwettbewerbs in Empfang nehmen konnten oder gar Pickvogelkönig wurden. (Pickvogel, ein Geschicklichkeitsspiel) .
Später als Jungschützen schweißten Wettkämpfe, Fußballturniere, Zeltlager und gemeinsame Abende zusammen. Im sozialen Miteinander dieser Gemeinschaft lernten sie als junge Menschen langsam Verantwortung für die verschiedensten Aufgaben zu übernehmen.
Gemeinsam mit den Erwachsenen freuten sie sich auf das jährliche Schützenfest. Für viele von ihnen war der Schützenverein aber auch Jobbörse. Bei 15.000 Schützen in Düsseldorf kennt jeder „Einen“. Das ist eine große Hilfe wenn, man einen Job oder eine Lehrstelle sucht.
Im Laufe der Jahrzehnte entstanden Kameradschaften und Freundschaften bis in benachbarte Stadtteile. Man kennt und besucht sich, gibt sich gegenseitig Hilfestellung.
Gemeinsam geht man durch die Zeit. Steht Spalier, wenn andere Kameraden nach der Hochzeit aus der Kirche kommen, ebenso wenn ein Anderer zu Grabe getragen wird. Man freut sich gemeinsam über Kinder, Enkel oder Erfolge aber teilt auch die schweren Zeiten, denn geteiltes Leid ist halbes Leid.
Eine Gemeinschaft, die allein schon durch die Vielfalt der Menschen, die hier vertreten sind, bereichert. Vom einfachen Arbeiter, Geschäftsmann, Promovierten, Politikern bis hin zum Adel hier ist gleichberechtigt alles vertreten. Das Ziel verbindet: man ist mit Familie und Freunden in Verein und Stadtteil verwurzelt. Das Miteinander und die Heimatliebe stehen im Vordergrund. Patriotisch nennt man das und es hat nichts mit nationalistisch zu tun, denn nach Aussen hin ist man offen.
Schützen sind aktiv. In den monatlichen Versammlungen werden Aktivitäten geplant und Aufgaben verteilt. Da steht der Familiennachmittag mit Kaffee und Kuchen für die Senioren an, der Pagentag für den Nachwuchs. Fürs Altenheim wird gerade ein Sommerfest organisiert. Der Garten im Martinus-Krankenhaus bedarf einer Pflege und eine Familie in der Schützenfamilie braucht Hilfe. Der Zweck der im Mittelalter entstandenen Vereine als Solidargemeinschaft wird bis heute aktiv gelebt und ist auch in den Statuten verankert.
Die Bürger rundherum nehmen Schützen als Orts- und Stadtteil bezogen war. Gelebt wird dieses aber weit darüber hinaus. In der IGDS (Interessengemeinschaft Düsseldorfer Schützen) vereinen sich 15.000 aktive Mitglieder, nebst Angehörigen, Freunden und Sponsoren.
Diese Verbindungen setzen sich fort über den rheinischen Schützen Bund und viele andere Verbände bis hin in die EGS (europäische Gemeinschaft historischer Schützen).
Hier verbinden sich europaweit 1 Million Schützen. Humanistisch und christlich geprägte Werte bieten Orientierung und Leitlinie. Das mag vielen modern denkenden Menschen seltsam vorkommen, aber hiermit haben die Schützen als einzige bürgerliche Vereinigung die Jahrhunderte überstanden und auch in der Zukunft werden wir Werte und Leitlinien für ein sozial ausgewogenes Miteinander in unserer Gesellschaft brauchen.
Letztlich sind wir in der Moderne angekommen: Netzwerke, Networking, Soft Kills alles Begriffe, die heute scheinbar neu entdeckt, in den Schützenvereinen aber seit Jahrhunderten erfolgreich praktiziert werden. Schützen, sind das älteste Netzwerk der Welt, aber nur von den Jahren her…!
Autor:Rene Krombholz aus Düsseldorf |
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